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Teure Speck-Promotion

Mehrere Hunderttausend Euro an Steuergeldern fließen jährlich in die Bewerbung von Südtiroler Speck. „Image ist alles“, scheint die Devise zu sein.
Marco Galateo
Foto: SALTO/Val
  • Wenn es ein Thema gibt, bei dem sich die Fraktionssprecherin der Grünen, Brigitte Foppa, und Wirtschaftslandesrat Marco Galateo richtig in die Haare geraten, so ist es der Südtiroler Speck. Wie berichtet, hat Foppa vor Kurzem eine Landtagsanfrage zu diesem Thema bzw. zu den öffentlichen Förderungen eingereicht. Mittlerweile liegt die Antwort von Landesrat Galateo vor. 

  • Landesförderung für die „Speck-Kampagnen“: Zwischen 240.000 und 590.000 Euro hat das Land jährlich in die Werbung gesteckt. Foto: Autonome Provinz Bozen

    Beigelegt ist eine Tabelle mit den Förderbeiträgen der vergangenen zehn Jahre. Durchschnittlich wird eine Viertelmillion Euro pro Jahr für die Bewerbung des Markenprodukts ausgegeben, in den Jahren 2017 und 2018 war der Betrag sogar doppelt so hoch. Als Begründung für die hohen Fördersummen nennt Galateo den „beträchtlichen“ Beitrag, den der Südtiroler Speck g.g.A. in mehr als 20 Märkten für das gute Image und die Bekanntheit Südtirols leiste. Schließlich sei das Produkt in den wichtigsten Zielmärkten Deutschland und Italien „als hochwertige traditionelle Spezialität sehr bekannt und geschätzt“. Mit dem Namen „Südtirol“ auf über 43 Millionen verkauften Packungen im Jahr wird mit dem Südtiroler Speck g.g.A. ein Umsatz von rund 300 Millionen Euro erwirtschaftet. Damit ist diese traditionelle Spezialität eine der meist exportierten Wurstwaren Italiens – mit einer Exportquote von 32,5 Prozent. 

     

    „Mit dem Namen „Südtirol“ auf über 43 Millionen verkauften Packungen im Jahr wird mit dem Südtiroler Speck g.g.A. ein Umsatz von rund 300 Millionen Euro erwirtschaftet.“

     

    „Der Anteil des g.g.A.-Produkts an der Gesamtproduktion der Mitglieder des Konsortiums liegt bei rund 40 Prozent und ist damit im Vergleich zu den Vorjahren rückläufig. Diese Entwicklung ist auf verschiedene Faktoren und Dynamiken auf internationaler Ebene und auf den Konsum zurückzuführen. All dies erfordert verschiedene Maßnahmen zur Entwicklung des Sektors, aber auch gezielte Investitionen in die Kommunikation in den wichtigsten Märkten mit dem vorrangigen Ziel, die Bemühungen zu intensivieren und das Bewusstsein der Verbraucher für die Qualität als Mehrwert für den Südtiroler Speck g.g.A. zu stärken. Es handelt sich also um eine gezielte Unterstützung für einen wichtigen Produktionszweig, der seit jeher mit unserem Gebiet in Zusammenhang gebracht wird“, erklärt der Wirtschaftslandesrat. 

  • Brigitte Foppa. Landtagsabgeordnete der Grünen: „Warum wird Südtiroler Speck überhaupt mit öffentlichem Geld finanziert?“ Foto: Seehauserfoto
  • Der Rohstoff, sprich die Schweins-Schlegel, stammen allerdings nicht aus Südtirol, denn nicht zuletzt wegen des Flächenmangels sei es angesichts der seit den 80er Jahren gestiegenen Nachfrage und der damit zusammenhängenden höheren Produktionsmenge nicht möglich, die entsprechende Anzahl an Schweinen in Südtirol zu züchten. „Aus diesem Grund wird der Rohstoff aus nahe gelegenen Ländern und aus EU-Beständen, vor allem aus Deutschland, Österreich, Italien und den Niederlanden, bezogen“, heißt es im Antwortschreiben, und weiter: „Für ‚Südtiroler Speck g.g.A.‘ werden nur magere, vollfleischige Schlegel von Schweinen verwendet, die ausschließlich aus anerkannten und kontrollierten Betrieben der Europäischen Union stammen. Für die Herstellung von Südtiroler Speck werden kein Lebendvieh und kein tiefgefrorenes Fleisch importiert, sondern nur bereits zugeschnittene frische Schweineschlegel von anerkannten Lieferanten.“ Ein geringer Teil des Südtiroler Specks g.g.A. ist zusätzlich mit dem Begriff „Bauernspeck“ gekennzeichnet. Das Fleisch für diesen Speck stammt ausschließlich von Schweinen, die auf Südtiroler Bauernhöfen in Kleingruppen gehalten werden. „Die Tiere erhalten mehr Fläche, als es der Gesetzgeber vorschreibt, optimal zusammengesetztes Futter, zur Beschäftigung Stroh und Dürrfutter und der Tradition entsprechend wird die Verabreichung von ‚Heublumen‘ empfohlen. Alle Beteiligten, vom Ferkelproduzent bis hin zum Speckproduzent, unterziehen sich freiwillig einer ständigen Kontrolle des Kontrollinstituts IFCQ, um eine lückenlose Rückverfolgbarkeit des Produktes zu gewährleisten“, so Galateo.

Schweine sammeln Zweige und Stroh, um Nester für ihre Ferkel zu bauen. Sie galoppieren, spielen Fangen, suhlen sich im Schlamm, um sich zu pflegen und zu kühlen. Nie würden sie aus freien Stücken im eigenen Kot liegen. Sie sind agil, gesellig und haben starke Mutterinstinkte. Ihre hohe Intelligenz lässt sie voneinander lernen, ihr Geruchssinn ist feiner als jener der Hunde. Von Menschen lassen sie sich trainieren und noch lieber am Bauch kraulen. Bei guter Gesundheit leben sie bis zu 25 Jahre.

Herr Galateo verdinglicht Schweine zu Rohstoffen! Fleisch scheint für ihn kein Teil eines Tieres (- eines fühlenden Lebewesens mit sozialen und kognitiven Fähigkeiten ), sondern ein Werkstoff, ein Material, zu sein - und Spielball der internationalen Wirtschaft.
Verantwortungsvoll wäre, wenn Sie Herr Galateo, bei "SüdtirolSpeck", gleichzeitig Tierhaltung, den Transport und die Tötung(sindustrie) hinterfragen würden.

Fr., 15.11.2024 - 13:57 Permalink

Früher haben unsere Bauern ihre Schweine den ganzen Sommer über auf der Alm herumtollen lassen, und daraus den den schmackhaften Tiroler Speck hergestellt. Heute kauft vor allem ein italienischer Industriebetrieb (Grandi Salumifici Italiani - GSI) Schweine aus unwürdiger Massentierhaltung, vorwiegend in Deutschland, um daraus das Kunstprodukt "Südtiroler Speck" herzustellen, dass der Galateo in den USA als italienische Spezialität präsentiert. Wir sind tief gesunken.

Fr., 15.11.2024 - 14:35 Permalink

Sie hatten früher Bauern? Ja früher war überhaupt alles besser, die Lebenserwartung z.B.
Aber nun ernsthaft: es gibt heutzutage bessere Konservierungsmethoden für Fleisch als das krebserregende Pökeln und Räuchern. Einfrieren z.B.
Womit ich nicht sagen will, dass traditionelle Konservierungsmethoden per se schlecht sind. Im Gegenteil, fermentiertes Gemüse ist sehr gesund.

Sa., 16.11.2024 - 07:48 Permalink

@ Ludwig Thoma, Sa., 16.11.2024 - 07:48 Uhr:

Wenn, wie Sie falsch sagen, „Pökeln und Räuchern krebserregend“ wären, müssten in vielen Gegenden der Welt (zum Beispiel bei uns) nahezu 100% der Bevölkerung an Krebs erkrankt sein. Manche Gegenden müssten seit Jahrhunderten menschenleer sein.

Aber so sind solche Ihrer Aussagen und Zitate nun mal: meist falsch, bestenfalls ungenau bzw. unkorrekt oder unüberlegt, so meine Meinung dazu.

Der Hammer, verbindet man beide Sätze inhaltlich korrekt und folgerichtig (Zitat): „ Womit ich nicht sagen will, dass traditionelle Konservierungsmethoden per se schlecht sind“ —> also sind die „krebserregenden traditionellen Konservierungsmethoden Räuchern und Pökeln“ ... „per se nicht schlecht“, so diese skurrile Meinung hier: 2 Sätze, beide falsch.

Sa., 16.11.2024 - 08:28 Permalink

Dass Pökeln krebserregend ist, dürfte wohl hinlänglich bekannt sein. Manche Metzger verzichten beim Speck mittlerweile gezielt auf das Pökelsalz.
Wie immer kommt es auf die Dosis an, die das Gift macht. So kann etwas krebserregend sein und gleichzeitig "per se nicht schlecht" sein.
Dass wegen der kanzerogenen Wirkung nahezu 100% der Bevölkerung an Krebs erkranken müssten, ist eine typisch vereinfachte gassersche schwarz weiß Darstellung. Deswegen menschenleere Gegenden...einfach nur witzig.

Sa., 16.11.2024 - 08:56 Permalink

Die Sprache erfordert bei wichtigen Aussagen Genauigkeit:

Wenn ich sage, Wasser ist nassmachend, dann wird JEDER nass, der mit Wasser in Berührung kommt;
sage ich nun analog dazu, gepökeltes Fleisch ist krebserregend, dann bekommt JEDER Krebs, der gepökeltes Fleisch ist.
So ist unsere Sprache.

Das ist nun aber faktisch NICHT so: Diese Einstufung bedeutet lediglich, dass es aus Sicht der Forschenden ausreichende Beweise für eine negative Wirkung gibt. Wie stark die Wirkung und damit das Risiko an Krebs zu erkranken ist, wird durch diese Einstufung NICHT beschrieben; Pökeln ist also unter Umständen, manchmal krebserregend, wie Alkohol, Rauchen, heisses Trinken, Luftverschmutzung, uvam.
Wenn Sie deshalb jetzt keinen Speck mehr essen, dürfen Sie in Bozen auch keine Luft mehr einatmen.

Sa., 16.11.2024 - 12:26 Permalink

Anstatt darüber zu streiten, ob Speck krebserregend ist oder nicht, sollte man lieber darüber diskutieren, ob die finanzielle Förderung für den zufällig in Südtirol hergestellten angeblich original Südtiroler Speck sinnvoll ist. Warum kann die Firma GSI ihre Werbung nicht selbst bezahlen? Wer sich mit Ernährungswissenschaften auskennt, weiß, dass fast alle unsere Lebensmittel, in Übermaß genossen, schädliche Nebenwirkungen haben können. Die EU erlaubt die Verwendung des Herbizides Glyphosat, weil es angeblich nur ab einem gewissen Schwellenwert krebserregend ist, darunter aber vollkommen harmlos. Wenn jemand jeden Tag Nudeln isst, die aus einem mit Glyphosat behandelten Getreide produziert wurden, dann wird er diesen Schwellenwert bald erreicht haben. Also müsste man nicht nur auf Speck, sondern auch auf Nudeln verzichten.

Sa., 16.11.2024 - 14:29 Permalink

"... sollte man lieber darüber diskutieren, ob die finanzielle Förderung für den zufällig in Südtirol hergestellten angeblich original Südtiroler Speck sinnvoll ist." Zumal wenn man daran denkt, wofür alles "leider, leider einfach kein Geld da ist..."

Sa., 16.11.2024 - 15:39 Permalink

Dafür um so mehr für Politiker_ innengehälter- und renten (pensioniert mit 64). Es gibt in der heutigen Neuen Südtiroler TZ ein interessantes Interview mit Paul Köllensperger... über die Egomanie, Arroganz u. Intransparenz der Landesregierung, ebenso über die so genannten ,Systemkritiker_innen' alla JWA, Holzeisen oder Grüne, die, wenn's ums Geld geht, still und stumm die Hände aufhalten.

Sa., 16.11.2024 - 19:29 Permalink

Was LR Galateo noch gesagt hat:

""Joachim Raich hat zu SüdirolSpeck recherchiert in
https://www.barfuss.it/stories/weniger-als-ein-prozent-suedtirol/
Seine Recherche führte ihn von der Poebene nach Deutschland und den Niederlanden, bis hin nach Brasilien, wo Regenwald abgeholzt wird und indigene Gemeinschaften vertrieben werden, um Soja als Futtermittel für die europäischen Schweine anzubauen – auch für Südtiroler Speck.
Raich hat berechnet: würden wir in Südtirol versuchen, all die Futtermittel anzubauen, mit denen die Schweine für die Südtiroler Speckproduktion gefüttert werden, dann bräuchte es dafür mehr als die gesamte Fläche, die in Südtirol dem Apfelanbau gilt, also rund 19.000 Hektar. Und dabei sind noch gar nicht die ganzen Schweine miteinberechnet, die für die Speckproduktion gemästet werden müssen. Genauso wenig wie die damit verbundene Massentierhaltung-und-Tierleid, Geruchsbelastung, Abfallproduktion und Verschmutzung der Luft und der Flüsse.
Weiters zeigt Raich auf: Wenn man die Folgen der industriellen Tiermast auf die Umwelt bedenkt, dann heißt das, dass die ökologischen und sozialen Kosten ausgelagert werden, während die Gewinne von einer kleinen Gruppe abgeschöpft werden. Südtirol profitiert von dieser Externalisierung, wie die meisten Länder des Nordens.

Ich Landesrat Galateo will, dass dies entlarvt wird und wir Verantwortung übernehmen! Außerdem will ich eine offene Debatte darüber, wie Lebensmittelproduktion in Südtirol aussehen muss, die die Klimakrise nicht weiter anheizt.
Ich Wirtschaftslandesrat Galateo sage immer: Ansetzten muss man damit, dass Südtirol aufhört, Praktiken und Branchen zu subventionieren, die die Klimakrise weiter eskalieren lassen!

Und dafür setz ich - Landesrat Galateo fdi- mich mit ganzer Kraft ein!

- Ah und da gibts noch ein Motiv für mein ethisch-ökosozial-wirtschaft-politisches-zukunftsgerichtetes Engagement: Mein Italien ist schließlich der größte Nutznießer des Wiederaufbauplans der EU, - mit den zugesprochenen fast 200 Milliarden Euro aus dem EUFördertopf, von denen 39 Prozent dem Kampf gegen den Klimawandel dienen sollen!""

wow...oder hab ich das heut nacht nur geträumt?

So., 17.11.2024 - 10:09 Permalink