Der Stellvertreterkrieg
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Das Dekret des Direktors der Feien Universität Bozen wird am 6. November 2024 auf der Transparenzseite der Uni veröffentlicht. Günther Mathá verfügt darin die „Aufhebung des Auswahlverfahrens für die Einstellung mittels Ausschreibung einer Vize-Direktorin / eines Vize-Direktors sowie aller vorausgegangenen und nachfolgenden Maßnahmen, einschließlich der endgültigen Rangliste der geeigneten Kandidaten/Kandidatinnen“.
Dass man Ausschreibungen nach der Erstellung der Rangliste und Ermittlung der Gewinner annulliert, kommt nicht oft vor. Was aber wirklich verwundert, ist die Begründung für diesen Schritt.
Denn im Dekret spricht man von „bestehenden Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des Verfahrens, die zu Klagen vor der Justizbehörde führen könnten“ bezogen auf die „Festlegung der wirtschaftlichen und rechtlichen Einstufung des Vize-Direktors/der Vize-Direktorin gemäß den Bestimmungen der Ausschreibung“.
Günther Mathá bestätigt auf Nachfrage von SALTO diese Einschätzung. „Wir haben ein Rechtsgutachten eingeholt“, sagt der Universitätsdirektor, „in dem uns letztlich diese Gangart empfohlen wurde“.
Warum aber ist der Versuch eine hohe Verwaltungsposition an der Bozner Alma Mater zu besetzen, so in die Hose gegangen?
Die Antwort auf diese Frage wirft nicht gerade eine Glorienschein auf die Freie Universität Bozen. -
Die neue Figur
An der Spitze der Verwaltungsstruktur der Uni Bozen steht der Direktor. Daneben gibt es vier Stabstellen für die Bereiche Controlling, Presse und Verwaltungsmanagement, Qualität und Strategieentwicklung und Rechtsangelegenheiten. Auf der Ebene darunter findet man rund ein Dutzend Servicestellen und Bereiche, wie Personal, Studentische Dienste, Lehre und Forschung, Finanzen und Rechnungswesen, Facility Management oder das Sprachenzentrum und die Universitätsbibliothek.
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Anfänglich als relativ kleine Hochschule gegründet, hat sich die Uni Bozen inzwischen deutlich weiterentwickelt und erweitert. Mit den neuen Fakultäten und immer mehr Lehrenden und Studierenden haben sich verständlicherweise auch der Verwaltungsapparat und -aufwand deutlich vergrößert.
Deshalb diskutiert man seit längerem, dem Direktor einen Stellvertreter oder eine Stellvertreterin zur Seite zu stellen. Im Statut der Freien Universität Bozen wird festgelegt, dass der Universitätsdirektor einen Vizedirektor oder eine Vizedirektorin ernennen kann. Nach Informationen von SALTO ist es vor allem die Präsidentin der Universität, Ulrike Tappeiner, die auf eine Ernennung eines Vizedirektors besonderen Wert legt. -
Die Ausschreibung
Am 2. Februar 2024 wird deshalb eine öffentliche Ausschreibung für die Stelle als Vize-Direktor veröffentlicht, die für interne und externe Kandidaten geöffnet wird. Die Bewerbungsfrist läuft bis zum 8. März 2024.
Die Ausschreibung spricht von einer „Anstellung mit unbefristetem Arbeitsvertrag als Verwaltungsreferent*in mit leitender Funktion gem. unibz-Kollektivvertrag und mit befristetem Auftrag als Vize-Direktor für die Dauer von 5 Jahren“.
Die Aufgaben gemäß Ausschreibung sind:„Als Vize-Direktor*in der unibz sind Sie für die Analyse der Verwaltungsabläufe und für die Planung und Implementierung von Optimierungsmaßnahmen in enger Zusammenarbeit mit der Universitätsleitung zuständig. Zu Ihren Hauptaufgaben zählt außerdem die Weiterentwicklung des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses an der Freien Universität Bozen. Durch Ihr Know-How tragen Sie nachhaltig zur Erhöhung von Effizienz und Effektivität bei.
Die Zulassungsvoraussetzungen sind:
- „Abschluss eines mindestens vierjährigen Hochschulstudiums
- Zweisprachigkeitsnachweis C1 (ehem. Niveau A) oder gleichwertige Sprachzertifikate
- nachgewiesene Arbeitserfahrung in Bezug auf die erforderlichen spezifischen Fähigkeiten wie im Aufgabenbereich angeführt.“
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Der Sieger
Bereits am 17. Jänner 2004 ernennt der Vizepräsident der Freien Universität Antonio Lampis per Dekret die dreiköpfige Auswahlkommission. Ihr gehören Unipräsidentin Ulrike Tappeiner, Direktor Günther Mathà und der Bereichsleiter für Finanzen an der Uni Bozen Fabio Bovolon an.
An dem Auswahlverfahren nehmen eine ganze Reihe von internen aber auch externen Kandidaten und Kandidatinnen teil. So bestreitet die Kommission Anhörungen am 8. April, am 29. und 30. Juli, sowie am 9. August 2024. -
Doch am Ende wird nur ein Kandidat als geeignet erklärt: Andrea Zeppa.
Andrea Zeppa ist ein ausgewiesener Verwaltungsfachmann. Der Meraner Doktor der Wirtschaftswissenschaften war von 2009 bis 2013 Direktor des Ressorts Finanzen, Innovation, Arbeit und Informatik und von 2013 bis 2016 Direktor des Ressorts Wirtschaft, Innovation, Finanzen und Europa, das Landeshauptmann Arno Kompatscher unterstellt war.
2016 verlässt Zeppa die Landesverwaltung und wechselt als Generaldirektor in die Gemeinde Bozen. Im September 2018 wird Zeppa dann zum Verwaltungsdirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebes ernannt. Er gibt diesen Job aber bereits nach 5 Monaten auf.
Andrea Zeppa arbeitet daraufhin für verschiedene Institutionen als Berater. 2022 erhält er einen gut dotieren Sonderauftrag zur Überprüfung des Landeshaushaltes. Dieser Auftrag läuft Ende 2023 aus. -
Rechtliche Zweifel
Nach Abschluss des Auswahlverfahrens und am Ende der Arbeit der Kommission stellen mehrere Mitbewerber und Mitbewerberinnen, die nicht für geeignet erklärt wurden, Antrag auf Akteneinsicht. Der Grund dafür: Mögliche Rekurse gegen die Ausschreibung.
Universitätsdirektor Günther Mathá und die Verfahrensverantwortliche Francesca Vaccari holen daraufhin ein Rechtsgutachten beim internen Rechtsamt der Universität zum Auswahlverfahren ein. -
Laut Informationen von SALTO legt dieses Gutachten ernsthafte Zweifel an der Rechtsmäßigkeit des Verfahrens und insbesondere Bedenken hinsichtlich der rechtlichen und wirtschaftlichen Einstufung der Position des Vize-Direktors offen.
So etwa hat der Universitätsrat am 16. Dezember 2022 das Organisationsmodell der Freien Universität genehmigt, dort aber kommt die Position des Vizedirektors nicht vor. Vor allem aber fehlt bisher an der Universität ein Organigramm, das die besoldungs- und dienstrechtliche Einstufung der Führungskräfte (dirigenti) klar regelt. Hier hat man an der Uni jahrelang geschlafen. -
Der Wunschkandidat?
„Wir gehen davon aus, dass in diesem Auswahlverfahren von Anfang der Gleichbehandlungsgrundsatzes verletzt wurde“, sagt der Anwalt eines Mitbewerbers. So etwa muss in einem Auswahlverfahren auch die Besoldungstufe für die zu besetzende Stelle angeführt werden. Doch davon steht in der Ausschreibung kein Wort. Die Festlegung des Gehalts liegt somit im Ermessen der Universitätsleitung, jedoch erfolgt dies erst nach Abschluss des gesamten Verfahrens. Konkret: Der Gewinner verhandelt willkürlich sein eigenes Gehalt.
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Zudem gibt es eine Vorgeschichte.
Andrea Zeppa hat 2022 von der Universität Bozen einen Beraterauftrag zur Analyse der Organisationsprozesse an der Bozner Uni, sowie die Umsetzung der durch die Spending Review gesetzten Maßnahmen erhalten. Genau diese Bereiche sind jetzt aber auch im ausgeschriebenen Stellenprofil enthalten.
Der offene Verdacht der Mitbewerber: Der Wettbewerbssieger sei von Anfang an der Wunschkandidat der Universitätsleitung gewesen und die Stelle eigens für ihn konzipiert worden.
Günther Mathá erklärt SALTO gegenüber, dass man mit großer Wahrscheinlichkeit, die Ausschreibung im neuen Jahr wiederholen werde. Nachdem mögliche rechtliche Fallstricke ausgeräumt sind.
Ob Andrea Zeppa dann aber wieder dabei ist, dürfte fraglich sein.
Denn der Wirtschaftswissenschaftler hat am 13. Juni 2024 von der Landesregierung nochmals einen Sonderauftrag „Strategische Umsetzung der Haushaltsüberprüfung“ der Landesverwaltunghat erhalten. Der Auftrag läuft bis Ende 2026 und ist mit der Besoldungsstufe (A1) eines Abteilungsdirektors in der Landesverwaltung dotiert.
Auf diese Besoldungsstufe wird der Vizedirektor der Uni aber kaum kommen.
Rücktritt, aber dalli!
Rücktritt, aber dalli!