Politik | Mitte-Rechts

Im falschen Büro

Marco Galateo hält an seinem Dienstsitz ein Koordinierungstreffen der Bozner Mitte-Rechts-Parteien zu den anstehenden Gemeinderatswahlen ab. Ein klarer Verstoss gegen die Bestimmungen, dass Parteipolitik und institutionelles Amt streng getrennt werden müssen.
centrodestra
Foto: TgR Bolzano Rainews
  • Wer in Regierungsämtern sitzt, sollte eigentlich die Spielregeln kennen.
    Dass das bei manchem hochstehenden Politiker nicht der Fall ist, macht jetzt Marco Galateo exemplarisch vor.
    Am Montagmorgen findet ein Treffen der Südtiroler Mitte-Rechts-Parteien statt. Es geht auf der Sitzung um das gemeinsame Antreten bei den Gemeindratswahlen in Bozen. Und um die Suche nach einem Kandidaten oder einer Kandidatin. Es ist eine Aussprache unter acht Augen. Neben dem Vizelandeshauptmann mit dabei: der Landessekretär der Südtiroler Lega Paolo Zenorini, Matteo Gazzini für Forza Italia und Roberto Zanin für die Bozner Liste Civica.
    Nach der Sitzung verkündet man per Pressemitteilung, dass man den Plan, gemeinsam bei den Bozner Gemeinderatswahlen anzutreten, nochmals bestätigt habe und dass der Mitte-Rechts-Block noch vor Weihnachten seinen Bürgermeisterkandidaten vorstellen wird. 
    Besonders interessant dabei aber ist, wo dieser politische Gipfel stattgefunden hat: am Dienstsitz von Vizelandeshauptmann und Landesrat Marco Galateo. Dort - im Landhaus 3a, genauer im Sitzungssaal im vierten Stock - trifft sich an diesem Montagmorgen die Herrenrunde.
    Man macht daraus auch kein Geheimnis. Im Gegenteil.

  • RAI-Bilder vom Parteitreffen in den Amtsräumen: Völlig ungeniert im Landhaus Foto: RAI TGR
  • So steht in der Pressemitteilung völlig ungeniert, dass sich der Mitte-Rechtsblock „in den Büros von Marco Galateo“ getroffen habe. Mehr noch: Anwesend ist auch ein Team der regionalen RAI, das das Treffen publikumswirksam in Bildern festhält.
    Dass hier etwas nicht stimmt, merkt anscheinend niemand.

  • Schwerwiegende Grenzüberschreitung

    Das Büro und die Diensträume eines Landesrates dienen eigentlich dazu, dass dieser seine Amtsgeschäfte und seine institutionellen Aufgaben erledigt. Diese Arbeit muss aber – laut geltenden Vorschriften – klar von den parteipolitischen Agenden getrennt werden. Reine Parteipolitik wird in den Parteizentralen gemacht und kann nicht in jenen Strukturen erfolgen, die mit Steuergeldern den Regierungsmitglieder für ihre Arbeit zu Verfügung gestellt werden.
    Das Treffen am Montagmorgen aber war ein rein politisches Treffen. Überparteilich angesiedelt im Mitte-Rechts-Block mit zwei Parteien, die auf Landesebene erst gar nicht vertreten sind.

  • Vizelandeshauptmann Marco Galateo: „Treffen ausschließlich aus Gründen der Bequemlichkeit in meinem Büro gemacht“. Foto: ASP\Fabio Brucculeri
  • Mit den Amtsgeschäften des Vizelandeshauptmannes oder seinen Kompetenzen hat das besprochene Thema und die Sitzung aber rein gar nichts zu tun. Es ist ein grober Fehltritt und ein Verstoß nicht nur gegen die institutionellen Gepflogenheiten, sondern auch gegen die geltenden Bestimmungen. Sollte jemand eine Eingabe an den Rechnungshof machen, dürfte ein Rüffel noch der beste Ausgang für den zweithöchsten Politiker des Landes sein.
    Auf Nachfrage von SALTO räumt Marco Galateo am Mittwoch dann auch ein, einen Fehler gemacht zu haben. „Wir haben das Treffen ausschließlich aus Gründen der Bequemlichkeit um 8 Uhr morgens in meinem Büro gemacht“, sagt der Vizelandeshauptmann. Das RAI-Team sei autonom dazugekommen. Galateo: „Wir haben keine Pressekonferenz gemacht“.
    Den eigentlichen Kern des Problem versucht Galateo durch einen Kunstgriff zu umschiffen: „Wir haben auch über Themen gesprochen, die meine Arbeit als Landesrat betreffen“.

  • Ein Gedankenspiel

    Man kann natürlich dagegen argumentieren und sagen: Was soll´s, das ist eine Haarspalterei und man kann das eine vom anderen nicht so klar trennen.
    Erlauben Sie mir deshalb ein einfaches Gedankenspiel:
    Man muss sich nur vorstellen, was passieren würde, wenn Landeshauptmann Arno Kompatscher die Vertreter der Bozner SVP-Ortsgruppen ins Palais Widmann einladen würde, um im Sitzungssaal an seinem Amtssitz den Bürgermeisterkandidaten der Volkspartei für Bozen auszuschnapsen.

  • Foto: Hannes Prousch
  • „Wenn Arno Kompatscher die SVP-Ortsobleute zu einem Treffen in Palais Widmann laden würde, um den Bozner SVP-Bürgermeisterkandidaten zu küren, würde Alessandro Urzì zumindest den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anrufen.“

     

    Der Südtiroler FdI-Kopf, Alessandro Urzì, wäre dann der Erste, der von einem politischen Skandal sprechen würde. Urzì würde sofort den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte oder sogar die UNO-Vollversammlung anrufen.
    Dass man diese augenscheinliche Grenzüberschreitung aber so völlig ungeniert macht, sie im Fernsehen unkommentiert vorzeigt und sich anscheinend niemand an diesem Verstoß stört, macht auch deutlich, wie verroht die politischen Sitten inzwischen auch in Südtirol sind.

     

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alfred frei Mi., 27.11.2024 - 16:34

"Das RAI-Team sei autonom dazugekommen" Galateo: „Wir haben keine Pressekonferenz gemacht“. Frage: war das ein Katastropheneinsatz der RAI oder eine Probeaufnahme für einen Fernsehspaß oder eine Lachnummer ?

Mi., 27.11.2024 - 16:34 Permalink
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Hartmuth Staffler Mi., 27.11.2024 - 17:03

Dass ein RAI-Team autonom agiert, habe ich in meiner jahrzehntelangen Arbeit als Journalist noch nie erlebt. Aber was ist bei diesem Staatsrundfunk schon autonom?

Mi., 27.11.2024 - 17:03 Permalink