Von Masken, Roben und Identitäten
Ich beginne beim Militär: Ich war Alpino; Uniform (Robe), Alpini-Hut mit schwarzer Feder (neue Rolle). Mein Incarico war telefonista/stenditore-linie und außer bei den Manövern und Campi war ich Maggazziniere Telefonia e Radiotrassmissioni (weitere Rolle). Mein unmittelbarer Vorgesetzter war ein Sottufficale di Carriera mit geringer Persönlichkeit und Begabung. Er wurde auch von Kollegen und Vorgesetzten verspottet. Aber einmal habe ich ihn bei einem Konflikt incazziert (ich habe seine Autorität in Frage gestellt, ihm alles hin geschmissen, was ich in der Hand hatte). Er hat mich bestraft: 5 giorni di Camera di punizione regore (5 Tage in der Strafzelle). Diese Strafe trat aber erst in Kraft, wenn zwei weitere, in der Hierarchie höhere, Offiziere das Mandat auch unterschrieben haben. Am nächste Tag musste ich zum Capitano. „Ma Bacher, sei sempre stato und bravo ragazzo, ma tu devi rispettare le autoritá. Er reduzierte die Strafe auf camera di punizione semplice (nur in der Nacht in die Strafkammer). Es verging ein weiterer Tag und ich musste zum Colonello. Es lief ähnlich ab wie beim Capitano, nur dass er mit mir als Krukko, Tralicio Alto Atesino (Rolle als deutscher Südtiroler – gespanntes Verhältnis der Südtiroler Landbevölkerung zu den Italiener und speziell zu Militärs – es waren erst wenige Jahre vergangen, seitdem viele tralici (Strommasten) gesprengt worden waren (also neue Zuschreibung) herumeierte. Er hat mir dann aber die Strafe auf 2 Tage reduzierte. In der Folge musste ich also nicht mehr ins „Loch“. Soldaten-Freunde wollten mir eine weitere Rolle anbieten und zwar die des „Anbandlers“ und Dolmetschers bei den einheimischen blonden Mädchen, wozu ich mich nicht recht eignete. Dazu kam noch meine intimste Rolle als Mann, der anderen Männer zugeneigt war. Aber ich habe die "Rollen-Spiele" schon irgendwie hingekriegt.
Identität definieren und zeigen
Da wären wir schon beim nächsten Thema: den verschiedenen Identitäten und das wahre Gesicht zeigen. Wer zeigt schon sein wahres Gesicht? Es gibt Maskenbildnerinnen, aber nicht nur beim Theater oder Film. Nein auch im Alltag. Sie heißen, Kosmetikerinnen, Visagistinnen, Friseurinnen, Perückenmacher und nicht zuletzt die Schönheitschirurgen. Bei Männern sind analog Bärte, Haarverspflanzungen und Haartoupets, usw. gängig, sowie immer mehr auch Schönheitspflege. In diesem Zusammenhang möchte ich eine Pointe der Kabarettistin Monika Gruber - gestern Abend im Bayrischen Fernsehen - wiedergeben. Der geht in etwa so: Ich schminke mich auch am Abend vor dem Schlafen gehen, denn wenn der Mann ins Bett kommt, soll er mich schon von meiner besten Seite sehen. Und am Morgen stehe ich vor ihm auf und gehe ins Bad: „Ich erkenne mein Gesicht nicht wieder! Wissen Sie, ich habe auf meinem Handy eine Gesichtserkennungs App, das erkennt mein Gesicht auch nicht mehr!“
Bei mir ging es in der Realität nicht um´s Face. Nein ich mache keine Selfies, habe kein Foto auf Whats-upp, auch bei Facebook bin ich ohne Face. Nein bei mir geht’s um zwei Rollen, die ich im Leben (früher mehr und jetzt verschieden) spiele: Wem zeige ich meine intimste Identität und wie viel zeige ich davon? Zum Glück wollen die meisten keine Details wissen. Sie meinen, sie müssten mich schonen, im Grunde schützen sie sich selbst, speziell Männer. Sogar in Männergruppen, wo man ja auch Privates und Intimes bespricht. Schweigen; da können wir nichts sagen, wir kennen diese Erfahrung ja nicht! Für mich war es hingegen kein Problem, mit ihnen empathisch über ihre Partnerschaftsprobleme zu sprechen, obwohl ich auch keine heterosexuelle Paarbeziehung aus persönlicher Erfahrung kenne. Einige Frauen sind da schon legerer und reden mit mir über Dinge, wo sie dann entsetzt feststellen: das habe ich noch nie mit einem Mann besprochen. Dann gibt es auch jene, die sich einschmeicheln wollen: Du, ich weiß schon von dir, ist ja keine Problem! Und dann habe ich auch solche kennen gelernt, die mich dann am Bankschalter (halb)-laut fragen, ob mir dieser Banker gefalle.
Kleider machen Leute
Zurück zu den Rollen und Roben: Bei meiner letzten und längsten Berufstätigkeit als Berufsberater war man ja dauernd in einer anderen Rolle: bei den Ratsuchenden der Berater, beiden Lehrern der Animator und Kooperationspartner, bei den Elternabenden der Referent und Moderator, in der Betrieben der Info-Suchende, Erkunder und auch Kooperationspartner. Unter den Kollegen hast du auch deine Rolle, deren Grenze ich oft überschritten habe. Das war auch mit Konflikten verbunden. Aber daraus lernt man ja. Und in unserem Betrieb war auch die Geschlechtsrolle eine wichtige und Konflikt-reiche.
Ja es ist nicht so leicht, mit den Rollen, wenn du sie nicht mit einem Dokter-Kittel oder einer Robe, einer Uniform demonstrieren kannst. Rollen und Roben geben dir Autorität. Für jeden ist es logisch, dass ich mit dem Arzt in der Praxis nicht gleich und das Gleiche reden kann, als wenn ich ihn locker irgendwo in der Freizeit begegne. Dasselbe mit einem Anwalt, Polizisten, oder einem Richter. Darüber könnte sicher unser User-Kollege Heinrich Zanon, der Richter und Gerichtspräsident war, einiges Interessantes erzählen.
Und so schließe ich und will mich nicht wiederholen. Was ich erzählt habe, dient dazu, um Verständnis zu wecken, dass Rollen konfliktreich sind und dass man Hilfen wie Masken (Pseudonym) und Roben bei verschiedenen Gelegenheiten braucht. Und damit schließe ich dieses Thema!