Culture | Eine neue Perspektive auf eine alte Geschichte

Die existentielle Dialektik der Drei-Königs-Geschichte

Die Geschichte von den drei Weisen aus dem Morgenland hat ihren festen Platz im südtiroler Brauchtum. Doch dahinter steht eine tiefe Einsicht menschlicher Existenz.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Das Matthäusevangelium besitzt die Fähigkeit, die Dinge von zwei Seiten zu sehen. Und so bietet Matthäus im Evangelium zum Dreikönigstag eine dialektische Sicht  menschlicher Existenz: in den Sterndeutern und in Herodes.

Die Sterndeuter sind als Heiden aufgebrochen, um den „König der Juden“ zu suchen. Sie sind in Bewegung, auf einer gefährlichen Reise und haben durch den Stern doch Orientierung.

Sie haben als Heiden den Messias erkannt und folgen ihrer Sehnsucht aus sich selbst heraus. Die Sterndeuter treten mit anderen Menschen in Kontakt, vergleichen ihre Erfahrung mit der anderer Menschen und holen sich Rat, um an ihr Ziel zu kommen.
Sie sind in der Welt.

Als sie an ihr Ziel kommen, haben sie große Freude. Sie bringen von ihrem Reichtum mit, beschenken das Kind und huldigen ihm.

Herodes ist der Exponent einer Stabilität bis hin zur Zementierung.

Er ist der König, hat Macht und doch Angst. Es ist eine Angst, die ansteckt. Ganz Jerusalem erschrickt mit ihm auf die Frage der Sterndeuter.

Herodes ist nicht im freien Dialog mit den Menschen in Jerusalem. Das vorhandene Wissen über den König der Juden kann er nicht nutzen. Er muss seine Schriftgelehrten erst danach fragen.

Im Kontakt zu anderen Menschen ist er machtorientiert,  hinterhältig, verschlagen und gewalttätig.

Es ist eine Geschichte in der Polarität von
Hoffnung - Angst,
Eigendynamik - Lähmung
bewegender Orientierung – Tradition und Rigorismus
Freude und Freigiebigkeit – Intrige und Gewalt.

Wie will ich mein Menschsein konkretisieren? Will ich sein wie die Sterndeuter oder wie Herodes? Was ist meine Wahl als Christ?

Nachdem die Sterndeuter das Kind gefunden hatten, entziehen sie sich Herodes und gehen andere Wege. Heute verlassen auch Menschen eine Kirche, die ihren Auftrag nur im Bewahren sieht und die Fähigkeit zum inneren Dialog verloren hat.

Doch den Sterndeutern in der Kirche macht dies keine Angst. Sie suchen erneut den Aufbruch.