Society | Schule
„Verrat an den Kindern“
Foto: upi
In der Bildungsdirektion und in der Landesschuldirektion hat man mit dieser Reaktion nicht gerechnet. Deshalb ist man dort alles anders als erfreut. Gustav Tschenett und Sigrun Falkensteiner goutieren – nach Informationen von Salto.bz – weder den Inhalt des Schreibens, noch den Gang der Schulführungskräfte an die Öffentlichkeit.
Dabei haben Tschenett und Falkensteiner Einiges dazugetan, dass es zu diesem ernsthaften Konflikt in Südtirols Bildungslandschaft kommt.
Die E-Mail
Die Nachricht kommt völlig unerwartet per E-Mail. Mit einer lapidaren Rundmail einer Mitarbeiterin des Amtes für Schulfürsorge an alle Schuldirektionen des Landes werden am 26. April zwei Maßnahmen angekündigt, die Südtirols Schulwelt auf den Kopf stellen.
Mit dem Schreiben wird mitgeteilt, dass die Geldmittel, die den Schulen im Haushaltsjahr 2021 für Leihbücher (1. Klasse Grundschule bis 2. Klasse Oberstufe) zur Verfügung gestellt werden, um 60% gekürzt werden. Zudem wird erklärt, dass der Bücherscheck in der Höhe von 150,00 Euro für die Schüler/-innen der 3., 4. und 5. Klasse Oberstufe für das Schuljahr 2021/22 ausgesetzt wird.
Es ist eine Hiobsbotschaft für Tausende Südtiroler Familien. Umgehend bricht ein Proteststurm der Direktorinnen und Direktoren los. Vor allem die Schulführungskräfte des Bezirks Bozen Stadt und Land intervenieren unverzüglich und geschlossen gegen diese plötzlichen und unangekündigten Kürzungen bei der Bildungsdirektion.
Dort aber zeigte man aber kaum Interesse an den Bedenken und Protesten der Direktoren.
Der Aufruf
Deshalb schlagen einige Schulführungskräfte kurzerhand einen anderen, unkonventionellen Weg ein. Etwa der Direktor der „Deutschsprachige Fachoberschule für den Wirtschaftlichen Bereich “Heinrich Kunter” (WFO), Ralf Stefan Troger.
Troger verschickt vergangenen Donnerstag eine offizielle Mitteilung an die Eltern und Schülerinnen in der er nicht nur die Kürzung der Geldmittel und die Aussetzung des Bücherschecks kommuniziert, sondern im Namen der Schulführungskräfte des Bezirkes Bozen auch zum offenen Protest gegen diese Maßnahme auffordert.
Im Schreiben heißt es:
„Um diese gravierenden Einschnitte im Bereich der Bildung sowie bei der Unterstützung der Familien noch zu verhindern, wären Interventionen von Seiten der Eltern und Schüler/-innen zielführend.
Ich lade den Eltern- und Schülerrat unserer Schule ein, sich auch mit der Thematik auseinander zu setzen und aktiv zu werden.“
Als Adressaten für die kritischen Stellungnahmen werden im Schreiben die E-Mail-Adressen des Amtes für Schulfürsorge, von Bildungsdirektor Gustav Tschenett und Landesschuldirektorin Sigrun Falkensteiner sowie von Bildungslandesrat Philipp Achammer angegeben.
Die Schulführungskräfte des Schulbezirks Bozen Stadt und Land, es handelt sich dabei um mehr als vier Dutzend Direktorinnen und Direktoren, stellen sich zudem geschlossen gegen diese Kürzungen.
Gleichzeitig beschließt man einen Aufruf an den Landesbeirat der Eltern zu richten. Verfasst von der Vorsitzenden des Schulbezirkes Bozen/Bozen Land, Christina Holzer, ist das Schreiben eine exemplarische Abrechnung mit der Bildungspolitik des Landes. (siehe untenstehenden Kasten).
Spätestens nach diesem Aufruf ist aus einer lapidaren E-Mail ein Flächenbrand geworden. Ausgelöst von jenen, die für Südtirols Bildungspolitik verantwortlich sind.
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Ich unterstütze als
Ich unterstütze als Schulführungskraft des Schulsprengels Ulten ausdrücklich und vollinhaltlich die Initiative der Kolleg*innen des Schulbezirks Bozen Stadt und Land.
Mir ist bewusst, dass die öffentlichen Haushalte in der Klemme stecken, aber hier mit dem Sparen anzufangen zeugt von mangelnder Sensibilität und falscher Prioritätensetzung. Ich weiß von vielen Kolleg*innen, die das ähnlich sehen. Die Bozner Schulführungskräfte stehen also durchaus nicht alleine da, im Gegenteil. Ich habe noch von keinem/keiner Kolleg*in gehört, der/die die Sache wesentlich anders einschätzen würde.
Ein Beispiel:
Allein die Nasenflügeltests im Schulsprengel Ulten haben seit Ostern ca. 12.000 € an Steuergeldern gekostet. Bisher hatten wir genau 1 falsch positiven Fall... Zufälligerweise ist diese Summe ungefähr dieselbe Summe, die dem Schulsprengel normalerweise für ein ganzes Schuljahr für den Ankauf von Schulbüchern zur Verfügung steht (und eh schon knapp bemessen ist).
In reply to Ich unterstütze als by Martin Sitzmann
Danke Herr Dittmann, dass Sie
Danke Herr Sitzmann, dass Sie dieses Beispiel gebracht haben.
Wir Eltern befinden uns in einer schwierigen Situation: wenn wir ohne konkrete Alternativen gegen die Einsparungen protestieren, werden wir mit der "alle müssen sparen" Floskel abgespeist.
Wenn wir als Eltern die Nasenflügeltests als Kostenfaktor erwähnen, wird uns mangelndes Verständnis für die momentane epidemiologische Situation vorgeworfen.
Sicherheit ist wichtig. Aber wenn wir Unsummen dafür ausgeben, Schulen sicher zu machen, in denen uns dann das Geld fehlt, gerechte und qualitative Bildung für alle anbieten zu können, läuft so einiges falsch.
Und nachdem LR Achammer die Nasenflügeltests ja bisher so vehement verteidigt hat, muss man ihm diese Priorisierung auch als konkrete politische Entscheidungen vorwerfen dürfen.
Na dann viel Spass vor
Na dann viel Spass vor Gericht.
Ich glaube jedenfalls nicht, dass ein Lehrer ein Arztgeheimnis verraten kann, da er ja kein Arzt ist, und wo kein Arzt auch kein Geheimnis.
Und übrigens, hier geht's um Schulbücher, und Sie glauben doch nicht wirklich, dass das möglicherweise eingesparten Geld für die Tests vom Gesundheitsamt an die Schulen umgeleitet wird.
Was für eine Wohltat! Danke
Was für eine Wohltat! Danke an die Menschen und Führungskräfte, die da ihre Stimme erheben und die rote Linie ziehen. Das ist ein Versuchsballon, der testen soll, wie weit man gehen kann bei allen zukünftigen politischen Entscheidungen. Da steht bereits viel Solches und Ähnliches in der Warteschlange.