Alarm am Weiher
Starkes Jucken und ein roter Hautausschlag: Das können derzeit unerfreuliche Mitbringsel vom Schwimmen im Völser Weiher sein. In den vergangenen Wochen haben sich vermehrt Badegäste mit diesen Symptomen an die Gemeindeverwaltung von Völs am Schlern gewandt. Eine Überprüfung des Biologischen Labors in Leifers ergab: Es handelt sich um Zerkariendermatitis, auch Badedermatitis genannt. Die Gemeinde hat nun reagiert – und denkt an weitere Maßnahmen für den Badesee am Fuße des Schlernmassivs. Denn der ist beliebter denn je – mit Folgen für Flora und Fauna.
Balance-Akt am Weiher
Regelmäßig darf sich der Völser Weiher über Auszeichnungen freuen. Heuer hat der italienische Umweltverband Legambiente dem Weiher wieder die “Cinque Vele” verliehen. Damit zählt er zu den Badegewässern mit der höchsten Wasserqualität italienweit. “Eine ausgezeichnete Qualitätsklasse” bescheinigte 2021 auch die Landesagentur für Umwelt dem Wasser im Weiher. Zu verdanken ist das unter anderem einer Reihe von Maßnahmen, die das Land vor einigen Jahren ergriffen hat. In einer aufwändigen Aktion wurden so 2019 die ortsfremden Graskarpfen aus dem Weiher gefischt. Unbekannte hatten diese aus Asien stammenden Fische ins Wasser gesetzt, die den gesamten Wasserpflanzenbestand aufgefressen und das Aufkommen junger Pflanzen verhindert hatte. Nachdem die Karpfen entfernt waren, wurde der Seegrund neu bepflanzt. Denn, auch wenn sich viele Weiherbesucher an den vielen Pflanzen stören mögen, “sind sie absolut notwendig für das natürliche Gleichgewicht im Weiher”, heißt es aus dem Völser Rathaus.
Auf das gestörte ökologische Gleichgewicht zurückzuführen sind nun auch die Fälle von Badedermatitis, die in den vergangenen Wochen vermehrt beobachtet wurden. “Es gab auch in den Vorjahren Fälle”, berichten Bürgermeister Othmar Stampfer und Vizebürgermeister Peter Kompatscher. “Doch heuer sind sie verstärkt aufgetreten und der Gemeinde auch gemeldet worden.” Badedermatitis wird von Parasiten im Wasser verursacht, den Zerkarien. Das sind Larven von Saugwürmern. Sie gelangen aus Wurmeiern im Entenkot, über Wasserschnecken und andere Zwischenwirte ins warme Wasser und befallen eigentlich hauptsächlich Enten. Irrtümlich durchbohren sie aber ab und zu auch die Haut von badenden Menschen und verursachen Hautrötungen und einen juckenden Ausschlag – ähnlich wie Mückenstiche. Obwohl die Larven nach kurzer Zeit absterben, können die Symptome des Befalls 10 bis 20 Tage anhalten. Mediziner geben jedoch Entwarnung.
Keine Gefahr, aber Vorsicht
“Es ist nichts Schlimmes”, bestätigte der damalige Primar des Dienstes für Hygiene und Gesundheit Josef Simeoni im Gespräch mit salto.bz 2015, als am Kalterer See zahlreiche Fälle von Badedermatits bekannt wurden.
Zur Vorbeugung eines Zerkarien-Befalls gibt es eine Reihe von Empfehlungen: flache, wasserpflanzenreiche Uferzonen meiden; ins kühlere Wasser schwimmen, denn Wassertemperaturen ab 24 °C begünstigen die Vermehrung der Parasiten; nach dem Baden den Körper sofort abduschen und gründlich abtrocknen; wasserfeste Sonnencreme verwenden. Außerdem ist das Füttern von Enten im Schwimmbereich absolut zu unterlassen. Denn das bedeutet mehr Entenkot, ergo mehr Larven.
Hinweistafeln mit diesen Informationen und Regeln hat die Gemeindeverwaltung inzwischen am Völser Weiher angebracht. Etwa im Umkleide- und Duschbereich. Das abgegrenzte, seichte Kinderbereich sei gesperrt – und bleibe es für die restliche Badesaison, erklären die Zuständigen. Der Bade-Lust scheint das auf den ersten Blick keinen Abbruch getan zu haben. Am Wochenende und zu Wochenbeginn tummelten sich zahlreiche Schwimmer im Wasser. Ein grundsätzliches Badeverbot gibt es keines und ist auch vom Gesetz nicht vorgesehen. “Schwimmen im Völser Weiher ist nicht gesundheitsgefährdend”, betonen Bürgermeister und Vize. Zugleich stellen sie sich eine grundsätzliche Frage: Wie kann der Völser Weiher langfristig geschützt werden?
Immer mehr – wie lange noch?
Für die Badedermatitis ist in erster Linie nicht der Mensch verantwortlich. “Die hängt vielmehr mit den Wassertemperaturen, der Bepflanzung und den Wasservögeln zusammen”, erklärt Peter Kompatscher. Dennoch: “Starke Auswirkungen auf das ökologische Gleichgewicht hat das – auch im Vergleich zu den letzten Jahren – weiter ansteigende Badepublikum.” Und deshalb werden “mögliche langfristige Maßnahmen zur Besucherlenkung” geprüft. So heißt es in einem aktuellen Informationsschreiben der Gemeindeverwaltung.
An heißen Sonnentagen tummeln sich hunderte Menschen am Völser Weiher. Seine Lage auf 1.000 Metern Meereshöhe und sein erfrischendes Nass machen ihn zu einem immer beliebteren Ausflugs- und Badeort. “Wir haben aber bemerkt, dass ihn inzwischen vor allem Gäste aus der näheren Umgebung aufsuchen und immer weniger Völserinnen und Völser”, berichtet Kompatscher, der auch Tourismusreferent der Gemeinde Völs am Schlern ist. Er beobachtet ein steigendes Akzeptanzproblem in der Völser Bevölkerung, die “ihren” Weiher kaum mehr als Naherholungszone nutzen will. Zugleich mehrten sich Forderungen, den See doch noch stärker zur Badeanlage zu machen. Dafür bringt Kompatscher kein Verständnis auf: “Jeglicher Eingriff in diese Richtung, etwa die Entfernung der natürlichen und notwendigen Bepflanzung oder die Vergrößerung der Freiflächen, würde den See zu einem künstlichen Gewässer machen.” Die Gemeinde teilt diese Linie, wie aus dem zitierten Informationsschreiben hervorgeht. Dort heißt es: “Der Badegenuss im Völser Weiher kann nur unter den natürlichen Voraussetzungen möglich sein. Eine Optimierung der Badetauglichkeit zu den Bedingungen eines Schwimmbads kann und darf nicht das Ziel sein.”
Schauen statt schwimmen?
Wie soll der Weiher vor dem Menschen geschützt und zugleich für ihn weiter erleb- und genießbar bleiben? Ein konkretes Konzept zur angekündigten Besucherlenkung liegt laut Peter Kompatscher noch nicht vor. “Wir sind dabei, Ideen zu sammeln.” Ein erster wichtiger Schritt wird ein Monitoring sein – denn in den Gemeindestuben hat man keinen Überblick über die Besucherzahlen am Völser Weiher. “Wir wissen nicht wirklich, wie viele Leute täglich dort sind”, gesteht Kompatscher, “deshalb wird eine Zählung ins Auge gefasst”. Der Parkplatz nahe des Weihers hat rund 300 Stellplätze. Sind diese belegt, wird die die Straße zum Weiher gesperrt. Die Besucher werden mittels eines Ampelsystems an der Kreuzung der Landesstraße zum Weiher darüber informiert. Doch das Gewässer ist neben dem Auto auch mit dem Bus, zu Fuß oder dem Rad bzw. E-Bike erreichbar – und nicht immer nur ein Ausflugsziel, wie der Tourismusassessor aufzeigt “Der Weiher ist ein Ausgangspunkt für Wanderungen, zur Tuffalm, zum Hofer Alpl oder auf den Schlern.”
All das mache es nicht einfach, die Besucherzahlen so zu begrenzen, wie es etwa seit Sonntag am Pragser Wildsee wieder passiert. In Völs will man es aber auf jeden Fall angehen – und die Besucher auch dafür sensibilisieren, dass das, was für die Flora und Fauna gut ist, nicht immer auch im Sinne der Badegäste sein muss. “Ein Naturgewässer ist nicht nur zum Schwimmen da”, betont Kompatscher. “Und der Weiher ist auch schön, wenn man ihn ‘nur’ anschaut.”
Ein nachhaltiger Beweis für
Ein nachhaltiger Beweis für nicht-nachhaltigen Umgang (sprich Massenkonsum) mit der Landschaft. Im Salten- Schlern- Naturpark. Ich muss zugeben: ich selbst war als Bozner am Sonntag in diesem Park zum Frischluft schnappen. Noch habe ich dort sehr viele Singvögel gehört. -Wir werden in Richtung Besuchseinschränkung auch einheimischer Touristen entscheiden und handeln müssen!