Economy | Genossenschaften
Laurins Tafelrunde
Foto: nudo-design
Auf der Vollversammlung heute am Dienstagabend will er dazu Stellung nehmen. So jedenfalls hat es Urban von Klebelsberg auf der Verwaltungsratssitzung am Montagabend verkündet. „Ich muss eines gleich vorausschicken“, sagt von Klebelsberg am Tag danach zu Salto.bz, „diese Liste kommt nicht von mir und ich weiß auch nicht, wie sie zustande gekommen ist“.
Klebelsbergs Gegner innerhalb der Genossenschaft sehen das anders. „Diese Liste wurde von seinen Gefolgsleuten fabriziert und der Obmann hat sich bis heute nicht offiziell davon distanziert“, sagt eine Gruppe von Laurin-Mitgliedern.
Der Vorwurf an Urban von Klebelsberg, ein grobes Foul begangen zu haben, lastet schwer auf den Neuwahlen in der Genossenschaft, die heute Abend über die Bühne gehen sollen. Es geht dabei um eine unorthodoxe Wahlempfehlung, die seit Tagen unter den Mitgliedern kursiert und die eine demokratische, freie Wahl zur Farce machen könnte. Denn es besteht zumindest der Anschein, dass jemand das Wahlergebnis von oben diktieren will.
Die Fusion
Die Obstgenossenschaft Laurin ist die jüngste Genossenschaft unter dem VOG-Dach. Sie entsteht im Jahre 2019 aus der Fusion der beiden Obstgenossenschaften Zwölfmalgreien (Bozen) und Kaiser Alexander (Leifers). Es ist alles andere als eine einfache Fusion.
Die Leiferer Genossenschaft Kaiser Alexander will ursprünglich mit der Unterlandler Grufrut zusammengehen. Doch das Projekt scheitert im wahrsten Sinne des Wortes auf der Zielgeraden. So orientiert man sich im allerletzten Moment um und fusioniert mit der Bozner Obstgenossenschaft Zwölfmalgreien. Diese Entscheidung wird für die Mitglieder der Kaiser Alexander zu einer harten Zerreißprobe, die bis heute Spuren hinterlassen hat.
Die Leiferer Genossenschaft Kaiser Alexander will ursprünglich mit der Unterlandler Grufrut zusammengehen. Doch das Projekt scheitert im wahrsten Sinne des Wortes auf der Zielgeraden. So orientiert man sich im allerletzten Moment um und fusioniert mit der Bozner Obstgenossenschaft Zwölfmalgreien. Diese Entscheidung wird für die Mitglieder der Kaiser Alexander zu einer harten Zerreißprobe, die bis heute Spuren hinterlassen hat.
Die neue Genossenschaft wird auf den Namen „Laurin“ getauft. Der amtierende Kaiser-Alexander-Obmann Nobert Paoli wird Vizeobmann und zum Obmann der neuen Genossenschaft wird jener Mann, den man als dienstältesten Obmann einer Südtiroler Obstgenossenschaft küren kann: Urban von Klebelsberg. Der 62-jährige Bozner Agronom, bis 2017 30 Jahre lang Gutsverwalter des Augustiner Chorherrenstifts Neustift, war über 24 Jahre lang Obmann der Obstgenossenschaft Zwölfmalgreien. Mit der Fusion übernimmt er 2019 dann das Amt des Obmanns in der neuen Obstgenossenschaft Laurin. Jetzt soll von Klebelsberg in dieser Funktion wiederbestätigt werden. Damit würde er die drei Jahrzehnte als Obmann voll machen.
Verschobene Neuwahlen
Doch innerhalb der Genossenschaft herrscht seit langem Unmut. Denn seit der Fusion 2019 haben sich die Geschäftsergebnisse keineswegs so entwickelt wie prognostiziert. Vor allem 2022 (Ernte 2021) ist der Auszahlungspreis deutlich eingebrochen. Innerhalb der Vorstandes und in der Genossenschaft kommt es darüber zu einer Auseinandersetzung zwischen zwei Gruppen.
„Wir liegen mit unseren Auszahlungspreisen im guten Mittelfeld der VOG“, widerspricht Urban von Klebelsberg dieser Lesart. Der Laurin-Obmann verweist auf die hervorragende Arbeit seiner Mitarbeiter und ein kostspieliges Reorganisationsprogramm, das die Genossenschaft in den vergangen Jahren durchgeführt habe.
Vor allem aber gebe es ein Grundproblem. Klebelsberg: „Unser Pech ist es, dass manche Bauern unseren Auszahlungspreise mit jenen der Grufrut vergleichen, die im gesamten VOG-Kosmos der Klassenbeste ist“.
Vor allem aus dem Leiferer Einzugsgebiet ist die Kritik am Obmann besonders hart. Kennt man die Vorgeschichte der gescheiterten Unterlandler Fusion aus der Kaiser-Alexander-Zeit, ist genau dieses das Thema, das die Genossen entzweit. Diese Spannungen haben im vergangenen Herbst ihren Höhepunkt erreicht.
Traditionell sollte die Vollversammlung der Genossenschaft bereits vor zehn Wochen die Bilanz genehmigen und auch den Verwaltungsrat und den Kontrollausschuss für die nächsten drei Jahre bestellen.
Unser Pech ist es, dass manche Bauern unseren Auszahlungspreise mit jenen der Grufrut vergleichen, die im gesamten VOG-Kosmos der Klassenbeste ist“.Laurin-Obmann Urban von Klebelsberg.
Diese Neuwahlen mussten aber im allerletzten Moment wegen der heftigen internen Querelen verschoben werden. Es war Obmann Urban von Klebelsberg, der danach auf einer Klausurtagung versuchte, Ruhe in die Genossenschaft zu bringen. „Es war eine gute Klausur, bei der wir uns wirklich ausgeredet haben“, sagt der Obmann heute.
Doch jetzt sind die alten Wunden wieder aufgebrochen.
Brisante Wahlempfehlung
Der Grund dafür ist ein Art Wahlempfehlung, die seit Tagen unter den Mitglieder kursiert.
Denn heute Abend sollen auf der Mitgliederversammlung die Neuwahlen der Genossenschaftsorgane erfolgen.
Vergangenen Woche verschickte die Genossenschaft an alle Mitglieder die offizielle Kandidatenliste. Gewählt werden in verschiedenen Wahlgängen zuerst der Obmann, dann der Vizeobmann und schließlich die 11 Mitglieder des Verwaltungsrates. Der sogenannte Kontrollausschuss (vergleichbar mit dem Aufsichtsrat in der Vergangenheit) ist dabei Teil des Verwaltungsrates.
Für die Obmannschaft gibt es nur einen Kandidaten: Urban von Klebelsberg. Ebenso für den Vizeobmann. Ursprünglich wollte der amtierende Vizeobmann Norbert Paoli wieder antreten, doch am Ende zog er sich zurück. Dafür soll mit dem Grutzner Bauern Georg Scherer jetzt ein Neueinsteiger Vizeobmann werden. Der Paoli-Rückzug und diese Rochade werden von den Klebelsberg-Gegnern als eine Art komplette Machtübernahme der Genossenschaft durch die Bozner empfunden.
Doch der eigentliche Affront ist die Tatsache, dass auf WhatsApp und in den sozialen Medien seit drei Tagen eine "Anleitung" kursiert, wie man wählen soll. Auf der ursprünglichen Liste, auf der insgesamt 21 Kandidatinnen und Kandidaten stehen, wurden 12 Namen angekreuzt. In einem Begleitschreiben wird erklärt, dass das der Vorstand sei, der laut Urban von Klebelsberg gewählt werden soll.
Es folgte ein Aufschrei unter den Mitgliedern. „Das ist ja wie in der DDR“, echauffiert sich ein Bauer.
„Bitte Ruhe bewahren“
„Ich habe diese Liste auch bekommen“, sagt Urban von Klebelsberg zu Salto.bz. Der Laurin-Obmann wiederholt, dass er damit nichts zu tun habe. Er sagt aber auch, dass „ich das Ganze nicht als so schlimm empfunden habe“. Für ihn war das eine Art Wahlkampf, mehr nicht.
"Das ist ja wie in der DDR“
Ein Genossenschaftsmitglied.
Doch unter den Genossenschaftsmitgliedern gehen die Wogen hoch. Vor allem die Tatsache, dass sich von Klebelsberg bisher nicht von dieser Aktion distanziert hat, wird von vielen verurteilt.
Das wurde am Montagabend auch auf einer Verwaltungsratssitzung deutlich.
Urban von Klebelsberg will deshalb heute Abend vor der Wahl ein kurzes Statement zur Polemik abgeben. Es sind jene wenige Zeilen, die er bereits an einige Genossenschaftsmitglieder verschickt hat.
In der Nachricht heißt es:
„hallo allen, es lebe die gerüchteküche! habe die liste auch bekommen, aber nicht verfasst. bitte ruhe bewahren. es sind freie wahlen, wo mehr kandidaten antreten, als plätze zur verfügung sind und es ist deshalb verständlich, dass wahlwerbung betrieben wird. lg, urban ps: zum glück gibt es den klebensberger der an allem schuld ist :-) ist.“
Ob es damit aber getan ist, wird sich am Ausgang der Wahl zeigen.
Sicher ist: Der Flügelkampf an Laurins Tafelrunde wird so kaum ein Ende haben.
Sicher ist: Der Flügelkampf an Laurins Tafelrunde wird so kaum ein Ende haben.
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Nachlese zur Wahl:
Nachlese zur Wahl:
Von den auf der „Wahlempfehlungsliste“ empfohlenen Verwaltungsräten wurden 5 (von insgesamt 11) gewählt. Ich bekam sehr viele weiße Stimmen bzw. wurde mit nur 60 % der Stimmen gewählt; ein schlechtes Ergebnis, wo einem schon der Gedanke kommt, ob man die Wahl annehmen soll. Ich habe dies trotzdem getan, da einige Großbaustellen in unserem Betrieb in den kommenden Jahren fertigzustellen sind und mein diesbezügliches angesammeltes Wissen die Abwicklung derselben wahrscheinlich ziemlich vereinfacht.
Zudem interpretiere ich mein schlechtes Ergebnis weniger als eine Missbilligung meiner Person - ich entnehme dies aus den verschiedenen Gesprächen mit Mitgliedern gestern nach der Wahl - sondern mehr als eine Folge der jüngst aufgebrochenen Flügelkämpfe und dem mit sehr harten Bandagen ausgetragenen Wahlkampf.
Wir - ich meine hier alle Mitglieder unserer Genossenschaft- sind uns bewusst, dass die OG Laurin ein Rohdiamant mit einem sehr großen Potential ist, den es noch feinzuschleifen gilt. Gestern wurde allen Anwesenden klar, dass uns dies nur gelingen wird, wenn wir jegliches Flügeldenken sofort und definitiv begraben und alle gemeinsam an einem Strang in dieselbe Richtung ziehen.
Möge uns das gelingen!
PS zu „In einem Begleitschreiben wird erklärt, dass das der Vorstand sei, der laut Urban von Klebelsberg gewählt werden soll.“
Dieses Begleitschreiben gibt es nicht, auf jeden Fall nicht von mir. Andernfalls ist es eine Fälschung.
Auf meine entsprechende Nachfrage bestätigte Christoph Franceschini, dass ihm dies nur mündlich berichtet wurde…