Drahthaus: „Endless Game“
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salto.music: Hans, Illian (Jonathan Reiner) ist ein neuer Name für uns hier. Was sollten wir über ihn wissen?
Hans Zoderer: Illian ist ein Wiener Sänger, sogar ein ehemaliger Sängerknabe, mit dem wir – Drahthaus – unsere neue Nummer „Endless Game“ geschrieben haben. Er ist ein vielseitiger Musiker mit mehreren Projekten und veröffentlicht als Illian auf dem Label Bias Beach von Klangkarusell.
salto.music: Im Begleittext zur Single bietet ihr hingegen einen Lösungsvorschlag an, wie man am besten mit den Komplexitäten des Lebens umgehen könnte, und zwar indem man es einfach als „easy game“ angeht, mit allem spielerisch umgeht.
Riskiert man damit nicht, die Ernsthaftigkeit des Lebens ein wenig aus den Augen zu verlieren?
Hans Zoderer: Für mich ist spielerischer Umgang kein Gegenteil von ernstem Umgang. Viel eher ist es fahrlässig, die ernsten Herausforderungen des Lebens nicht auch wenigstens manchmal spielerisch zu erleben.
salto.music: Wir fanden die Lyrics einigermaßen kryptisch. Sie scheinen jemanden zu zeigen, der „gefangen“ ist und eigentlich auf bessere Zeiten wartet: „there’s a better day, to keep it all away“.
Hans Zoderer: Ich habe den Text nicht geschrieben, daher kann ich auch nur eine Interpretation meinerseits dazu abliefern, aber Illian hat zur Zeit als wir den Song produziert haben eine Trennung durchgemacht und ich glaube deshalb ist der Text stellenweise etwas melancholisch bzw. auch von paradoxen und sehr vielseitigen Gefühlen durchzogen.
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salto.music: Gehen wir auch musikalisch ein wenig ins Detail, riskierend, das Gras wachsen zu hören: „Endless Game“ enthält Dubstep-Elemente, richtig oder falsch?
Hans Zoderer: Hmn, ja vielleicht. Ich finde der Song enthält irgendwie auch mehr Pop Elemente, als das was wir bisher gemacht haben.
salto.music: Eure letzte Single, „Eule“, liegt gut acht Monate zurück. Was ist seither geschehen im Drahthaus?
Hans Zoderer: Wir haben an viel verschiedener Musik gearbeitet, heuer werden noch weitere Collabs und auch Instrumentalmusik erscheinen. Dann haben wir sehr viele neue Songs einstudiert, was bei uns auch immer sehr viel technische und aufwendige Arbeit bedeutet, dann haben wir sehr viel Zeit und Ressourcen in unseren Haus-Studiobau gesteckt, das wird auch noch weiterhin Zeit und Geld brauchen, aber wir haben es schon sehr schön hier und sitzen nun alle unter einem Dach oder im Garten. Da arbeiten wir parallel oder miteinander an gemeinsamen, eigenen und anderen Projekten. Das war von Anfang an ein großer Traum: Das physische Drahthaus. Auch werden wir in Zukunft etwas präsenter auf sozialen Medien sein, werden einige Konzerte spielen, haben an unserer Team Struktur gearbeitet uvm.
salto.music: Ihr kündigt im Pressetext zu „Endless Game“ auch euer nächstes Album für Herbst 2024 an. „Endless Game“ ist offensichtlich keine Single-Auskoppelung, dürfte aber dennoch musikalisch den Weg vorbereiten, zumal ihr mit dem neuen Album den Fokus auf „ danceable/club music“ legt.
Hans Zoderer: …Wir haben uns sehr intensiv damit auseinandergesetzt, wie wir ein klares und greifbares Image vermitteln können, aber dennoch vielseitige Musik veröffentlichen können. Wir haben einige Songs tatsächlich fallen gelassen, obwohl wir sie gut fanden, aber wir das Gefühl hatten, dass sie das was wir derzeit sein und vermitteln wollen verwischen. Demnach geht „Endless Game“ in diese Richtung, ja.
Die Songs, die wir nicht offiziell veröffentlichen werden, erscheinen übrigens als Demos auf unserer Patreon Seite.
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salto.music: Das Promo-Pic von Mateusz Wiglinzki zeigt euch – Drahthaus – mit VR-Brillen in einem See. Auf den ersten Blick tauchten drei Gedanken auf (mit der Bitte um Kommentar):
a) Die digitale Bearbeitung des Bildes ist teils „psychedelisch“, aber noch mehr erinnert das Bild an den französischen Impressionismus?!
Hans Zoderer: Das kommende Album ist stellenweise sehr psychedelisch, daher war dies ein bewusstes Element, das wir hineinbringen wollten. Dieses Foto ist impressionistischer als die anderen aus dieser Serie. Dies war so nicht direkt geplant, aber es passt eigentlich sehr gut zum Album.
Es ist aber auch möglich, dass der Fotograf Mateusz Wiglinzki dieses Bild ganz bewusst impressionistisch gestaltet hat, aber dies nicht mit uns abgesprochen hat. Er hat uns nun schon öfters inszeniert und wir vertrauen ihm und geben ihm demnach auch einiges an Spielraum.
b) Ihr befindet euch in einer wunderbaren, natürlichen Umgebung, und nutzt dennoch VR-Brillen: Ein einigermaßen paradoxes Setting!
Hans Zoderer: Alles ist paradox in der Welt, wenn man nur lange und genau genug hinschaut.
c) Nutzt ihr selbst VR? Wie seht ihr das Potential? Nach einem kurzem Hype im letzten Jahr, wurde das Thema von der KI aus dem breiten Diskurs verdrängt. War/ist VR letztlich ein Hype?
Hans Zoderer: Ich persönlich nutze VR Brillen nicht und ich glaube auch sonst niemand von uns. Ich glaube, dass VR Technologie (oder jedenfalls die Idee davon, ob es dann tatsächlich über eine Brille wahrgenommen wird, ist eine andere Sache) auf lange Sicht aber unweigerlich ins Zentrum des gesellschaftlichen Zusammenlebens über Technik rücken wird. Virtuelle Realitäten sind ja das, was wir suchen und was uns auch das Internet grundsätzlich, was uns Filme, Musik, Bücher oder soziale Medien bescheren.
Diese sperrigen Brillen sind halt ein Symbol für eine Idee, virtuelle Realitäten noch auf einem anderes Level erfahrbar zu machen. Aber gleichzeitig auch ein Symbol für Ehrfurcht vor der Technik der Zukunft. Irgendwie sehen die Brillen aber schon fast wieder Retro aus, was die Paradoxie dann irgendwie unterstreicht und fast schon ins Komische rückt.