Politics | Interview

“Es gibt eine Kluft”

Werte haben alleine reicht nicht – die SVP müsse auch danach handeln, sagt die Haflinger Bürgermeisterin Sonja Anna Plank. Was sie sich von Partei und Politik erwartet.
Sonja Anna Plank
Foto: Privat

Was in Bozen und den höchsten Parteigremien passiert, darüber wissen die allerwenigsten SVP-Mitglieder Bescheid. Selbst wenn sie wichtige politische Ämter bekleiden. Wie Sonja Anna Plank. Die 37-Jährige ist seit Herbst 2020 Bürgermeisterin von Hafling. Ihren Beruf als Mittelschullehrerin übt sie bis heute weiter aus. 

Trotz ihres jungen Alters ist Sonja Anna Plank länger im (partei-)politischen Geschäft als viele andere. 2008 tritt sie der SVP bei, 2012 wird sie in den Bezirksausschuss der Jugendorganisation JG bestellt. Wie erlebt und bewertet Plank die jüngsten Vorgänge in ihrer und um ihre Partei? Sich ein Urteil zu bilden, sei gar nicht so einfach, schickt sie voraus. Obwohl sie Wert darauf legt, festzuhalten, “die meine ist eine Außensicht”, sieht Plank doch einige Baustellen.

salto.bz: Frau Plank, als Bürgermeisterin und stellvertretende SVP-Ortsobfrau von Hafling kriegen Sie die Stimmung in der Bevölkerung und der Parteibasis unmittelbar mit. Wie bewegt sind die Menschen, denen sie begegnen, derzeit?

Sonja Anna Plank: Die Rückmeldungen hängen sich an den jeweiligen Berichterstattungen auf. Über die SVP wird in den Tageszeitungen gut und gerne eher negativ berichtet, vor allem wenn es um Geld geht – Gehälter, Spesenabrechnungen usw. Durch die negative Berichterstattung wird die Basis für Vertrauen, das die Wähler ja eigentlich in ihre Volksvertreter haben, immer wieder zerrüttet bzw. zerstört. Man schafft es eigentlich kaum mehr, Vertrauen aufzubauen, es entsteht eine Kluft.

Inwiefern?

Auf Ortsebene kriegen wir oft die Rückmeldung, ihr macht es ja gut, aber die unten in Bozen oder die draußen, an die wir nicht herankommen, von denen fühlen wir uns nur mehr verarscht. In diese Richtung geht es auch aktuell. Und das ist natürlich ungut, denn die Parteifunktionäre auf unterster Ebene wünschen sich das nicht. Ich wünsche mir nicht, zwischen einer guten SVP und einer schlechten SVP unterscheiden zu müssen. Eine Parteibasis wünscht sich vor allem, sagen zu können, wir vertreten seit 1945 die Belange der deutschen und ladinischen Minderheit – und zwar auf allen Ebenen und im Einvernehmen zu Werten, die wir uns auferlegt haben und die auch eine allgemeine Gültigkeit haben. Das Grundsatzpapier der SVP wurde 2016 überarbeitet. Ich denke, die Werte, die dort drinstehen, können wir alle unterschreiben.

Aber?

Aber wir sollten eben auch gemäß dieser Wertehaltung arbeiten. Da gibt es meiner Meinung nach eine Kluft, an der wir nicht zusammenkommen. Manchmal fehlt es in der Partei sicher an Kommunikation und Information nach innen bzw. unten.

Ich möchte nicht zwischen einer guten SVP und einer schlechten SVP unterscheiden müssen, ich möchte, dass Sachpolitik im Sinne unserer Grundwerte betrieben wird – und das fordert die Basis ein

Was machen Sie mit den Rückmeldungen, die Sie erhalten? Tragen Sie die an die Parteiführung und -funktionäre in Bozen weiter? Interessiert man sich dort überhaupt dafür?

Ich persönlich bin schon jemand, die Sachen, die bei mir landen, bei den Stellen deponiert, wo mir vorkommt, dass sie zu deponieren sind. Der Rücktritt von Jasmin Ladurner ist zum Beispiel von einigen JG-Mitgliedern im Burggrafenamt mit vielen Fragen aufgenommen worden. Das habe ich dem Burggräfler Vertreter im Landesausschuss zugetragen und gesagt, das wäre mit eurer Basis zu klären. Wirklich gravierende Aussagen teile ich auch dem Parteiobmann direkt mit. Insofern findet schon ein Austausch statt.

Sie haben den Rücktritt der SVP-Landtagsabgeordneten Jasmin Ladurner zum Jahreswechsel erwähnt: Ungeachtet der Fehler, die sie sich hat zuschulden kommen lassen, ist der Eindruck entstanden, dass in der SVP niemand ein Problem damit gehabt hat, dass Ladurner von einem Tag auf den anderen von der politischen Bühne verschwunden ist. Warum wurde sie so schnell fallen gelassen? Während es im Sommer 2020, als bekannt wurde, dass drei SVP-Landtagsabgeordnete um den 600-Euro-Corona-Bonus angesucht hatten, keine Rücktritte gab? Misst die SVP mit zweierlei Maß?

Jasmins Rücktritt hat in erster Linie mit einer persönlichen Entscheidung zu tun. Theoretisch hätte sie auch sagen können, ok, dann schließt mich eben aus der Partei aus und ich mache es wie ein Peter Faistnauer, ein Josef Unterholzner oder ein Carlo Vettori, verlasse meine Fraktion, übe mein Mandat aber weiterhin aus. Weil ich ja schließlich einen Wählerauftrag erhalten habe. Das hat sie aber nicht gemacht, sie hat sich von ihrem Mandat zurückgezogen. Ich weiß nicht, inwieweit mich meine Partei effektiv zum Rücktritt bewegen kann. Am Ende ist es immer eine persönliche Entscheidung: Die Partei kann mich ausschließen, von meinen Funktionen entbinden – das kann die Parteileitung oder ein Parteischiedsgericht entscheiden –, aber im Endeffekt kann sie mich nicht dazu “zwingen”, mein Landtagsmandat zurückzulegen. Insofern hat die Partei nicht unbedingt Einfluss auf ihre Mandatare, sie zum Rücktritt als solche zu bewegen. So zumindest fasse ich das auf. Wie es dann intern, also in der Landtagsfraktion abläuft, weiß ich nicht.

Sie meinen, ob Druck auf Ladurner ausgeübt bzw. sie ins offene Messer gelaufen lassen worden ist?

Klar, wenn wir uns alle gut verstehen und einhellig einer Meinung sind… Aber da sind wir auch schon beim nächsten Punkt: Dann würden solche Sachen wahrscheinlich gar nicht passieren. Wirklich viele Leute haben mir gesagt – auch solche, die politisch überhaupt nicht versiert sind –, dass sie sich nicht erklären können, wie solche Fehler überhaupt passieren. Ich habe mir das auch durch den Kopf gehen lassen – wahrscheinlich kommt da jetzt ein bisschen die Lehrerin in mir durch – und mir gedacht: Wenn ich sehe, dass der Neue, der Junge vielleicht ein bisschen zu weit geht in seinen Vorstellungen, werde ich ihn doch auch einmal beiseite nehmen und ihm sagen, schau, das ist vielleicht nicht gerade gescheit, was du da tust.

Anstatt darauf hinzuweisen, hat man eine junge Abgeordnete auflaufen lassen. Weil sie eben das ist: jung, weiblich und dazu ohne Seilschaften bzw. Lobbys hinter sich, deren Interessen sie weiter vertreten könnte?

(überlegt) Die Lobby-Geschichte ist ein Aspekt. Jasmin Ladurner ist sehr überraschend in den Landtag eingezogen. Dass sie den Sprung wirklich schafft, haben sich wenige wirklich vorstellen können. Aber sie hat einen extrem professionellen Wahlkampf gemacht. Allerdings mehr als Einzelkämpferin. Sie hat sich damals nicht wirklich Netzwerke geschaffen, die danach absolut hinter ihr gestanden wären. Andere kommen ja aus Verbänden oder suchen deren Unterstützung und sind mit ihnen im Austausch. Das ist vielfach die Regel – während Jasmin Ladurner von Anfang an nicht unbedingt den bekannten Regeln entsprochen hat. Ihre Kommunikation, auch wenn sie polarisierend und auch nicht immer positiv war, sucht ihresgleichen. Jasmin Ladurner hat es verstanden, sich neuer Medien zu bedienen und als einfache Landtagsabgeordnete ständig präsent zu sein. Dadurch hat sie sich aber permanent zur Zielscheibe gemacht. In Südtirol passiert das sonst hauptsächlich den Landesräten, weil die ständig in der Öffentlichkeit sind. Jasmin Ladurner ist es allerdings gelungen, als Landtagsabgeordnete ständig in der Öffentlichkeit zu sein. Das hat ihr nicht unbedingt nur Freunde gebracht.

Auch intern?

Da zeigt sich eine Dynamik, die wahrscheinlich nur schwer nachzuvollziehen ist, wenn man nicht selbst einmal in dem Ganzen drin war. Es ist ja der Landtagswahlkampf an sich schon hart – das habe ich als Wahlkampfhelferin selbst miterlebt: Man weiß, dass es nicht alle schaffen werden und dementsprechend entsteht ein Kampfgeist auch in den eigenen Reihen, ein Konkurrenzdenken, das sich, so glaube ich, effektiv auch weiter hält. Im Landtag findet ein tagtäglicher Kampf ums Überleben statt, den wir von außen nicht kennen bzw. uns wahrscheinlich schwer vorstellen können.

Gewollt sind diese Lager in der Partei nicht

Sie sind im Herbst 2020 mit 35 Jahren zur Bürgermeisterin von Hafling gewählt worden. Wie haben Sie die ersten Monate erlebt? Hatten Sie je das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden oder dass man Ihnen etwas nicht zutraut?

Die ersten Monate waren insofern schwer, als dass in der öffentlichen Verwaltung so vieles komplex und neu ist. In einer kleinen Gemeinde wie Hafling ist der Bürgermeister der, der die engste Verbindung zur Verwaltung und den Ämtern hat. Da muss man sich erst einmal einarbeiten, genauso wie in bestimmte Gesetzesbereiche. Denken wir an die Raumordnung – die kostet mich nach wie vor eine Menge Nerven und Kräfte, wie alle, die sich momentan damit auseinander setzen müssen. Woran man sich auch gewöhnen muss, ist, dass die Funktion des Bürgermeisters eben nur eine Person im Dorf innehat. Ich erfahre in der Gemeinde viel Zuspruch, mit einem Gemeinderat und Gemeindeausschuss, die sehr konstruktiv arbeiten. Doch gerade in der Pandemie habe ich mich mit all den Aufgaben, die angestanden sind, manchmal allein gefühlt. Vor allem am Anfang, als wenig Austausch stattgefunden hat. Erst als es wieder die Möglichkeit dazu gab, habe ich gemerkt, dass es noch andere gibt, denen es gleich geht. Vor allem unter den Bürgermeisterinnen tauschen wir uns viel aus, insbesondere im Bezirk. Rosmarie Pamer ist eine ganz wichtige Ansprechperson, weil sie mit ihrer Erfahrung ständig zur Seite steht.

Rosmarie Pamer war vorigen Montag beim “Runden Tisch” von RAI Südtirol geladen, um über die jüngsten Wirbel um die SAD, Jasmin Ladurner, die noch nicht fixe Wiederkandidatur von Arno Kompatscher als Landeshauptmann zu sprechen. Die Bürgermeisterin von St. Marin in Passeier ist dabei sehr resolut aufgetreten und hat klar den Missmut zur Sprache gebracht, der in der SVP nicht nur wegen der SAD-Geschichte herrscht. Zum deutlichen Missfallen des ebenfalls anwesenden SVP-Landessekretärs Stefan Premstaller. Dass parteiinterne konträre Positionen öffentlich diskutiert werden, ist man von der Volkspartei eher nicht gewohnt. Würden Sie sich wünschen, dass vor allem SVP-Frauen öfter klarer und deutlicher Position beziehen?

Ich glaube, da gibt es nicht schwarz und weiß. Wer Rosmarie Pamer kennt, weiß, dass sie so ist: resolut, klar. Sie ist jetzt doch in der dritten Amtsperiode Bürgermeisterin und wenn man ganz vorne steht, muss man einfach klare Aussagen machen. Klarheit ist immer wünschenswert, ungeachtet der geschlechtlichen Frage. Das merke ich auch bei den Bürgern. Vielleicht wissen wir es Bürgermeister, weil wir nahe am Bürger sind: Eine klare Aussage wird, auch wenn sie bitter ist, respektiert und angenommen. Anders als wenn ich ständig versuche, mich zu winden und nicht wirklich mit der Sprache herausrücken will. Zur Frage, ob Frauen lauter werden müssen: Das müssen sie sicherlich, wenn es darum geht, mehr Sichtbarkeit zu bekommen und mehr einbezogen zu werden. Wir werden oft sehr auf bestimmte Bereiche reduziert, kriegen dann die Familienpolitik, weil ja eh die Frau die Familie managet. Frauen müssen erstens einfordern, dass sie alle Bereiche übernehmen dürfen und zweitens lauter werden. Auch die SVP-Frauen als Organisation – sie sind sehr unterstützend, vor allem im Bezirk, da darf man nichts sagen, aber die Stärkung findet sehr nach innen statt. Es bräuchte sie auch mehr nach außen.

Es gibt auf allen Ebenen immer wieder Persönlichkeiten, die sich nicht aus einer altruistischen Grundhaltung heraus politisch engagieren, sondern versuchen, Privatinteressen weiterzubringen

Eine, die ihren Missmut vergangenen Herbst öffentlich gemacht hat, war Lea Casal. Die 18-Jährige wurde mit einem Top-Wahlergebnis für die SVP in den Gemeinderat von Margreid gewählt. Ein Platz im Gemeindeausschuss wurde ihr dann aber mit der Begründung verwehrt, dass sie zu jung und unerfahren sei. Wie viel kann und soll jungen Frauen zugetraut werden – auch vor dem Hintergrund, dass die SVP bzw. Parteiobmann und -sekretär seit mehreren Jahren nicht müde werden, die Losung auszugeben, die Partei müsse “jünger, weiblicher und sozialer” werden?

Hier spielt die Thematik der großen Familie SVP eine Rolle: Eines ist die Losung, die in Bozen ausgegeben wird und die ich durchaus für redlich und auch sicher ehrlich gemeint halte. Etwas anderes sind die unterschiedlichen Gremien, die in sich souverän sind. Die Zusammensetzung eines Gemeindeausschusses wird zuerst im SVP-Ortsausschuss besprochen. Wenn dieser diese Losung nicht priorisiert, dann passiert so etwas, wie Lea Casal passiert ist. Eines finde ich, unabhängig von der Losung, der nicht Rechnung getragen wurde, sehr schade: Lea Casal hat ein Mega-Wahlergebnis eingefahren und man sollte den Wählerwillen bei der Bildung des Gemeindeausschusses schon anerkennen. Ich will damit keine Kritik an den Kollegen in Margreid üben – ich kenne die internen Dynamiken dort nicht –, aber der Fall Lea Casal spielt nicht in diese Richtung.

Sie zeichnen das Bild der “großen Familie SVP”. Sitzt die auch an einem Tisch? Oder ist es nicht vielmehr so, dass sie in Lager gespaltet ist? Der Parteisekretär bestreitet das ja vehement, während zum Beispiel Senatorin Julia Unterberger selbst offen sagt, dass es diese Lager – Kompatscher/Zeller auf der einen und im weiteren Sinne Durnwalder/Achammer/Widmann auf der anderen Seite – gibt.

Es kommt auf die Frage an, in welchen Gremien sich diese Lager gebildet haben. Wenn eine Julia Unterberger das sagt, wird sie vermutlich von der Parteileitung sprechen, weil sie dort sitzt. Ich kann nicht wirklich beurteilen, ob und welche Lager es dort gibt. Wo ich mit Stefan Premstaller übereinstimme ist vielleicht weniger, dass es diese Lager nicht gibt, aber die Lager sind nicht gewollt. Wobei zu sagen ist: Konservative und Liberale hat es in der SVP immer gegeben. 

Die Fronten verlaufen aber weniger entlang politischer Ideologien. Sondern scheint es vielmehr um persönliche Rivalitäten und Machtbestrebungen zu gehen.

Um auf die Familie SVP zurückzukommen: Die Basis will sicher keine Lager. Die Basis will, dass wir Einigkeit zeigen und uns zusammenraufen. Die SVP hat eine äußerst demokratische Struktur: Entscheidungen werden in der Landesversammlung, im Parteiausschuss, in der Parteileitung getroffen. Und dann gehe ich einfach davon aus, dass man sich an diese Entscheidungen hält. Auch wenn man überstimmt wird. Ich bin selbst in der Vergangenheit in den JG-Gremien überstimmt worden und bin dann auch nicht nach außen gegangen und habe mich darüber beklagt, dass die Mehrheit eine Haltung vertritt, die ich nicht vertrete. 

Ist das das Problem?

Die internen Gremien sind ja dazu da, Dinge zu beschließen und gemeinsam zu tragen. Gemeinsam getroffene Entscheidungen werden dann aber oft in der Öffentlichkeit anders dargestellt. Und das führt dazu, dass man nach außen den Eindruck hat, es gibt verschiedene Lager. Doch wie gesagt: Gewollt sind diese Lager nicht. Auch ich persönlich will mich nicht zwischen A oder B, gut oder schlecht, schwarz oder weiß entscheiden müssen. Ich möchte, dass Sachpolitik im Sinne unserer Grundwerte betrieben wird. Und das fordert die Basis ein.

Wir hatten in der letzten Zeit ganz oft eine massive Diskrepanz zwischen Recht und Moral

Nach dem Rücktritt von Jasmin Ladurner haben Sie auf Twitter Zustimmung für die Analyse des ehemaligen Grünen Landtagsabgeordneten Hans Heiss gezeigt, der zur Frage, welche Konsequenzen vonseiten der SVP in der Angelegenheit rund um die SAD zu erwarten sind, meint: “Sollte doch längst bekannt sein, dass Fahrtkosten und 600-Euro-Boni allemal mehr zählen als wirkliche Skandale; Verhältnismäßigkeit ist ein frommer Wunsch”. Sie haben diesen Tweet geteilt, mit dem Kommentar: “So ist es” – und: “Ich bin lange genug im Geschäft um zu wissen, dass manche Überheblichkeit nicht fällt.” Doch eine mutige Aktion, oder? Wir wissen inzwischen – dank Jasmin Ladurner –, was ein Klick auf den falschen Social-Media-Post mit sich bringen kann… 

Ich bin noch nicht vor das Partei-Schiedsgericht gestellt worden (lacht). Na, ich kenne Hans Heiss gut, er war mein Uni-Professor und Doktorvater. Er formuliert immer sehr prägnant.

Wie sind Ihre Kommentare zu verstehen?

Die Frage nach der Verhältnismäßigkeit stellt sich tatsächlich, das sehen wir, glaube ich, alle gleich. Wobei man auch sagen muss, dass mittlerweile alles aufgebauscht wird. Was ich mit dem zweiten Kommentar gemeint habe: Es gibt auf allen Ebenen – auf Gemeindeebene, auf Landesebene – immer wieder Persönlichkeiten, die sich, sagen wir es einmal so, nicht aus einer altruistischen Grundhaltung heraus politisch engagieren. Sondern weil sie persönliche Ziele verfolgen. Solche Personen, die versuchen, Privatinteressen weiterzubringen, gibt es überall, parteiunabhängig. Und die sind meist auch nicht bereit, auszusteigen. Denn wenn ich schon nicht mit der grundsätzlichen Haltung dabei bin, Politik im Sinne der Allgemeinheit zu machen, dann steige ich sicherlich nicht aus, wenn die Allgemeinheit mein Verhalten für unangebracht oder schädigend hält. Da sind wir wieder bei den Rücktrittsgeschichten: Wir hatten in der letzten Zeit ganz oft eine massive Diskrepanz zwischen Recht und Moral – auch bei den 600 Euro. Man hört immer wieder, dass das ja rechtlich zulässig war. Aber was ist mit der moralischen Frage? Wenn wir nur mehr von den rechtlichen Prämissen ausgehen, geht uns ganz vieles verloren, was gute Politik und Politiker ausmacht. Ein Politiker steht vorne, sollte eigentlich Vorbild sein und ich glaube, insgeheim haben die meisten Menschen einen Heiden-Respekt vor Politikern, gerade weil sie vorne stehen – erwarten sich umgekehrt aber, dass sie dementsprechend redlich und vernünftig sind und im Sinne der Allgemeinheit arbeiten. Es braucht mehr solche Leute.

Gemeinsam getroffene Entscheidungen werden dann oft in der Öffentlichkeit anders dargestellt

Was kann man dagegen tun, dass Politik wieder mehr moralischen Prinzipien folgt?

Man kann eigentlich nur selbst in den Ring steigen und versuchen, es besser zu machen. 

Wie frustrierend ist es für Sie dann, wenn Sie Kommentare von Menschen hören oder lesen, die meinen, Politik sei zum Selbstbedienungsladen und Privilegienstadel verkommen und “die Politiker sind eh alle die gleichen”?

Das ist natürlich tragisch. Wenn nach außen ein solches Bild entsteht, tut das schon weh, weil man sich selbst ja sehr engagiert, sehr viel Zeit aufbringt – ich habe zum Beispiel unglaublich viel Zeit in die ehrenamtliche politische Arbeit investiert. Wenn man dann solche Aussagen hört… Dieses Negativ-Bild hält mittlerweile viele Leute davon ab, sich politisch zu engagieren. Die Politiker, die höhere Ämter bekleiden, müssen sich bewusst sein, dass sie mit dafür verantwortlich sind. Mich selbst treibt immer wieder der Gedanke an, das Gegenteil beweisen zu wollen, zu zeigen, dass es die andere Seite sehr wohl gibt. Es gibt auch viele Leute, die mir sagen, Sonja, ich bin froh, dass du das tust, dass du dich das getraut hast und dass es Leute wie dich gibt, die sich nach vorne wagen. Nichtsdestotrotz, andere für Politik zu begeistern, ist sehr, sehr schwer. Und da sind wir vielleicht wieder bei dem Punkt: Wenn der Obmann sagt, die Partei muss jünger, weiblicher und sozialer werden, gibt er ein schönes Ziel vor, aber bis dieses erreicht ist – mit alldem, was ständig in der Öffentlichkeit breitgetreten werden –, wird es ganz, ganz schwer und bleibt nach außen eine leere Floskel. Was aber sicherlich nicht gewollt ist.

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Günther Alois … Mon, 01/17/2022 - 07:00

Es wird gut und gerne negativ berichtet??? Das stimmt nicht,es wird das berichtet,was fundiert und mit Fakten belegbar ist. Die Wahrheiten der Skandale passen euch SVPlern eben nicht,das ist verständlich.Lieber würdet ihr diese im stillen Kämmerlein verrotten lassen,das ist die Wahrheit! Der Presse die Schuld für euer Versagen in die Schuhe zu schieben,ist wohl nur BILLIG,um von den Problemen und Skandalen abzulenken.Ein Meister dieses Fachs ist Herr Premstaller.

Mon, 01/17/2022 - 07:00 Permalink
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△rtim post Mon, 01/17/2022 - 08:52

Ja, die SVP täte gut daran, sich zu fragen: Quo vadis? Eine Frage, die sich bekanntermaßen nur solange stellt, solange es die SVP überhaupt noch gibt. Uns allen in Südtirol und nicht nur der SVP ist wohl allen zu wünschen, dass wir endlich aus diesem Quark kommen. Da kann man Rosmarie Pamer beim “Runden Tisch” von RAI Südtirol und Sonja Anna Plank hier in diesem Beitrag nur zustimmen.
Es kann doch nicht wahr sein, dass sich Partei+Volk von fetzenden Lagern derart in Geiselhaft nehmen und zerstört lässt. Zudem von Lagern, welche die SVP eh als nur stets als Selbstbedienungsladen verstanden haben bzw. verstehen und im Eigeninteresse agieren.
Liebe SVP, wieso nicht mehr Mitmachpartei, Mitgestaltung statt die Partei weiterhin allein den derzeitigen zwei Lagern zu überlassen und Mantras der Alternativlosigkeit zu wiederholen.
Übrigens: Wieso kann es 2023 nicht etwa eine Frau Pamer mit Bodenhaftung und Basisnähe sein?

Mon, 01/17/2022 - 08:52 Permalink
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Thomas Kobler Mon, 01/17/2022 - 17:54

Vorausgeschickt: Ich kenne Frau Plank (wenn auch nicht wirklich gut) und bin mehr als nur davon überzeugt, dass sie eine mehr als nur integre Persönlichkeit in der SVP darstellt. Absolut korrekt, arbeitsam, frei von persönlichen Interessen und einzig allein darin interessiert, ihrem Wähler:innenauftrag nachzukommen. Aber jede/r, der sich dieses Interview durchliest und nur ein wenig zwischen den Zeilen lesen kann, wird unumwunden zum Schluss kommen müssen, dass man/frau in der Volkspartei sich in aller Form davor hütet, auch nur eine einzige kritische Einlassung, Behauptung oder These in den Raum zu stellen. Das System funktioniert dermaßen perfekt, dass niemand von der Basis, der auch nur die geringsten Ambitionen hat, es in dieser Partei nach oben zu schaffen, jemals an irgendeinem Vorgehen der "Großkopfeten" ernsthaft Kritik üben wird. Ganz zu schweigen, von leidenschaftlichen Plädoyers oder sonstigen Beanstandungen oder Missbilligungen. Ausnahmen bestätigen natürlich wie immer die Regel, siehe J. Unterberger und K. Zeller. Aber die Vorsicht und die Behutsamkeit mit der Frau Plank hier spricht trieft aus fast jeder Zeile und die Blätter, die hier vor den Mund genommen werden, sind regelrecht mit den Händen zu greifen. Wirklich beeindruckend.

Mon, 01/17/2022 - 17:54 Permalink