Dialog auf Augenhöhe
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Der Jugend- und Kulturtreff Bunker führt Jugendliche seit 20 Jahren zusammen. Er bietet die Möglichkeit für Entwicklung, Kreativität und besonders für Begegnung und Austausch. Im Jahr 2003 wird er geboren, in einem Keller einer Schule, und ist seither Anlaufstelle für Eigeninitiative und gemeinschaftliche Aktivitäten, pädagogische Auseinandersetzungen, und auch nur fürs „da Sein“ und Entspannen.
Der Bunker wird dieses Jahr 20 Jahre alt. Wie ist die Entstehungsgeschichte dieses Jugendtreffs und aus welchem Bedürfnis heraus ist er entstanden?
2003 wurde der Bunker eingeweiht. Damals war der Treff ein Satellit des Jugenddienstes Bozen und wurde in einem zweiten Moment ein eigenständiger Verein, für den auch ein Vorstand gewählt wurde. Er entstand aus dem Bedürfnis heraus, Jugendlichen eine Plattform zu bieten, auf der sich die Jugend durch verschiedene Ausdrucksformen ausleben kann. Die Grundidee war, dass es eine Anlaufstelle werden sollte, ein Fixpunkt in Bozen, wo man sich treffen kann, Fehler machen kann und in Dialog auf Augenhöhe tritt.
Was ist das Ziel des Bunkers, was macht ihn aus? Welche Tätigkeiten bietet der Jugendtreff?
Es soll ein Ort mit leichtem Zugang sein, den man mitgestalten kann und in dem man sich ausprobieren kann, wo Ideen entstehen, experimentiert wird - ohne Wertung. Es ist ein Anlaufpunkt, der über die Grenzen des Stadtviertels hinausgehen soll, sich aber anfühlen soll wie Zuhause, mit einer familiären Atmosphäre. Es ist wie ein Wohnzimmer außerhalb des eigenen Wohnzimmers. Der Bunker kann nicht nur für Selbstentfaltung genutzt werden, sondern wird auch von ehrenamtlichen Vereinen für Sitzungen verwendet oder seitens Schulen für pädagogische Projekte. Und es kommt immer wieder zu Veranstaltungen, wie gemeinsames Kochen oder Ausstellungen. Im Bunker soll auch die Festkultur weiterleben: es finden immer wieder Konzerte statt, auch internationaler Künstler*innen. Da ist es uns wichtig, dass auch hiesige Bands miteingebunden werden und so die Möglichkeit haben, mit bekannteren und erfahrenen Bands in Kontakt zu treten. Der Bunker soll einen kreativen Raum bieten - es ist ein Ort voller Verständnis und Erlebnis.
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Was sind einige spannende und schöne Momente der Bunkergeschichte und gab es Schwierigkeiten?
Es gab sehr viele schöne Momente. Eine Band aus New York ist zum Beispiel vor einiger Zeit auf Europatournee gegangen und hat im Bunker, als einziges Italien- Konzert, gespielt. Das war spannend. Etwas anderes, das mir einfällt, ist: Der Bunker wurde in einem Kellerraum einer Schule gebaut. Und damals mussten wir uns handwerklich betätigen und den Schutt und die Steine der Baustelle mit Schubkarren wegräumen. Das war ein einzigartiges Erlebnis, da das Mitarbeiten auch den Bezug und die Verbindung der Jugendlichen mit dem Raum gestärkt hat. Da hat sich das Konzept der aktiven Mitgestaltung und Bearbeitung des Raumes auch schon herauskristallisiert. Der Bunker ist ein Raum für alle - die Jugendlichen fühlen sich damit verbunden. Eine Zeit lang kam es aber dazu, dass sich diese Verbundenheit zu Eifersucht und Vereinnahmung verändert hat und eine Gruppe Jugendlicher den Raum für sich alleine beanspruchen wollte. Auch wenn es ein grenzenloser Ort für Entfaltung sein soll, mussten wir damals trotzdem klare Grenzen aufzeigen. Das war schwierig, weil wir niemanden ausgrenzen wollten, aber es war eine Situation, in der Respekt seitens dieser Gruppe auch gegenüber den anderen verlangt wurde. Das hat die Harmonie damals etwas gestört, aber alles ist glimpflich ausgegangen.
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Wie sind die Jugendlichen heute? Gibt es einen Unterschied zu den Jugendlichen vor 20 Jahren?
Bei den Jugendlichen von heute ist die Motivation, den Raum zu gestalten oder im Raum aktiv zu werden, gesunken. Sie verwenden den Raum eher zum Ausruhen. Ich würde sagen, die Jugendlichen sind „müder“. Das kommt von der Schnelllebigkeit und dem großen Stress im Alltag, der durch die Schule oder Vereine verstärkt wird. Früher wurde mehr gemalt oder gebastelt. Wir haben zum Beispiel eine Siebdruckwerkstatt. Die wurde früher viel öfters verwendet. Jetzt versammeln sich die Jugendlichen eher zum Reden und Entspannen.
Und gibt es Veränderungen, wenn du an die psychische Gesundheit der Jugendlichen denkst?
Wir im Bunker leisten auch Beziehungsarbeit und reden mit den Jugendlichen. Die meisten sind im Mittel- und Oberschulalter. In diesem Alter sind die jungen Menschen oft stark durch die Schule belastet, sind gestresst oder haben Prüfungsangst. Wir versuchen die Jugendlichen zu unterstützen, damit sie lernen, wie man mit verschiedenen Belastungsfaktoren umgeht. Ich muss aber sagen, dass es eigentlich immer schon so gewesen ist und ich keinen allzu großen Unterschied in der mentalen Gesundheit erkenne.
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Kommen nur Jugendliche in den Bunker?
Zum Großteil schon, wie gesagt, die Hauptdialoggruppe sind Jugendliche im Mittel- und Oberschulalter. Aber es kommt auch dazu, dass jemand den 50. oder 60. Geburtstag feiern möchte, weil es in Bozen nicht viele Orte gibt, wo man ein größeres Fest veranstalten kann. Das Bedürfnis und die Nachfrage nach einem Veranstaltungsort wie dem Bunker ist sehr groß. Dieses Jahr hat eine Familie den Bunker für die Weihnachtsfeier gemietet. Es ist also bunt gemischt. Und dadurch, dass Erwachsene, und Menschen, die mit dem Bunker aufgewachsen sind, immer wieder zu Besuch sind oder dort arbeiten, kommt es immer wieder zu einem Generationenaustausch. Das ist spannend und fruchtbringend.
Ihr habt im September den zwanzigsten Geburtstag des Bunkers gefeiert.
Es kamen viele Menschen nicht nur von Bozen, sondern auch von auswärts. Es haben mehrere Bands gespielt, die Atmosphäre war sehr schön. Es gab nicht allzu viele Ansprachen und Reden, es war ein angenehmes Zusammenkommen, Feiern und Miteinander verschiedenster Menschen. Es war besonders.
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Was sind eure Projekte für die Zukunft?
Es sind Konzerte und Kurse in Planung. Wir werden Selbstverteidigungskurse, Keramik- oder Siebdruckwerkstätten oder musiktherapeutische Projekte anbiten. Wir arbeiten auch weiterhin eng mit Schulen und Eltern zusammen und organisieren verschiedenste Projekte. Wir haben so einiges in Aussicht.
Ein Interview von Julia Lardschneider