Society | Protest
Das Wipptal begehrt auf
Foto: Salto.bz
Rund 250 Bürger und Bürgerinnen versammelten sich mit Plakaten und Transparenten am südlichen Dorfeingang und zogen zum Ibsen-Platz, vorneweg die sechs Bürgermeister der Wipptaler Gemeinden: Martin Alber (Brenner), Sebastian Helfer (Ratschings), Peter Volgger (Sterzing), Stefan Gufler (Pfitsch), Verena Überegger (Freienfeld) und Thomas Klapfer (Franzensfeste) mit dem Transparent: Staatsstraße: Umfahrung & und kein Umwegverkehr!
Zum ersten Mal traten damit die Wipptaler Bürgermeister gemeinsam öffentlich gegen die unerträglich gewordene Verkehrsbelastung auf. Im Anschluss an die Protestaktion unterzeichneten sie ein Memorandum mit ihren Forderungen. Dazu zählen unter anderem der schnellstmögliche Bau der Umfahrungsstraßen in Gossensaß und Mauls, ein länderübergreifendes Baustellenmanagament auf der Autobahn, Einhausungen und Lärmschutzwände von der Mautstelle Sterzing bis nach Steckholz, die Einrichtung eines Halbstundentaktes im Zugverkehr zwischen Bozen und Innsbruck sowie ein Abfahrtsverbot für Pkw und Lkw von der Autobahn, Ziel- und Quellverkehr ausgenommen.
Der Kundgebung fern blieben hingegen die politischen Vertreter des nördlichen Wipptales – Wahlkampf, wie es hieß. Wohl eher dürfte sie die Anwesenheit des „Papstes“ der Transit-Gegner, Fritz Gurgiser, abgeschreckt haben, den die konservativen politischen Kräfte meiden wie der Teufel das Weihwasser. Dafür nahmen zahlreiche Südtiroler Politiker quer durch alle politischen Lager an der Protestaktion teil – selten hatte man soviel Landtagsabgeordnete und Gemeindepolitiker an einem Ort versammelt gesehen. Auch die SVP-Parlamentarier Meinhard Durnwalder und Renate Gebhard waren nach Gossensaß gekommen.
Es war einmal …
„Wir protestieren, weil die derzeitige Situation nicht mehr akzeptabel ist. Es wird schlimmer und unsere Gesundheit leidet“, so Martin Alber. Wie der Bürgermeister der Gemeinde Brenner erklärte, sei der Kurort Gossensaß vor rund hundert Jahren ein wunderschönes Dorf gewesen, das von einer wunderbaren Form des Tourismus lebte und mit wunderschönen Hotels, mit einer Thermalquelle und mit einem wunderschönen Standort glänzte. „Das war einmal, denn inzwischen ist vieles passiert. Nicht alles ist die Schuld des Verkehrs – aber vieles“, betonte Bürgermeister Alber und nannte einige erschreckende Zahlen: Zu Christi Himmelfahrt am 26. Mai wurden an der Verkehrszählstelle in Sterzing bei der Einreise 10.300 Fahrzeuge gezählt, bei der Ausreise 5.200. Nach dem verlängerten Wochenende, am 29. Mai, wurden 10.700 Fahrzeuge bei der Ausreise gezählt und bei der Einreise wiederum 5.200. Durchschnittlich waren rund 12.000 Fahrzeuge seit April auf der Staatsstraße unterwegs – zwei Millionen Fahrzeuge zwischen Anfang April und Mitte September.
Ohrenbetäubend, gesundheitsgefährdend, psychotisch, zersetzend, giftig, gefährlich, heimtückisch, vernichtend – das Ganze ist einfach nur traurig, und seit heute hoffentlich auch aufbegehrend.
„Ohrenbetäubend, gesundheitsgefährdend, psychotisch, zersetzend, giftig, gefährlich, heimtückisch, vernichtend – das Ganze ist einfach nur traurig, und seit heute hoffentlich auch aufbegehrend“, beschrieb Alber die Situation. „Verkehr geht uns alle an“, erklärte auch Armin Keim von der Bürgerliste und als Gemeindereferent zuständig unter anderem für die Fraktion Gossensaß. Autobahn, Staatsstraße und Eisenbahn führen durch Gossensaß hindurch oder daran vorbei. „Dass diese Belastung gesundheitsschädlich ist, darüber brauchen wir gar nicht zu diskutieren“, so Keim, der weiters auf den Sicherheitsaspekt hinwies: Vom Nussbaumer bis zur Brücke ist die Staatsstraße eine einzige Engstelle und die Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 km wird nicht eingehalten. Auch Ivan Ponzano vom CAI beklagte die Untätigkeit vonseiten der Politiker und forderte, endlich Taten zu setzen. Robert Renzler, ehemaliger Generalsekretär des österreichischen Alpenvereins AVS, erklärte dass sowohl nördlich wie auch südlich des Brenners eine konsequente Verkehrspolitik fehle. Welche Wirkung eine solche Politik haben könnte, könne man am Beispiel Schweiz sehen, wo der Verkehr in den vergangenen Jahren maßgeblich gedrosselt wurde. Nachdem die österreichische Politik kapituliert habe und auch aus Rom keine positiven Zeichen kämen, bleibe nur mehr die grenzüberschreitende Solidarisierung aller Wipptaler Gemeinden, um die gemeinsamen Anliegen durchzusetzen.
Kurz vor dem Infarkt
EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann wies auf die große Bedeutung der Brennerautobahn für Südtirols Wirtschaft hin, allerdings stehe die Verkehrsachse kurz vor dem Infarkt. „Die Sanierung der Lueg-Brücke wird diesen Infarkt nur beschleunigen“, so Dorfmann und betonte, dass laut Verkehrsprognosen in den nächsten zehn Jahren mit einem Verkehrszuwachs von 50 Prozent zu rechnen sei. „Mit diesem Zuwachs steht die Brennerautobahn nicht nur am Wochenende, sondern an jedem Tag“, betonte der EU-Politiker, der erklärte, dass es endlich ein Gesamtkonzept für die Autobahn brauche, die durch drei Länder von Verona bis München führe.
Mit diesem Zuwachs steht die Brennerautobahn nicht nur am Wochenende, sondern an jedem Tag.
Dorfmann wies ebenfalls darauf hin, dass der vielgescholtene Lkw-Verkehr nicht an allem Schuld sei, schließlich stehe die Autobahn gerade dann, wenn die Lkw nicht fahren dürften, und zwar an den Wochenenden. Schuld seien somit die Pkw, welche in Österreich kaum und in Deutschland gar nicht bemautet werden. „Das ist die Tatsache“, so Dorfmann. „Solange weder der Verkehr für den Lkw noch Pkw maßgeblich verteuert wird, wird auch der Schienenverkehr uninteressant bleiben.“
Fritz Gurgiser rief in seiner Brandrede zum Widerstand, zur Solidarisierung und zu einer Änderung auf, die bei uns selbst beginnen müsse. Weiters sagte er der Wipptaler Initiative seine Unterstützung im Kampf gegen die Verkehrsbelastung zu.
Ebenfalls zu Wort kamen Franz Ploner, der auf die schädlichen Folgen von Lärm- und Umweltbelastungen für die menschliche Gesundheit hinwies, und Dr. Massimiliano Baccanelli, Hausarzt in der Gemeinde Brenner, sowie Magdalena Amhof und Meinhard Durnwalder.
Zum Abschluss der Kundgebung las Martin Alber das gemeinsam verfasste Memorandum vor, das im Anschluss von allen Bürgermeistern unterzeichnet wurde.
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gehe jede Wette ein dass von
gehe jede Wette ein dass von Dorfmann, Amhof, Durnwalder, Ploner, Gebhard und den 5 Bürgermeistern maximal 2 = 20% mit dem Zug/Bus zur Kundgebung gekommen sind
In reply to gehe jede Wette ein dass von by Heinz Dellago
Heinz for Mobilitätslandesrat
Heinz for Mobilitätslandesrat!
Die Macht-habenden Politiker
Die Macht-habenden Politiker werden nach NEO-LIBERALER ART auf diesen Protest hin, allmälich an die Planung einer möglichst VERROHRTEN, sehr kostspieligen, sehr GEFÄHRLICHEN (die Umfahrungen verleiten zum NICHT KONTROLLIERTEN Überschreiten der Geschwindigkeit, um die STAU-bedingten Verlustzeiten aufzuholen) technisch den heutigen Verkehrs bedingungen angepassten Lösung (Mülbach, Bozen Süd, usw.) schreiten, statt wie unlängst bei SCHULERs BETTEN-STOP-GESETZ passiert, ein Gesetz zusammen zu schustern (... Verzeihung vom ehrsamen Gewerbe der Schuster, die noch Schuhe reparieren) das alle zukünftig ERFORDERLICHEN??? GÄSTE-BETTEN ermöglicht, statt der GIER nach IMMER MEHR, GRÖßER und SCHNELLER, die durch die KLIMA-KRISE gebotenen EINSCHRÄNKENDEN MAßNAHMEN zu setzen.
Habe im Radio die Nachricht
Habe im Radio die Nachricht vernommen, dass die SVP hinter den Protestaktionen steht. Aber da beißt sich die Katze in den Schwanz. Seit 70 Jahren regiert die Sammelpartei praktisch alleine und ist dafür auch verantwortlich. Also noch einmal: die SVP unterstützt die Protestaktionen gegen ihre eigene Partei, die bis Dato nichts dagegen getan hat. Anscheinend kann man den Bürgern sagen, was man will, man glaubt es.
Prinzipiell gut gemeint und
Prinzipiell gut gemeint und höchst notwendig. Warum haben sich die Wipptaler, betreffen würde es auch die Eisacktaler, nicht schon früher mit Gurgiser und Platter abgesprochen? Die Nordtiroler waren in diesem Punkt viel kritischer und kämpferischer als unsere Politiker. Auch würde mich wundern, wie viel mann/frau zu diesem Thema nach den Wahlen noch hört.