Economy | Landwirtschaft

Der Teufel steckt im Detail

Auch die Landwirtschaft muss beim Klimaschutz aufs Gas drücken. Die Kellerei Bozen legt als erster Betrieb der Südtiroler Weinwirtschaft einen Nachhaltigkeitsbericht vor.
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Foto: Max Tutak on Unsplash
Die Kellerei Bozen stellte gestern, am 23. August, ihren ersten Nachhaltigkeitsbericht nach den UN-Kriterien der SDG (Sustainable Development Goals) der Presse vor, den sie gemeinsam mit dem Ökoinstitut und dem Raiffeisenverband erstellt hat. In Nachhaltigkeitsberichten fassen Unternehmen ihre wirtschaftliche Tätigkeit zusammen und gehen dabei nicht nur auf die wirtschaftlichen, sondern auch auf die sozialen und ökologischen Aspekte ein.
 
 
Als Basis eines Nachhaltigkeitsberichts dienen die erfassten Daten der Wertschöpfung. In dem Fall der Kellerei Bozen sind die Emissionen in der Weinproduktion, wie auch eine Eurac-Studie kürzlich bestätigte, bei der Verpackung am höchsten. Sie entstehen durch die Materialnutzung von Flaschen, Korken, Kapseln, Etiketten und Ähnlichem. Am zweitmeisten Emissionen fallen beim Weinanbau an, es folgen Transport und Abfälle sowie allgemeiner Materialverbrauch.
 

Produktion

 
Die Treibhausgasemissionen der Genossenschaft sind in den vergangenen drei Jahren um 14 Prozent gesunken, indem an vielen Stellen gedreht wurde. Für den Energieverbrauch nutzt die Kellerei Ökostrom und für den Wärmebedarf zu 80 Prozent Holzpellets, die zu den erneuerbaren Energiequellen zählen. Die Kühlung erfolgt in dem tiefen, unterirdischen Keller primär natürlich. Und der Stromverbrauch ist gering, weil von Verarbeitungsschritt zu Verarbeitungsschritt die Schwerkraft genutzt wird. Auf den Einsatz von Pumpen kann so weitgehend verzichtet werden.
Eine weitere Verbesserung soll nun die Gewinnung von Sonnenenergie bringen: Auf der Nordseite, am höchsten Punkt der Anlage, sind 1.800 Quadratmeter Photovoltaik-Fläche geplant. Damit sollen 300.000 Kilowattstunden Strom gewonnen werden, rund ein Viertel des derzeitigen Stromverbrauchs. Das Investitionsvolumen liegt bei rund 500.000 Euro.
 
 

Verpackung

 
Außerdem werden Emissionen bei der Verpackung reduziert, indem Weinflaschen aus 60 bis 75 Prozent Recyclingglas und Weinkartone aus 85 Prozent recyceltem Karton verwendet werden. Zudem will die Genossenschaft das Gewicht ihrer Weinflaschen um 10 bis 15 Prozent reduzieren. Die Gewichtsreduktion würde eine bis zu 20-prozentige Reduktion bei den Emissionen zur Folge haben.
 

Maßnahmenkatalog

 
Der Nachhaltigkeitsbericht listet insgesamt rund 50 Maßnahmen auf, die nun abgearbeitet werden – dazu gehört die Optimierung beim Wasserverbrauch durch Nutzung des Regenwassers sowie Maßnahmen im sozialen Bereich, dazu zählt etwa die Personalentwicklung und die Unterstützung der Elternzeit für Väter. Auch die Gründung einer Energiegemeinschaft gemeinsam mit den Mitgliedern ist angedacht.
 
 
Eine interne Arbeitsgruppe soll die Projekte nun weitertreiben, um das nächste große Ziel in Angriff nehmen zu können: Die Zertifizierung der Kellerei nach dem nationalen Qualitätssystem für integrierte Produktion SQNPI. Das Qualitätssystem umfasst landwirtschaftliche Methoden, wo der Einsatz von Chemikalien reduziert wird, um die Artenvielfalt zu schützen.
„Klar ist, dass wir den Weg der Nachhaltigkeit im Gleichschritt mit unseren Mitgliedern gehen“, betont Obmann der Genossenschaft, Michl Bradlwarter. „Sie sind unsere wichtigsten Partner und sie werden wir aktiv auf dem Weg in Richtung zukunftsfähige Wirtschaft mitnehmen.“
 

Eckdaten

 
Insgesamt produzierten die Kellerei Bozen in den Jahren 2020 und 2021 2.073.988 Liter Wein aus 15 Rebsorten mit Trauben, die auf einer Anbaufläche von insgesamt 363 Hektar gewachsen sind – das macht 1.464,89 Tonnen CO2-Äquivalente plus die Emissionen aus dem Weinanbau. In der Datenerfassung der Kellerei Bozen wurde der Weinanbau der 220 Mitglieder nicht berücksichtigt, laut Vergleichswerten aus der Literatur würden diese rund 518,5 Tonnen CO2-Äquivalenten entsprechen. Eine Tonne CO2-Äquivalente entspricht einer Fahrt über 4.900 Kilometer mit einem Mittelklasse-Benziner. Um diese Summe an Treibhausgasen durch Photosynthese zu speichern, braucht eine Buche ungefähr 80 Jahre.
 
 
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Günther Mayr Wed, 08/24/2022 - 11:37

"In der Datenerfassung der Kellerei Bozen wurde der Weinanbau der 220 Mitglieder nicht berücksichtigt" - und, für was soll das ganze dann gut sein?
hurra, ich bin auch nachhaltig, kann meine schuhe noch selbst binden! :-)

Wed, 08/24/2022 - 11:37 Permalink
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Dietmar Nußbaumer Wed, 08/24/2022 - 13:19

Die Landwirtschaft verbraucht ohne Zweifel zu viele Ressourcen: Energie in Form von Dünger, Pflanzenschutzmitteln und Treibstoff sowie Wasser. Man kannnatürlich die bösen Landwirte dafür verantwortlich machen (kurz gedacht), oder den Handel, der die Abhängigkeit der Bauern ausnutzt. Alternativen gelingen nur, wenn der Handel mitspielt. Die Qualitätsansprüche sollten vernünftig runtergefahren werden.

Wed, 08/24/2022 - 13:19 Permalink
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Josef Fulterer Thu, 08/25/2022 - 06:41

In reply to by Dietmar Nußbaumer

Nachhaltig ...?
Da hat man wohl beide Augen zugedrückt und "den Abau des Weines mit der hohen chemischen Unterstützung heraus gelassen," um an das Zertifikat der Nachhaltigkeit zu kommen.
Der Bau mit der Aushöhlung für die unterirdische Kellerei (sehr aufwändige Bagger- und Transportarbeiten) und der außerirdische hoch verglaste Rapresentaionsbau mit den hohen Klimatisierungskosten, wurden wohl auch übersehen.

Thu, 08/25/2022 - 06:41 Permalink
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Dietmar Nußbaumer Thu, 08/25/2022 - 12:38

Den Tatsachen zuliebe muss erwähnt werden, dass der Weinbau mit weniger Dünger, Pflanzenschutz und Wasser auskommt. Über Glasfassaden lässt sich natürlich streiten.

Thu, 08/25/2022 - 12:38 Permalink
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Kurt Resch Thu, 08/25/2022 - 16:09

Kompliment, ein erster Schritt ist getan, jetzt fängt die richtige Arbeit an. Beim nächsten Bericht sieht man dann die Veränderungen.
Ein Nachhaltigkeitsbericht oder CO2 Bilanz sollte für jeden Betrieb verpflichtend werden, damit man sieht in welchen Bereichen gearbeitet werden muss, um CO2 einzusparen, oder wo man sich sozial verbessern kann.

Thu, 08/25/2022 - 16:09 Permalink
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Stefan TAFERNER Fri, 08/26/2022 - 09:35

Alles Gut und Recht, ein erster Schritt ist getan. Aber warum ein solches Qualitätszertifikat verwendet wurde??? Es gibt internationale Standard die in aller Welt bekannt sind und angenommen werden, sprich EMAS und alle ISO 14.000 Unterarten. Diese beinhalten ALLE Informationen zur Umweltbelastung wie Water Food Print, Lebenszyklus (LAC), soziale, etische und wirtschaftliche Komponente (LCC), usw. Man bekommt den Eindruck, daß nur das Mindeste bekannt gegeben wird.
Trotzdem: ein erster Schritt....

Fri, 08/26/2022 - 09:35 Permalink
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Josef Fulterer Sun, 08/28/2022 - 06:50

In reply to by Stefan TAFERNER

Der Unfug mit diesen Qualitätszertifikaten, inzwischen mit inflatorischen Wert, beschert ihren Erfindern ein reichliches Einkommen.
Das Ergebnis ist außer der lästigen Schnüffelei im Betrieb, nur ein dicke Schwarte mit nichtssagenden Banalitäten, die Niemand wirklich liest.
Bei ISO haben es "die tüchtigen Initiatoren" sogar geschafft, die öffentlichen Verwaltungen "dafür zu sensibilisieren," sodass zeitweilig "diese ? Zertifizierung" sogar als Bedingung für die Ausschreibungen auferlegt wurde.

Sun, 08/28/2022 - 06:50 Permalink
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Stefan S Sun, 08/28/2022 - 16:27

In reply to by Josef Fulterer

"Bei ISO haben es "die tüchtigen Initiatoren" sogar geschafft, die öffentlichen Verwaltungen "dafür zu sensibilisieren," sodass zeitweilig "diese ? Zertifizierung" sogar als Bedingung für die Ausschreibungen auferlegt wurde."
ISO Standards und Normen in Frage zu stellen ist fahrlässig und leichtsinnig. Und klar sind die auch bindend in öffentlichen Ausschreibungen. Wie war das noch mit der Maskenaffäre?! Da wurden sämtliche ISO Normen missachtet!
" ein dicke Schwarte mit nichtssagenden Banalitäten,"
Ist seit 2015 auch Geschichte weil die Norm eine gewissenhafte interne und spezifische betriebliche Dokumentation grundsätzlich vorgibt.
Ohne die ganze ISO hätten wir Zustände wie in Asien, Mittel u. Südamerika oder Afrika.
Wenn der Industriestandard von Finanz, Versicherungs und sonstigen Dienstleistungsunternehmen billig abgekupfert wird um potenzielle Kunden zum Kauf zu bewegen, in diesem Fall die Kellerei Bozen, dann ist dies reine Marketing und Vertriebsstategie.

Sun, 08/28/2022 - 16:27 Permalink
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Dietmar Nußbaumer Sun, 08/28/2022 - 13:41

Zertifikate sind großteils eine Konsumentenverarsche. Der Handel verlangt diese Papiere, an sich ist es dem Handel (v.a. den Discountern) sch...egal, was da drinnen steht. Diese begnügen sich damit, die Produktpreise bis zum Gehtnichtmehr runterzudrücken. Dafür bekommen die Geschäftsführer satt Kohle.

Sun, 08/28/2022 - 13:41 Permalink