Economy | Eppan
Chronik einer Pflanzerei
Foto: Matteo Scaglnol/Modus Architecs
Man kann sie wohl kaum als oppositionelle Querköpfe abtun. Peter Brigl war Obmann des Südtiroler Beratungsringes, der Südtiroler Sommeliersvereinigung und er saß 15 Jahre lang als Vizebürgermeister für die SVP im Eppaner Gemeinderat. Auch Ehrentraut Riegler war mehrere Amtsperioden lang SVP-Referentin für Soziales und Umwelt in der Gemeinde Eppan.
Die beiden Girlaner SVP-Vertreter haben in ihrer Fraktion seit knapp zehn Jahren auch eine andere wichtige Funktion. Peter Brigl ist der Präsident und Ehrentraut Riegler seine Stellvertreterin der „Weinwelten Girlan“ und der Arbeitsgruppe „Vineum“.
Die beiden Vereine sind Träger eines Projekts über dessen Umsetzung man seit über 15 Jahren zwischen Land und Gemeinde verhandelt. In Girlan gibt es – wie in vielen Überetscher und Unterlandler Dörfern – eine Reihe von Jahrhunderte alten Kellern, die ein ganz besonderes Flair haben. Weil die Keller sich im Dorfkern befinden und durch unterirdische Gänge verbunden sind (bzw. verbindbar sind), wurde die Idee einer „Girlaner Kellerwelt“ geboren. Es sollte eine Art unterirdisches Weinmuseum mit Verkostung werden. Finanziert vom Land und der Gemeinde Eppan und geführt von den Eppaner Kellereien gemeinsam, plante man eine ganz besondere Attraktion. Für die Umsetzung des Projekts wurde schon 2011 die Arbeitsgruppe „Vineum“ gegründet, der alle Akteure auch die Gemeinde Eppan angehören.
Weil es um viel Geld geht, kam das Projekt immer wieder ins Stocken. Nach dem politischen Machtwechsel in der Überetscher Großgemeinde 2010, als die SVP den Bürgermeistersessel an die Bürgerliste und Wilfried Trettl verlor, sprach sich auch die neue Gemeindeverwaltung für das Projekt aus. So beschließt der Gemeinderat noch im Oktober 2011 den Ankauf eines der für das Projekt zentralen Keller. Inzwischen hatte ein Eppaner Unternehmer den Großteil der Keller erworben. Es folgten jahrelange Verhandlungen und verschiedene Vorschläge und Abmachungen, doch am Ende wird nichts davon umgesetzt. Obwohl ein sehr ehrgeiziges Projekt vorgestellt und die Gemeinde viel Geld für die Weinwelten ausgibt, schafft man es innerhalb von neun Jahren nicht den beschlossenen Kauf des Kellers auch umzusetzen.
Der größte Knackpunkt sind dabei die Führungskosten für das Prestigeprojekt. Die Gemeindeverwaltung wollte eine Zusicherung von den Trägern und der Weinwirtschaft, dass sie mögliche Defizite ausgleichen. Doch hier kam man sich anscheinend kaum näher.
Die Gemeinde Eppan befindet sich – wie viele Südtiroler Kommunen – derzeit finanziell in einer sehr schwierigen Phase. Damit scheint das Projekt endgültig gestorben zu sein. Auch weil der private Unternehmer die Keller jetzt zum Verkauf angeboten hat. Das Absurde an der Sache: Er kann jetzt jene urbanistischen Benefits mitverkaufen, die ihm die Gemeinde bei den Verhandlungen zum Kellerprojekt zugestanden hat.
Das Schreiben
Die Initiatoren der Weinwelten wollen sich das aber so nicht gefallen lassen. Weinweltenpräsident Peter Brigl und seine Stellvertreterin Ehrentraut Riegler haben deshalb jetzt an die Vereinsmitglieder ein Schreiben verfasst, das auch an die Eppaner Gemeindeausschuss ging.
Der Titel des Briefes ist dabei bereits Programm: „Chronik einer Pflanzerei“. Im Schreiben heißt es:
"Damit die historischen Keller in die Zukunft gerettet werden können müssen sie mittels Übernahme durch die öffentliche Hand vom Markt genommen werden. Nachdem es uns gelungen ist die Keller unter Ensembleschutz zu stellen hat die Gemeinde unter Bürgermeister Lintner bereits 2008 den ersten Keller mittels Raumordnungsvertrag erworben.
Seit damals bemüht sich der Verein Weinwelt Girlan und die jeweiligen Girlaner Politiker weitere Keller von den privaten Besitzern in das Gemeindeeigentum zu übernehmen.
Jedes Jahr wird im Gemeindehaushalt Geld für den Kauf verpflichtet, aber genauso regelmäßig wird es im Lauf des Jahres wieder umgebucht und anderweitig verwendet. Im Jahr 2011 hat Landeshauptmann Durnwalder versprochen die gesamte Finanzierung für den Bau des Vineums zu übernehmen, wenn die Gemeinde Eigentümerin der Keller wird. Deshalb wird im Gemeinderat am 5.10.11. beschlossen alle vorgesehen Keller zu erwerben und eine weitere Million € für die Planung des Vineums vorzusehen. Nebenbei wurde auch beschlossen, dass die Gemeinde Mitglied des Vineums wird. Dieser Beschluss wurde bis heute weder durchgeführt noch widerrufen.
Dann beginnt der Irrweg. Anstatt die Keller zu kaufen wird ein Ideenwettbewerb europaweit ausgeschrieben. Obwohl es bereits ein Projekt von Marseiler und Kautz gab. Immer wieder tauchen beim Bürgermeister neue Ideen auf um den Ankauf zu verhindern. Auch der jetzige Landeshauptmann Kompatscher verspricht sobald die Gemeinde Eigentümerin der Keller wäre das Projekt mitzufinanzieren.
Der BM verlangt dauernd, dass sich die Kellereien schriftlich verpflichten müssen die eventuellen Verluste bei der Führung des Vineums übernehmen. Weil sich die Kellereien weigern, weigert sich der BM die Keller zu kaufen.
Durch dieses Verhalten wird ein ganzes Dorf zum Narren gehalten, und jeder Möglichkeit einer authentischen Weiterentwicklung beraubt.
Nach jahrelanger Überzeugungsarbeit von Seiten der Weinwelt und der politischen Vertreter aus Girlan fand Anfang Jänner 2018 ein Lokalaugenschein in den Kellern der ehemaligen Kellerei J. Brigl statt und am 21. Februar gab es den Gemeinderatsbeschluss mit dem jetzigen Eigentümer Gasser in Verkaufsverhandlungen zu treten.
Im Februar 2018 bekam Gasser von der Baukommission positives Gutachten zum Bau von Kellerwohnungen. Gasser baut ein Jahr lang nicht, verlängert aber im Februar 2019 die Baugenehmigung und bietet die Keller im Internet zum Verkauf an.
Dann kam die Idee auf, die Keller fertig gestellt zu kaufen und der jetzige Eigentümer (Gasser) sollte die Arbeiten durchführen, weil es unbürokratischer durchführbar sei. Es wurde beschlossen den Kanalisierungsanschluss zu verlegen die Außenabschlüsse zu machen die Toiletten fertig zu stellen den Durchbruch zum Vineumkeller vorzunehmen, Lichtanschlüsse festzulegen und sogar welcher Boden der passende wäre.
Dann passiert wieder nichts. Der Eigentümer wird ungeduldig und die Weinwelt sucht nach Wegen die Verhandlungen aufrecht zu erhalten.
Nachdem der Verkauf des alten Widums vom Gemeinderat abgelehnt wurde, kam sofort die Aussage, dass die Keller deshalb nicht gekauft werden können.
Dann wollte der Eigentümer der Keller der auch ein Grundstück in der Zone Maria Rast. hat einen Raumordnungsvertrag mit der Gemeinde abschließen. Das wollte Bürgermeister Trettl aber gerade vor den Wahlen nicht. Gasser versprach, wenn der Raumordnungsvertrag zu Stande kommt, die Keller der Gemeinde für 320.000 € plus Mehrwertsteuer zu verkaufen.
Bei der letzten Gemeinderatssitzung vor den Wahlen am 16. Juli 2020 wird nochmals mit großer Mehrheit beschlossen die Keller der ex Kellerei J. Brigl von Eigentümer Gasser zu kaufen.
Es vergeht wieder viel Zeit und solange es keinen Gemeindeausschuss gibt, passiert wieder nichts. Weil der Gemeindehaushalt nicht ausgeglichen werden kann, soll der IRPEF Zuschlag wiedereingeführt werden. Reinhard (gemeint ist der SVP-Bürgermeister-Kandidat und jetzige Finanz- und Urbanistikreferent Reinhard Zublasing – Anm. Christoph Franceschini) sagt, dass wenn wir nicht zustimmen und die Einkommensgrenze auf 28.000 € festgelegt würde, es kein Geld für die Keller gebe.
Reinhard sagt er habe nun die Finanzierung für den Kauf gesichert und teilte das Gasser mit.
Am 21. Dezember hat der neue Finanzreferent Reinhard Zublasing unserem Ortobmann mittgeteilt, dass Gasser die Keller einem Privaten verkauft hat.
Habe mit Richard Franchi der einen Anteil an den Kellern besitzt aber nicht im Grundbuch steht gesprochen, der wusste am 24. 12. noch nichts. Er hat dann mit Andreas Gasser telefoniert der ihm den Verkauf an eine Baufirma aus Bozen bestätigt hat. Jetzt werden in den Kellern Wohnungen gebaut für die die Gemeinde auch noch die Baugenehmigung ausgestellt hat!
Jetzt werden in den Kellern Wohnungen gebaut für die die Gemeinde auch noch die Baugenehmigung ausgestellt hat!
Das war im groben Überblick die Geschichte der "Bemühungen" der Politik die Rettung der Keller zu verhindern, wobei nicht alle Umwege, Irrwege und Sackgassen aufgezählt werden.
Durch dieses Verhalten wird ein ganzes Dorf zum Narren gehalten, und jeder Möglichkeit einer authentischen Weiterentwicklung beraubt.
Wer die Verantwortung für dieses unwürdige Spiel hat, darüber kann sich jeder Leser selber ein Bild machen. Nebenbei ist Wilfried Trettl auch Mitglied der Weinwelt. Die Gemeinde ist Mitglied der Vineum Arbeitsgruppe."
Spätestens nach diesem Brandbrief liegt der Ball jetzt wieder beim Eppaner Bürgermeister.
Please login to write a comment!
Es ist einfach immer den
Es ist einfach immer den Bürgermeister die Schuld in die Schuhe zuschieben,als Aussenstehender kann ich Trettl verstehen, die ganze Weinwelt ist ein Fass ohne Boden, das Projekt muss sich selbst tragen, wenn die Kellereien nicht mitspielen, dann ist es besser alles bleiben zulassen.
Wenn Private ihre Keller an Investoren verkaufen, nur um etwas zu verhindern ist auch der Bürgermeister nicht schuld.
Die Gemeinde ist nicht immer die Melkkuh für die Wirtschaft.
Wer pflantzt wem?? das ist
Wer pflantzt wem?? das ist die Frage.
Trettl ist nicht der Schuldige.
Nein, mit dem Verhindern des
Nein, mit dem Verhindern des Vineums wurde nicht eine Rettung der Keller verhindert, sondern ein größenwahnsinniges Projekt das zur damaligen Zeit nicht verwirklichbar war und das umso weniger heute unter gegebenen finnziellen Voraussetzungen verwirklichbar war/ist.
Das nun diese Keller in den Rachen der Immobilienhaie gefallen sind, ist das wesentliche, widerwertige Ergebnis der Politik Trettl/Zublasing und deren Lobby(s).
Natürlich hätte man die Keller, wenn gewollt, retten können, als neuen kulturellen Treffpunkt, als ein einfaches aktionistisches Weinmuseum etc.
Aber leider wurden meines Wissens keine Alternativprojekte zum damaligen "Vineum" in Betracht gezogen, oder auch nur vorgestellt.
Dass sich die alten SVP Granden/inen nun so ecchauffiern scheint mir eher eine letzte "Retourkutsche" an die neuen Gemeindebonzen zu sein.