Geschäfte mit sauberem Strom
Trotz der allgemeinen Erwünschtheit von erneuerbaren Energien lässt die Energiewende auf sich warten. Genossenschaftliche Geschäftsmodelle können das ändern – aber nicht allein.
Vor drei Jahren ist Hans Mönninghoff in die Energiegenossenschaft seiner Gemeinde eingestiegen. Inzwischen ist er deren Aufsichtsratsvorsitzender und dieses Wochenende präsentiert er das Vorzeigeprojekt „NaturEnergie Region Hannover eG“ bei den Toblacher Gesprächen.
„Wer seinen Strom selbst macht, entwickelt ein Bewusstsein für dessen Kostbarkeit“, ist er überzeugt. In seiner Genossenschaft allein sind das bereits 270 Personen, die insgesamt eine Million Euro eingebracht haben. Mit 18 Photovoltaikanlagen wird für 1200 Menschen Strom bereitgestellt, zwei Nahwärmenetze versorgen 60 Haushalte mit Wärme aus Biogas. Das nächste Projekt sollen Windenergieanlagen sein.
Während der Energiekonzern RWE durch das Ringen um die letzten Kohlefördergebiete im Moment mehr und mehr an Ansehen verliert, entstehen in Deutschland immer mehr solcher Projekte in Bürgerhand. „Insgesamt sind ungefähr eine Million Menschen direkt oder indirekt an der Produktion von grünem Strom beteiligt“, sagt Mönninghoff.
Andere Geschäftsformen für andere Energien
Erneuerbare Energien sind grundsätzlich anders als Kohle, Gas, Öl oder Atomstrom. Denn während man mit den traditionellen Kraftwerken die Leistung gut an den Bedarf anpassen kann, ist Strom aus Sonne, Wind und Wellen nicht so einfach planbar. Umso wichtiger wird die Vernetzung über Länder hinweg – je mehr verschiedene Kraftwerke und Verbraucher an verschiedenen Orten zusammenkommen, desto leichter der Ausgleich. Das zweite große Thema ist das Speichern von Energie. Drittens müssen sich auch die Verbraucher umstellen. Durch fossile Energien wurde die Gesellschaft daran gewöhnt, dass Energie immer auf Abruf in jeder gewünschten Menge bereitstand. In Zukunft werden sich Betriebe und Haushalte eher flexibel an die Verfügbarkeit anpassen – auch das ist gemeint, wenn man von „Smart Grids“, also „schlauen Netzen“ spricht. Sie sollen Angebot und Nachfrage an Strom koordinieren.
Besonders gut funktioniert das, wenn Produzenten und Konsumenten dezentral vernetzt sind, zum Beispiel eben durch Genossenschaften. Ein großer Kontrast zu dem traditionellen Modell von monopolistischen Firmen, die mit riesigen Kraftwerken ganze Regionen versorgen.
Mönninghoff sieht noch andere Vorteile von Genossenschaften. Sie seien politisch sinnvoll, weil sie Bürger in die Erzeugung von Energie involvieren, demokratisch, weil jedes Mitglied unabhängig vom eingebrachten Kapital eine Stimme hat, dauerhaft und nachhaltig, weil Ziele und Projekte bestehen bleiben, auch wenn einzelne Genossen aussteigen, und weil solide, nicht spekulative Geschäfte gefördert werden.
Wegweisende Politik statt grüner Märchen
Allerdings können Genossenschaften alleine keine Energiewende herbeiführen. Die Politik ist gefragt, ein Umfeld zu schaffen, das erneuerbare Energien fördert. „In Deutschland bekommen wir einen langfristig garantierten Mindestpreis für die grüne Energie, die wir ins Netz einspeisen. Diese Sicherheit ist wichtig, damit sich die Leute trauen, in solche Projekte zu investieren.“, erklärt Mönninghoff. Und nicht für alle Energieträger ist das Modell geeignet: Um Windparks aufzustellen, braucht es um einiges mehr Kapital: Solche Großprojekte sind für einfache Genossenschaften zu riskant und teuer.
Mönninghoff warnt auch vor grünen Märchen: „Um den gesamten Energieverbrauch aus C02-freien Quellen zu decken, muss der Verbrauch sich um ungefähr die Hälfte verringern.“, sagt er. Dieses Bewusstsein ist im Moment wenig verbreitet – im Gegenteil, Elektroautos werden gefördert, ohne zu überlegen, wo all die erneuerbare Energie dafür herkommen soll. Sparpotentiale gibt es hingegen in der Mobilität – öffentliche Verkehrsmittel statt Individualverkehr – und bei der energetischen Sanierung von Gebäuden.