Wenn aus Verzicht Gewohnheit wird
Mit Fasten einen Beitrag zur Rettung von Klima und Umwelt leisten: Auch dieses Jahr rufen Regala Zukunft und Mava Seggo dazu auf, im Selbstexperiment neue Gewohnheiten testen und damit die eigene Lebensqualität sowie jene zukünftiger Generationen zu verbessern. Dabei muss Verzicht nicht unbedingt Verlust bedeuten; für viele ist er ein Gewinn.
Letztes Jahr haben 279 Menschen mitgefastet. Dieses Jahr sollen es dank der Unterstützung von Fridays for Future Southtyrol und 1kHopes, sowie der Kampagne "Verzicht" vom Forum Prävention noch mehr werden. Dabei sind vor allem auch die politischen EntscheidungsträgerInnen dazu aufgerufen, ein Zeichen zu setzen und mitzufasten. Die beiden Abgeordneten der Grünen, Brigitte Foppa und Riccardo dello Sbarba sowie Maria Elisabeth Rieder und Franz Ploner vom Team K haben sich bereits auf der Wall of Fame der Fastenkampagne angesiedelt.
Salto.bz hat mit Nadia Sorg von Regala Zukunft über die Kampagne gesprochen.
Salto.bz: Nadia Sorg, Regala Zukunft ruft zusammen mit drei weiteren Umweltorganisationen zum Fasten auf. Welche Ziele werden durch diese Aktion verfolgt?
Nadia Sorg: Wir möchten das Bewusstsein dafür schärfen, in welcher Zeit wir heute leben. Der Klimawandel existiert. Auch wenn die Welt von anderen Krisen - von Covid bis zum Krieg - heimgesucht wird, müssen wir jetzt auf die Klimakrise reagieren.
Die Aktion ruft dazu auf, während der Fastenzeit 40 Tage lang auf das eine oder andere klima- und umweltschädliche Verhalten zu verzichten. Welche Auswirkungen erwartet ihr euch?
Wenn wir ein gewisses Verhalten für mehrere Wochen am Stück durchziehen, können wir neue Gewohnheiten schaffen. Diese Erkenntnisse stammen unter anderem aus der Ernährungslehre. Über den Zeitraum von 40 Tagen können wir uns also hin zu einer besseren Lebensform bewegen. Eine Lebensform, die auf dem “buen vivir”, dem guten Leben fußt. Das heißt, dass wir eine gewisse Zufriedenheit entwickeln, die auch ein “genug” enthält, ohne, dass eine andauernde Optimierung angestrebt werden muss.
Bei der Aktion ist jede und jeder dazu aufgerufen, sich eigene Ziele zu stecken: vegetarisch oder vegan, Verzicht aufs Auto oder eine stark verringerte Müllproduktion. Wer schaut darauf, ob man sich auch wirklich daran hält?
Das muss jede und jeder mit sich selber ausmachen. Es geht nicht darum, dass die Dinge ganz genau so ein- und festgehalten werden und auch nicht darum, einen Wettbewerb im Sinne von: “Wer schafft mehr?”, zwischen den einzelnen Personen zu kreieren. Wir wollen die Menschen dazu inspirieren, sich auf etwas Neues einzulassen und so den Verzicht in neue Gewohnheiten zu verwandeln. Es geht also darum mit sich selbst zu experimentieren. Das ist viel wichtiger als von heute auf morgen plötzlich asketisch zu leben.
Die Dinge werden also selbstständig aber trotzdem gemeinsam ausprobiert.
Genau. Wir möchten uns durch Impulse gemeinsam unterstützen. Zusammen geht der Verzicht viel leichter. Bei Fragen können sich die Menschen auch gerne an uns wenden. Man darf auch mal eine Ausnahme machen. Die Ausnahme sollte nur nicht zur Regel werden.
Dieses Jahr sind nicht nur Privatpersonen, sondern auch Politikerinnen und Politiker dazu aufgerufen, sich an der Aktion zu beteiligen. Warum?
Menschen, die eine gewisse Position innehaben, können viel mehr Menschen erreichen als andere. Hier ein Zeichen für den Klimawandel zu setzen, ist unglaublich wichtig. Gerade in den politischen Entscheidungen brauchen wir mehr Mut hin zu einem ökosozialen Wandel - beim Recovery Fund zum Beispiel!
Die Kampagne findet dieses Jahr bereits zum zweiten Mal statt. Welche Rückmeldungen gab es im letzten Jahr?
Es geht hier um längerfristige Auswirkungen, um einen Wandel in der Mentalität: weg von einem konsumorientierten und hin zu einem nachhaltigen Lebensstil. Viele haben gemerkt, dass es kein persönlicher Nachteil ist, auf gewisse Dinge zu verzichten. Im Gegenteil, es kann zu mehr Freude führen! Der durchschnittliche Bürger in Südtirol hat einen CO2-Fußabdruck von 7,5 Tonnen. Wenn wir die Pariser Klimaziele erreichen wollen, müssen wir auf zwei Tonnen pro Kopf schrumpfen. Durch die Kampagne im letzten Jahr haben wir erfahren, dass auch mit einem niedrigen CO2-Verbrauch ein gutes Leben möglich ist.
Was erhofft ihr euch für dieses Jahr?
Wir hoffen, dass wieder sehr viele Menschen mitmachen werden und vor allem auch, dass sich einige EntscheidungsträgerInnen von uns inspirieren lassen. Wir möchten die Menschen dazu inspirieren, ihr Bestes zu geben und einen Wandel zu versuchen. Die Wirklichkeit geht aus sozialen Konventionen hervor; das heißt, dass wir sie auch wieder verändern können. Es liegt also in unserer Hand, wie die Welt in den nächsten 10 oder 20 Jahren aussehen wird.