Politics | Meran

Der Widerspenstigen Lähmung

Während die SVP-Vizebürgermeisterin Katharina Zeller offensiv um die Grünen wirbt, führen die Meraner Grünen derzeit Gespräche für die Gemeinderatswahlen 2025 mit einem „neuen Rösch“. Vor allem hat man mit Madeleine Rohrer einen Trumpf in der grünen Hinterhand
Kurhaus Meran
Foto: Seehauserfoto
  • Katharina Zeller hat die Meraner Grünen auf dem falschen Fuß erwischt.
    Der nun plötzlich lancierte Aufruf von SVP-Obfrau Zeller an die Grünen zu einer nicht näher definierten Zusammenarbeit verwundert“, schreiben die Meraner Grünen in einer Aussendung.
    Zeller hat in den vergangenen Wochen in mehreren Medien offen über die gescheiterte Zusammenarbeit mit der Meraner Mitte-Rechts-Gruppe um Bürgermeister Dario Dal Medico gesprochen. Es ist kein Geheimnis, dass die junge SVP-Vizebürgermeisterin politisch sich eher an Mitte-Links orientiert, doch jetzt hat die Tochter aus dem Hause Zeller-Unterberger mit Blick auf die Gemeinderatswahlen im Mai 2025 offen die Grünen zur Zusammenarbeit aufgerufen.
    Doch den Meraner Grünen scheint dieses Liebeswerben suspekt.

  • Zuwidere Grüne

    Dieser Aufruf steht im Widerspruch der Entscheidungen der SVP in den letzten Jahren, die sowohl auf Stadt- als auch auf Landesebene die Grünen ausgebremst hat“, regiert die Fraktionssprecherin der Meraner Grünen, Julia Dalsant, auf die Avancen Zellers.

  • Meraner SVP-Chefin Katharina Zeller: Offene Avancen an die Grünen. Foto: Seehauserfoto
  • In einer Pressaussendung verweisen Dalsant und die Meraner Grünen auf die Vergangenheit.
    2020 habe die SVP, durch ihre Verweigerung einer Koalition mit dem Wahlsieger Paul Rösch, Meran für ein Jahr einer kommissarischen Verwaltung mit entsprechendem Stillstand übergeben. Bei den Gemeinderatswahlen 2021 habe die Volkspartei dann bereits im Vorfeld der Wahl ein Bündnis mit den jetzt nicht mehr geliebten italienischen Bürgerlisten geschmiedet, um Rösch als Bürgermeister zu verhindern.
    Dalsant rechnet der Meraner SVP aber auch Entscheidungen der SVP auf Landesebene vor.  Ende 2023, also knapp vor einem Jahr, habe sich die SVP unter Arno Kompatscher für eine Koalition mit den Fratelli d’Italia, den Freiheitlichen und der Lega entschieden, obwohl Alternativen mit den Grünen, PD und dem Team K bestanden hätten. „Also woher jetzt plötzlich dieser Wunsch nach einer Zusammenarbeit mit den Grünen?“, fragt Dalsant deshalb.

  • Zusammenarbeit braucht Vertrauen

    Die Meraner Grünen wollen deshalb wissen, wie ernst es der SVP mit diesem Aufruf ist. „Echte Zusammenarbeit fußt auf Vertrauen, das nicht verordnet, sondern durch konsequente Taten aufgebaut werden muss“, schreibt Dalsant. Und weiter: „Mal sehen, ob sich dieser Aufruf bereits jetzt im täglichen politischen Handeln konkretisieren lässt?
    Für die derzeit stärkste Fraktion im Meraner Gemeinderat braucht es eine handlungsfähige Stadtregierung, um die zukünftigen Herausforderungen zu meistern. Dabei gibt es für die Grüne eindeutige Schwerpunkte: soziale Gerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit und ein gelebtes Miteinander der Meraner und Meranerinnen jeder Sprachgruppe. 

  • Grüne/Liste Rösch-Fraktionsprecherin Julia Dalsant: Wir wollen uns diesem Wunsch nicht a priori verweigern. Aber….“ Foto: Grüne / Liste Rösch
  • Derzeit kommen diese Schwerpunkte eindeutig zu kurz“, sagt Fraktionssprecherin Dalsant. Und weiter: „Meran erstickt im Verkehr, wird von Touristen überrannt, das Grundwasserproblem in Sinich, es fehlen leistbare Mietwohnungen, für den Bau von Sozialwohnungen wurde nichts getan und ethnisches Gezänk beherrscht seit Dal Medico/Zeller die Tagespolitik.“ 

  • Suche nach dem neuem Rösch

    Die Meraner Grünen sind derzeit dabei die personellen Weichen für die Gemeinderatswahlen 2025 zu stellen. Dabei geht es vor allem um die Entscheidung, wer die Liste der Ökopartei anführen soll. Eine Rückkehr von Paul Rösch steht dabei nicht mehr zur Diskussion. Der ehemalige Bürgermeister hat intern bereits abgewunken. Er will nicht mehr in den politischen Ring steigen.
    Nach Informationen von SALTO führt man derzeit Gespräche mit mehreren Meraner Persönlichkeiten, die Interesse an einer Kandidatur angemeldet haben. Es geht dabei um Frauen und Männer, die politisch über den Tellerrand der grünen Partei hinausschauen und auch im bürgerlichen Lager Stimmen holen können. Um sogenannte Quereinsteiger „Wir suchen eine Art neuen Rösch“, heißt es innerhalb der Meraner Grünen.

  • Grüne Landtagsabgeordnete Madeleine Rohrer: Trumpf in der grüner Hinterhand. Foto: Seehauserfoto
  • Vom Ausgang dieser Gespräch wird auch die Entscheidung abhängen, ob Madeleine Rohrer, in den Ring steigen wird oder nicht. Die grüne Meraner Landtagsabgeordnete war bereits vor fünf Jahren als Spitzenkandidatin ernsthaft im Gespräch. Damals debattierte man innerhalb der Liste Rösch/Grüne lange Zeit, ob man mit Paul Rösch oder Madeleine Rohrer antreten soll. Auch diesmal sind die Unterstützung für als auch der Druck auf die amtierende Landtagsabgeordnete groß, dass sie die Meraner Liste anführen soll.
    Es ist noch zu früh darüber zu reden“, meint Rohrer zu SALTO. Rein formal sind die Ämter in der Gemeinde mit jenem einer Landtagsabgeordneten unvereinbar. Die grüne Landtagsabgeordnete könnte damit als Spitzenkandidatin antreten und muss sich erst nach der Gemeinderatswahl für ein Amt entscheiden.

  • Nützliche Idioten?

    Zellers Werben um einen möglichen Koalitionspartner dürfte die grüne Suche nach einem Spitzenkandidaten oder einer -kandidatin noch einmal erleichtern. Julia Dalsant sagt dann auch: “Wir wollen uns diesem Wunsch nicht a priori verweigern.“
    Um den nötigen Wandel in der Meraner Politik herbeizuführen, arbeiten die Meraner Grünen an einem breiten Bündnis aller Mitte-links Kräfte beider Sprachgruppen, die sich auch in der Vergangenheit verlässlich für eine ökosoziale Entwicklung eingesetzt haben.
    Julia Dalsant gibt aber auch zu bedenken, dass man als größte Gruppierung im Gemeinderat seit 3 Jahren vergeblich die Zusammenarbeit mir der SVP suche. Es bestehe bei jeder Gemeinderatssitzung Gelegenheit, gemeinsame Projekte zwischen SVP und Grünen voranzubringen. Bislang seien die Vorschläge der Grünen aber meist abgelehnt worden. 
    Wir werden nun bewerten, ob das Angebot zur Zusammenarbeit von Obfrau Zeller bereits jetzt bei der politischen Tätigkeit im Gemeinderat konkretisiert wird oder ob die Grünen auf die Zeit nach der Wahl vertröstet werden“, schreiben die Meraner Grünen.

     

    „Will die Meraner SVP die Grünen nur dazu nützen, den derzeitigen Koalitionspartnern die Rute ins Fenster zu stellen?“

     

    Denn ein Verdacht drängt sich bei Dalsant & Co. derzeit auf: Will die Meraner SVP die Grünen nur dazu nützen, den derzeitigen Koalitionspartnern die Rute ins Fenster zu stellen?
    In welche Richtung es wirklich gehen soll, wird sich in den kommenden Wochen im Meraner Gemeinderat zeigen.

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Martin Daniel Mon, 10/28/2024 - 12:04

Irgendwie wird man den Eindruck nicht los, dass dieses überaus frühzeitige Vorpreschen der SVP 7 Monate (!) vor der Wahl als Medienkampagne angelegt ist. Außer ihr hat keine andere Liste ihren Spitzenkandidaten benannt und da lädt man andere, darunter die Grünen, ein, sich zusammenzutun und die SVP-BM-Kandidatin ab dem 1. Wahlgang zu unterstützen. Nun hatten die Grünen letztes Mal ihr bestes Ergebnis erzielt und waren stärkste Kraft geworden, während die SVP mit ebenderselben Kandidatin ihr schlechtestes Wahlergebnis der Geschichte einfuhr. Da kann es doch nur Taktik sein, die Grünen einzuladen, diese Kandidatin als BM'in zu unterstützen, zumal den SVP-Strategen natürlich klar ist, dass niemand, der bei Sinnen ist, darauf eingehen kann.
Die Samstags-Lektüre der 3 maßgebenden Tageszeitungen bestätigte diese Vermutung. In großer Aufmachung erklärte der SVP-Fraktionssprecher, der mir hier gleich antworten wird, urbi et orbi, dass die Grünen beleidigt wären, schmollten, alte Verletzungen nicht verarbeitet hätten (vermeintlich aus der Zeit vor der aktuellen Chefin, als ob die 2021 nicht federführend dabei gewesen wäre) und dass dieses Verhalten auf einen - Tüpfchen auf dem i - schon länger wahrzunehmendem Linksruck zurückzuführen sei. Ein Konstrukt, das darin besteht, dass man auf medialer Ebene etwas lanciert (wieso redet man nicht persönlich mit den Angesprochenen, anstatt sie über die Presse zur Zusammenarbeit aufzurufen? Transparenz ist da nur vorgeschoben, jeder politisch Interessierte weiß, dass solche Bündnisse nie zuerst in der Öffentlichkeit auch nur angestoßen werden), um dann mit einer vorgefertigten Replik nachzulegen, bevor die Ratsfraktion der Meraner Grünen überhaupt reagiert hatte.

Mon, 10/28/2024 - 12:04 Permalink