Gewalt und Drogen in Südtirol
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Drogenkonsum und Gewaltbereitschaft werden in Südtirol immer mehr zum Thema. Dies bestätigte auch Jirko Pribyl, der kürzlich in Welschnofen einen Vortrag darüber gehalten hat. Zur Veranstaltung geladen hat die Bezirksgemeinschaft Salten – Schlern in Kooperation mit der Gemeinde Welschnofen. Der Vortrag im Rahmen des Projektes „Wir morgen“ hat vor allem auch viele Jugendliche angezogen. 150 Besucher folgten gespannt den Erzählungen eines Mannes, der als Jugendlicher mit Drogen und Gewalt viele Erfahrungen gemacht hat und heute Jugendlichen hilft, aus der Spirale von Sucht und Gewalttätigkeit herauszukommen. Dieser Vortrag, aber auch jener in Steinegg, der vor gut zwei Wochen zum selben Thema abgehalten wurde, wird als wichtiger, kleiner Schritt in die richtige Richtung gewertet.
„Die Lebensgeschichte von Pribyl zeigt, wie man in die Sucht hineinrutschen kann, was die Folgen sind und wie man erfolgreich wieder herauskommt. Drogen sind mittlerweile in Südtirols Gesellschaft überall anzutreffen. Wir müssen aufwachen, über das Thema reden und vor allem konkret etwas dagegen tun. Dieser Vortrag ist ein erster Schritt. Weitere Aktionen sind geplant. Damit Südtirols Jugendliche sich sicher fühlen dürfen, damit sie gesund bleiben und ein glückliches Heranwachsen haben“, sagt Albin Kofler, Präsident der Bezirksgemeinschaft Salten – Schlern und Bürgermeister von Karneid bei seiner Begrüßung.
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Beeindruckende Karriere
Der Respekttrainer und Streetworker Jirko Pribyl hat vieles erlebt. Im Vortrag erzählter er seine Lebensgeschichte – authentisch und schonungslos. Er hat sehr früh seine leibliche Mutter verloren. Als sehr lebendiges Kind hat sich sein rebellisches Wesen schon in der Grund- und Mittelschule durch aggressives Verhalten gezeigt. Nachdem im Unterland keine Schule mehr den Jungen aufnehmen wollte, kam er ins Kinderdorf in Brixen. Mit 13 Jahren hat er erstmals Alkohol und Kokain konsumiert. Fast täglich war er in Schlägereien verwickelt. Denn Drogen enthemmen, machen aggressiv und unberechenbar. In der Gewalt fand er sozusagen ein Ventil. Bald fing er an, den Konsum durch das Dealen zu finanzieren. Die eine Straftat folgte der nächsten. Bis er in eine deutsche Klinik kam. Auch dort kam er mit den Regeln nicht klar und versuchte immer wieder abzuhauen, begann Straftaten und landete schuldlos im Gefängnis. Der Tod eines guten Kumpels im Rahmen einer Schlägerei war eines der Schlüsselerlebnisse. Und die Begegnung mit einem Respekttrainer, der ihm wohlwollend und auf Augenhöhe viele Ratschläge gab. Damit ging es bergauf, er fasste Halt und machte einen Entzug. Mit 21 Jahren war sein Strafregister wieder ohne Eintrag und es begann ein neues drogen- und gewaltfreies Leben. Geholfen hat ihm dabei viel Sport. So konnte er die Aggressionen abbauen. Nun ist er seit elf Jahren als Security-Mann tätig. Vor fünf Jahren entstand seine Idee von einem Trainingscamp in Südtirol. Das Ziel: Jugendlichen neue Perspektiven geben und sie aus der Abwärtsspirale holen, mit sehr viel Sport, knallharten Regeln, Disziplin und Respekt. Verwirklicht hat er dieses Camp inzwischen in den Marken.
Aggressionen und die Neigung zu Gewalt haben in Südtirol zugenommen. Idem der Suchtmittelkonsum und damit auch die Gewaltbereitschaft. In den letzten Jahren hat sich die Lage noch verschärft. Der Alkoholkonsum ist besonders in den ländlichen Gebieten weit verbreitet; in den Städten der Drogenkonsum. Das sieht der Streetworker tagtäglich bei seiner Arbeit. Pribyl hat in den letzten Jahren in Südtirol 980 Anfragen von Jugendlichen oder verzweifelten Eltern erhalten. Vielen konnte er durch wertvolle Kontakte helfen, anderen wiederum durch Tagesbetreuung oder die Aufnahme im Camp in den Marken. 38 Jugendliche hat er über sechs Monate betreut, 32 davon sind auf dem guten Weg in ein normales Leben. Zu den schockierendsten Beispielen aus Südtirol zählt ein Mädchen, das mit acht Jahren schon alkoholabhängig war. Oder eine 13-Jährige, welche sich Kokain spritzte, sowie ein 19-Jähriger, der sieben Liter Wein an einem Nachmittag trank.
„Wir haben in Südtirol ein Drogenproblem und dieses wird immer größer. Damit nimmt auch die Gewalt zu.“
Was können wir alle tun?Es braucht mehr Willen in der Gesellschaft sich des Themas anzunehmen und konkrete Maßnahmen zu setzen. „Wir haben in Südtirol ein Drogenproblem und dieses wird immer größer. Damit nimmt auch die Gewalt zu. Wir müssen dies ernstnehmen und auf die Jugendlichen eingehen, Zufluchtsorte schaffen und vor allem Vereine, Hilfsangebote und Behörden vernetzen. Und es braucht in Südtirol Strukturen, wo alkohol- oder drogenabhängige, gewalttätige Jugendliche aufgefangen werden, um wieder aus dieser schwierigen Situation herauszukommen. Denn die Sucht ist eine Krankheit und Erkrankte haben ein Recht auf Genesung“, betont Pribyl. Eltern rät er mit mehr Strenge und klaren Linien zu erziehen, Respekt und Disziplin einzufordern. Aber auch mit mehr Aufmerksamkeit und Wertschätzung auf die jungen Menschen zuzugehen. Liebe und Geborgenheit schenken ist etwas sehr Wichtiges, um Auffälligkeiten vorzubeugen. Für Angehörige ist es wichtig hinzuschauen, zu beobachten und sich früh genug Hilfe zu holen. Den Jugendlichen rät er „Lasst die Finger von Drogen! Sie sind es nicht wert, dass Ihr Euer Leben damit ruiniert. Und Gewalt ist nie eine Lösung!“