Ticket nach Südamerika?
Individualisten aus aller Welt stöbern mit magnesiumbefleckter Kleidung durch Innsbrucks enge Gassen, stellen ihre Kräfte im sportlichen Wettbewerb zur Schau und bewundern, lässig am Boden sitzend, den Blick streng nach oben gerichtet, die Fähigkeiten ihrer Konkurrenten. Solche Szenen sind in Innsbruck vom 30. August bis 10.September bei den Jugendweltmeisterschaften im Sportklettern zur Genüge beobachtbar. Mittendrin: elf Südtiroler. Zwei aus der Südtiroler Truppe haben gute Chancen, sich ein Ticket für die Olympischen Jugendspiele im Oktober 2018 in Argentinien zu erkämpfen.
Sportklettern gilt als sehr junge Disziplin, die sich für alle Altersgruppen anbietet und bei der kein Geschlecht dominiert. Die Geschichte des Kletterns als Sportart hat seine Anfänge in Italien genommen, wo 1985 der erste Kletterwettkampf stattgefunden hat. Seitdem hat sich beim Klettersport viel verändert. Von dem oft ungesicherten Klettern an rauen Felswänden mitten in der Natur, ist man längst in Indoor-Hallen ausgewichen, wo dem Vergnügen das ganze Jahr, unabhängig von der Witterung, nachgegangen werden kann. In den letzten Jahren ist ein neuerlicher Kletter-Boom beobachtbar. Man braucht sich also nicht wundern, dass 1200 Jugendliche aus aller Welt in die Alpenstadt für den Wettbewerb anreisen. Die zunehmende Aufmerksamkeit, die dem Sportklettern zuteilwurde, hat auch dazu geführt, dass 2020 bei der Olympiade in Tokyo erstmals das Sportklettern als eigene Disziplin angeführt werden wird. Die Freude darüber hält sich jedoch in Grenzen.
Problematisch ist, dass sich die Sportler bei der Olympiade im Zuge einer Kombination messen müssen. Die Teilnehmer müssen also alle drei Teildisziplinen, Speed, Lead und Bouldern, mit Bravour meistern, um eine Medaille zu erhalten. Beim Bouldern, der bekanntesten Teildisziplin, muss ungesichert eine 4,5 Meter hohe Wand mit maximalem Schwierigkeitsgrad erklommen werden. Lead, anders ausgedrückt Vorstiegsklettern, bedeutet das gesicherte Vorangehen, auf einer noch unbekannten, mindestens 15 Meter langen Kletterroute. In der Teildisziplin Speed kommt es, wie der Name bereits verrät, ganz auf die Geschwindigkeit an. Von oben gesichert versuchen die Kandidaten einen vertikalen Sprint auf bereits genormten Routen hinzulegen. Die Tatsache, dass kein Kletterer alle drei Teildisziplinen ähnlich gut beherrschen kann, versteht sich von selbst. Es wäre fast so, als würden beim Skifahren in den Disziplinen Slalom, Super-G und Riesentorlauf Teilpunkte vergeben und der Titel Olympiasieger dem verliehen werden, der über die höchste Gesamtpunktezahl verfügt.
Anders als bei den Olympischen Spielen haben die Jugendlichen in Innsbruck die Möglichkeit ihr Können auch einzeln in den drei Teildisziplinen zu beweisen. Der Höhepunkt der Jugendweltmeisterschaften bildet die Kombination aller drei Teildisziplinen, wo die dreizehn Erstplatzierten der Kategorie U20 ein Ticket für die Olympischen Jugendspiele in Buenos Aires ergattern können. Unter jenen, denen dieses Glück zuteilwerden könnte, befinden sich auch zwei junge Grödner. David Piccolruaz, 17 Jahre alt und Allrounder, wird als einer der Favoriten in der Disziplin Speed gehandelt, während sein Alterskollege Filip Schenk im Jahr 2017 bereits zwei Jugendeuropacups in der Disziplin Lead gewinnen konnte und einen dritten Platz bei einem Boulder-Europacup geholt hat. Zum Verhängnis könnte den beiden die Regel werden, dass sich immer nur zwei Teilnehmer pro Staat qualifizieren können. Denn an starken Teilnehmern fehlt es dem italienischen Team nicht. Falls es nicht klappt, gibt es noch einen letzten Hoffnungsschimmer für ein Ticket nach Südamerika: Ende November bei den Europameisterschaften in Frankreich. Dort kann sich aber nur der Europameister qualifizieren- Für Spannung und Nervenkitzel ist gesorgt.
Alle Details über das zehntägige Kletterevent in Innsbruck gibt es hier.