Società | Handy-Verzicht

Das wiedergefundene Cello

Drei Wochen ohne Handy - das war zumindest der Plan. Aber wie so oft im Leben kommt alles anders. Warum ich ausgestiegen bin und wie ich meine Kreativität wiederfand.
Cello
Foto:  Xingchen Yan, Unsplash
  • Am Montag, den ersten Dezember war es soweit: Wir haben unsere Handys ausgeschaltet. Mittlerweile ist das eine Weile her. Zwei Wochen sind jetzt rum und ich will nichts verheimlichen, deshalb gleich zu Beginn: Ich bin raus. 

    Der Moment, als ich aus dem Selbstversuch ausggestiegen bin, hat mich mitgenommen. Ich war wirklich hin- und hergerissen. Es war kein „Ich will auf Instagram Reels schauen” oder „Ich kann nicht ohne Computerspiele”, es war ein simples: „Ich brauche eine Information von Whatsapp, an die ich sonst nicht komme”. 

  • 23 Tage Smartphone-Verzicht

    Eine Schule in Brixen will es wissen: Schaffen es die Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer und Eltern, 23 Tage ohne Smartphone auszukommen? SALTO erhält regelmäßig Erfahrungsberichte und so viel steht fest: für die Teilnehmenden an diesem Experiment ist es verdammt hart.

  • Als ich am Wochenende vor dem Start beschlossen habe, beim Projekt mitzumachen, hat sich schon da ein leichtes Unwohlsein in mir ausgebreitet. Es war ein Gefühl von: „Was, wenn ich etwas Wichtiges verpasse?" 

    Dieses Gefühl hat sich durch die neun Tage durchgezogen, die ich dabei war. Ich habe mich von der Umwelt abgeschottet gefühlt, weil ich mit niemandem telefonieren oder schreiben konnte. Genau das Problem hat mir dann am Ende der vier freien Tage (vom 6. Dezember bis zum 9. Dezember) einen Strich durch die Rechnung gemacht. Ich wollte wieder erreichbar sein und meine Informationen nicht über drei Ecken bekommen.  

  • Unsere Autorin

    Maya Göpfert ist 17 Jahre alt und besucht die Klasse 3C des sozialwissenschaftlichen Gymnasiums „Josef Gasser“ in Brixen mit dem Schwerpunkt Journalismus und Medienerziehung. Sie hat mit etwas 90 Schülerinnen und Schülern an einem Experiment teilgenommen: Smartphone-Verzicht. Sie hat das Experiment vorzeitig abgebrochen, weil ihr die Kommunikation gefehlt hat.

  • Das Handy ist eine legale Droge

    Abgesehen von dem Fakt, dass ich sehr alleine war, war es aber doch leichter auf das Handy zu verzichten, als gedacht. Mir hat Social Media nicht wirklich gefehlt, ich habe schnell neue Aktivitäten gefunden und meinen Tagesablauf angepasst. 

    Die Zeit ohne Handy hat mir die Augen geöffnet. Mein ganzes Denken hat sich verändert. Ich habe bemerkt, wie abhängig wir von unserer Gesellschaft gemacht werden; wir brauchen das Handy für Alltägliches wie zum Beispiel das Kommunizieren, Bankgeschäfte, Apps und Vieles mehr.

    Das Handy ist eine legale Droge, die zu wenige Menschen hinterfragen. Es wird in der Gesellschaft akzeptiert, wenn man durchgehend online ist; genau das macht den Konsum so gefährlich.  

  • Junge Frau am Handy: „Das Handy ist eine legale Droge, die zu wenige Menschen hinterfragen. Es wird in der Gesellschaft akzeptiert, wenn man durchgehend online ist; genau das macht den Konsum so gefährlich.” Foto: Vitaly Gariev, Unsplash
  • Kreativität wiederfinden

    Für mich war von Anfang an ein Ziel da: ich wollte meine Kreativität wiederfinden. Diese hat durch das ständige Scrollen ihre Lebendigkeit verloren. Bevor ich etwas basteln, schreiben oder zeichnen konnte, brauchte ich Inspiration. Mein Ziel bestand nun darin, dieses exzessive Online-Sein, in der Zeit ohne Handy, in Kreativität und Produktivität umzuwandeln. Kreativität und Produktivität waren nämlich irgendwo zwischen „ich möchte meine eigenen Sachen erschaffen” und „ich kopiere von anderen” liegen geblieben. 

    Und: ich habe ich geschafft. Ich kann wieder ohne ein Bild vor Augen zu haben einfach mal zeichnen, ich kann einfach drauflos schreiben und eine meiner größten Errungenschaften ist, dass ich mein Cello nach eineinhalb Jahren wieder in die Hand genommen habe.  

    Ich möchte unbedingt dieses Verhalten bewahren: Cellospielen, Schreiben, Basteln und Zeichnen.Wichtig scheint es mir auch, Langeweile aushalten zu können. Ich hatte das verlernt. Auch die ständige Beschallung des Gehirns möchte ich zurückschrauben. Weniger scrollen, weniger Videos und stattdessen einfach mal die Umwelt und sich selbst wahrnehmen - das fühlt sich eigentlich auch viel besser an.