Das Eigentor
Markus Obermair hält den Ball bewusst flach. „Es gibt verschiedene Rechtsauffassungen zwischen unseren Anwälten und jenen des Präsidiums des Regionalrates“, sagt der Direktor der Pensplan AG auf Nachfrage. Seit Monaten versucht man einen gemeinsamen Nenner zu finden. Es gab Dutzende Treffen und Gespräche, bei denen keine Partei aber von ihrem Standpunkt abgehen will. „Wir haben eine gütige Einigung gesucht“, sagt Obermair, „aber das ist uns leider nicht gelungen“.
Das Thema wird jetzt wohl oder übel vor einem Gericht geklärt werden müssen. Wer Recht hat, wird damit ein Richter entscheiden.
Doch diese Entscheidung könnte für die regionale Politik aber mit einer Totalblamage enden. Denn im sich abzeichnenden Rechtsstreit zwischen dem Regionalratspräsidium und der Pensplan-Tochter „Pensplan Invest SGR“ geht es um den „Family Fonds“ und die Quoten, die von den amtierenden und ehemaligen Regionalratsabgeordneten zurückgegeben werden müssen.
Es ist ein brisantes Politikum, das den Zorn der Wutbürger entfacht. Deshalb redet man darüber lieber nicht. Die Führung des Regionalrates verkündet lieber stolz jene Summen, die man angeblich bereits zurückbekommen hat.
Bewusst verschwiegen wird dabei aber, dass es eine Reihe von rechtliche Problem gibt, die kaum lösbar scheinen.
Das Märchen„Bewusst verschwiegen wird , dass es eine Reihe von rechtliche Problem gibt, die kaum lösbar scheinen.“
Nach den Polemiken und politischen Auseinandersetzungen um die Rentenregelung hat der Regionalrat im Juli 2014 das Rentengesetz reformiert. Alle Abgeordneten hatten ursprünglich Quoten des Family Fonds bekommen. Der geschlossene Investmentfonds wird von der Pensplan Invest SGR verwaltet.
In dem Reformgesetz wird festgelegt, dass die Übertragung der Quoten nichtig ist. Konkret: Die Quoten müssen dem Regionalrat zurückgegeben werden.
Laut einer Aufstellung von Regionalratspräsident Chiara Avanzo haben bis zum 21. September 2015 30 der 87 Rentenbezieher ihre Quoten am Family Fonds zurückgegeben. Dazu kommen noch 27 aktive Abgeordnete oder solche, die noch nicht im Rentenalter sind, die ebenfalls ihre Quoten an den Regionalrat retourniert haben. Laut offizieller Aufstellung sind damit insgesamt 12.855.013,92 Euro zurückgeflossen.
Die Aktion hat aber einen kleinen Schönheitsfehler. Der Regionalrat kann über dieses Geld keineswegs verfügen. Denn diese Quoten wurden in den vergangenen Monaten zwar auf den Regionalrat übertragen, doch das Geld verbleibt noch jahrelang im Family Fonds.
Regionalratspräsident Chiara Avanzo: Aktion mit Schönheitsfehlern.
Im Klartext: Die zurückgegebenen 12,8 Millionen Euro muss die Region noch vier Jahre lang im Fonds belassen. Erst Anfang 2019 wenn der Fonds liquidiert wird, fließt das Geld dann wirklich an das Schatzamt des Regionalrates und kann anderweitig eingesetzt werden. Trotzdem behauptet das Regionalratspräsidium immer wieder, dass „die gesamte Summe in der absoluten Verfügungsgewalt des Schatzamtes stehe und bereits in die Bilanz des Regionalrates eingetragen sei.“
Diese Halbwahrheit ist aber nur ein laues Lüftchen im Vergleich zu den Problemen, die bei der Rückgabe der Quoten inzwischen augenscheinlich geworden sind.
Einseitige Änderung„Die zurückgegebenen 12,8 Millionen Euro sind bis 2019 im Family Fonds blockiert.“
Die Family Fonds Quoten wurden ursprünglich den Begünstigten einzeln per notariellem Akt namentlich übertragen. Das Reformgesetz sagt jetzt einfach, dass diese notariellen Akte ungültig sind und damit die Quoten in den Besitz des Regionalrates zurückgehen.
Jene 57 Abgeordneten, die bisher Quoten im Wert von 12,8 Millionen an Family Quoten zurückgegeben haben, unterzeichnet alle eine Eigenerklärung oder eine beglaubigen Akt zur Rückgabe ihrer Quoten.
Doch was ist mit jenen Beziehern, deren Quoten noch nicht zurückgegeben wurden?
Ein Teil der Abgeordneten weigern sich bewusst und prozessieren gegen die Region. Sie wehren sich gegen die – nach ihrer Meinung – ungerechtfertigte, nachträgliche einseitige Änderung ihrer Rentenansprüche.
Vier Trentiner Abgeordnete haben vor Gericht aber auch eine Klage eingebracht, die direkt den Family Fonds betrifft. Das von der Börsenaufsicht und der Banca d´Italia genehmigte Reglement des Fonds sah ursprünglich vor, dass die Family Fonds Quoten nicht übertragbar sind. Außer im Erbschaftsfall.
Um das Regionalgesetz umzusetzen, musste die Pensplan Invest SRG das Reglement des Fonds abändern. Weil aber die Quotenbesitzer - wie vom Gesetz vorgesehen – bei dieser Änderung nicht einbezogen wurde, klagen die Abgeordneten jetzt wegen der einseitige Änderung gegen die Pensplan Invest.
Wie verfahren die Situation um die Family Fonds Quoten ist, zeigen einige konkrete Fälle unter jenen Abgeordneten, die noch nicht in Pension sind. Unter jenen, die die Quoten bisher offiziell noch nicht zurückgegeben haben, sind die Ex-Landtagsabgeordneten Walter Baumgartner, Martina Ladurner, Michl Laimer, Mauro Minitti, Julia Unterberger und Rosa Thaler. Aber auch die amtierenden Landtagsabgeordneten Thomas Widmann, Alessandro Urzi, Veronika Stirner und Andreas Pöder.
Andreas Pöder: „Spätesten jetzt wird deutlich, dass hier etwas nicht stimmt“.
Sowohl Widmann, wie auch Urzi und Pöder haben in der offiziellen Vermögenserklärung, die sie dem Landtag jährlich offenlegen müssen, aber angegeben ihre Family-Quoten bereits 2014 zurückgegeben zu haben. Wie geht das?
„Da die Übertragung laut Gesetz nichtig ist, gehören die Quoten nicht mehr mir“, hat Andreas Pöder eine einfache Antwort darauf parat. Aber nicht nur diese Abgeordneten gehen davon aus, dass das Kapitel Family Fonds mit dem Regionalgesetz für sie beendet ist.
Dass das aber nicht so ist, wurde ihnen spätestes vor einigen Monaten klar. Den meisten Abgeordneten flatterte ein Rechnung der Pensplan Invest SRG für die Verwaltung ihrer Family Fonds Quoten in Haus. Der Grund: Die Abgeordneten sind immer noch die Besitzer der Quoten.
Um das zu ändern, muss jeder einen beglaubigte Erklärung abgeben. Ein solche Erklärung wurde vergangene Woche dann auch von der Region von Andreas Pöder & Co verlangt. Doch die Abgeordneten weigern sich bisher, diese Erklärung zu unterzeichnen. „Spätesten damit wird deutlich, dass hier etwas nicht stimmt“, sagt Pöder.
Man kann diese Argumentation bauernschlau oder scheinheilig finden, Tatsache aber ist, dass in der Rückforderung der Family Quoten sich die Politik ein eklatantes Eigentor geschossen hat. Das Gesetz ist so nicht umsetzbar.
„Man kann doch nicht per Gesetz einen bereits abgeschlossenen Rechtsakt für ungültig erklären“, erlaubt sich Pensplan-Direktor Markus Obermair ein grundsätzliche Überlegung.
„Man kann doch nicht per Gesetz einen bereits abgeschlossenen Rechtsakt für ungültig erklären“
Pensplan-Direktor Markus Obermair
Denn laut einem notariellen Akt gehören die Quoten einer Person. Weder der Regionalrat, noch die Fondsverwaltungsgesellschaft können jetzt aber einfach sagen, dass dieser Besitzakt nicht mehr gilt. Der Einzige, der das sagen kann ist der Quotenbesitzer, in dem er freiwillig darauf verzichtet.
Doch im Regionalgesetz steht, dass die Fondsverwaltungsgesellschaft dafür zu sorgen hat, dass diese Quoten wieder in die Verfügungsgewalt des Regionalrates kommen. Genau das geht aber nicht.
Als der Gesetzentwurf der Pensplan Invest vorab zur Prüfung übermittelt wurde, merkte der damalige Pensplan-Invest-Präsident Stefano Tomazzoni in einem Schreiben an den Präsidenten des Regionalrates Diego Moltrer vom 5. Juni 2014 an, dass diese Passus widerrechtlich und nicht umsetzbar sei. Diese Argumentation wiederholen die Pensplan-Invest-Verantwortlichen auch bei einer Anhörung vor der ersten Gesetzgebungskommission im Regionalrat.
Dennoch verabschiedete der Regionalrat das Gesetz mit diesem Passus. Seit über einem Jahr fordert der Regionalrat jetzt die „Pensplan Invest SRG“ immer wieder auf, die Quoten auf die Region umzuschreiben. Die Antwort der Fondsverwaltungsgesellschaft ist immer dieselbe: Wir können und dürfen das nicht.
„Wir können nicht in die Besitzverhältnisse der Quoteneigner eingreifen und ihre Quoten einfach überschreiben wie es der Regionalrat verlangt“, bestätigt Markus Obermair. Würde die Pensplan Invest das tun, wären Schadenersatzklagen der Quotenbesitzer sicher. Pensplan Invest hat zur Frage nicht nur eine Reihe von Rechtsgutachten eingeholt, sondern auch bei den Aufsichtsbehörden nachgefragt. Dabei wurde der Standpunkt der Fondsverwaltungsgesellschaft bestätigt.
Obwohl die „Pensplan Invest SRG“ seit Mai 2014 immer wieder betont, dass sie laut geltenden gesetzlichen Bestimmungen keine Quotenübertragung durchführen kann, macht Regionalratspräsidentin Chiara Avanzo immer wieder Druck auf die Vermögensverwaltungsgesellschaft, diesen – nach Meinung der Rechtsexperten – illegalen Akt durchzusetzen.
Nach einer Eingabe des Regionalratspräsidium beim Rechnungshof kommt es im Frühjahr dann zum Eklat. Im April läuft die Amtszeit des amtierenden Verwaltungsrats der Pensplan Invest SRG aus. Die fünf scheidenden Verwaltungsräte teilen dem Regionalrat mit eine geharnischten Begründung mit, warum sie nicht mehr für ein weiteres Mandat zur Verfügung stehen.
Im Juni 2015 wurde ein neuer vierköpfiger Verwaltungsrat gewählt, in dem auch Pensplan-Präsidentin Laura Costa und ihr Stellvertreter Rainer Steger sitzen. Das Pech der Region ist es, dass auch der neue Verwaltungsrat der Pensplan Invest keinen Millimeter von der Interpretation und der Linie der Vorgänger abweicht.
Auch der neue Verwaltungsrat kann und will die vom Regionalratspräsidium verlangte Überschreibung der Quoten nicht durchführen. Deshalb wird man demnächst vor Gericht ziehen.
Dieser Streit offenbart aber nicht nur eine Schwachstelle des Gesetzes, sondern könnte sich zum Supergau entwickeln. Hält die Rechtsauffassung von Pensplan bleibt dem Regionalrat nur mehr die Pfändung jener Family Fonds Quoten übrig, die nicht freiwillig zurückgegeben werden.
Spätestens dann taucht aber ein neues Problem auf, das man bisher bewusst nicht öffentlich angesprochen hat.
Rund ein halbes Dutzend Abgeordnete haben ihre Family Fonds Quoten bereits vor Verabschiedung des Reformgesetzes verpfändet. Etwa als Sicherstellung für einen Bankkredit.
Der Regionalrat geht davon aus, dass nach dem Reformgesetz auch diese Verpfändungen ungültig sind. Die Banken sehen das allerdings anders. Sie bestehen auf ihre Sicherheiten für die Kredite und werden – mit größter Sicherheit – auch vor Gericht Recht bekommen. Dann ist das Geld für den Regionalrat weg.