Die Drohung, sie tut schon beim Hören weh: Keine Ausflüge, keine Lehrausgänge, keine Theaterbesuche, keine Tätigkeiten außerhalb des „normalen“ Unterrichts soll es im kommenden Schuljahr geben, wenn es nach einigen Aktionsgruppen geht. Die Lehrer und Lehrerinnen gehen auf die Barrikaden und setzen dort an, wo es die Eltern, und mehr noch, die Kinder schmerzt: Wer an seine Schulzeit zurückdenkt, der weiß, es sind vor allem diese Unternehmungen als Klassengemeinschaft, die die schönen Erinnerungen machen: Als der N. beinah ins Wasser fiel! Wie der Mathelehrer die Wurst verkohlen ließ! Zum ersten Mal in England! Und doch ist den Lehrer*innen kein Vorwurf zu machen, denn: Vielmehr als eine fiese Drohung ist das Ganze eine verzweifelte Konsequenz aus der Geringschätzung, die der Berufsstand, ja generell das Personal im Bildungsbereich seit Jahren erfährt, und welche sich vor allem in den skandalös niedrigen Gehälter niederschlägt.
Wer Anfang der Woche den Runden Tisch mitverfolgt hat, der weiß jetzt, dass Unterrichtende in Südtirol nur zehn volle Gehälter bekommen während es in Österreich für sie 14 gibt; der weiß jetzt, dass ein Lehrer mit 35 Dienstjahren in Südtirol etwa gleich viel verdient wie ein Berufseinsteiger in Nordtirol – der Nordtiroler Kollege mit ebenso vielen Dienstjahren bekommt das Doppelte. Wer dazu noch im August die SWZ gelesen hat, der dürfte sich die Augen gerieben haben, angesichts einer Tabelle, die auflistet, dass die Kaufkraft der Lehrergehälter seit den 90er Jahren um 37 % (!) geschrumpft ist, während sie in allen anderen Bereichen (Landwirtschaft ausgenommen) zugenommen hat. Dass das Personal angesichts dieser Demütigung radikale Schritte in Erwägung zieht, verwundert dann nicht mehr. Es wundert höchstens, warum das erst jetzt geschieht.
Dass das Personal angesichts dieser Demütigung radikale Schritte in Erwägung zieht, verwundert dann nicht mehr. Es wundert höchstens, warum das erst jetzt geschieht.
Wir Eltern wollen das Beste für unsere Kinder, dazu gehört eine fundierte, zugewandte Ausbildung durch Fachleute. Wenn uns diese Fachleute nichts wert sind, werden sie sich nach einem anderen Betätigungsfeld umsehen, das passiert jetzt schon. Nicht jede Lehrerin ist bereit, sich mit drei Kröten und einem Händedruck abspeisen zu lassen, auch angesichts der wachsenden mannigfaltigen Herausforderungen im Job. If you pay peanuts, you get monkeys, weiß der Engländer; unsere Landesregierung hält sich aber offenbar seit Jahren erfolgreich die Ohren zu, um diese Wahrheit nicht hören zu müssen.
Dabei zahlen wir alle drauf, wenn wir an dieser Stelle knausern: Auch wenn wir den eigenen Nachwuchs dank Privatschule oder sich aufopferndem Personal einigermaßen gut ausgebildet ins Leben entlassen können, summa summarum rächt es sich bitter, wenn wir nicht in angemessen in Bildung investieren: Die Schüler*innen von heute sind die Wirtschaft, die Dienstleister, die Steuerzahler, aber auch die Abwanderer von morgen. Wo wir es heute glaggeln lassen, dafür zahlen wir morgen die Rechnung. Und die wird weitaus kostspieliger und schwieriger zu begleichen sein als eine längst überfällige Anpassung auf den Gehaltszetteln der Menschen, die auf das Wertvollste schauen, was wir haben. Die Lehrer*innen bei ihren Forderungen tatkräftig zu unterstützen, mit ihnen laut zu werden, anstatt über gestrichene Ausflüge zu maulen, das sind wir Eltern ihnen und unseren Kindern schuldig.