Wirtschaft | Tourismus

Das Weltnaturerbe als Marke

Die Brixner Tourimusorganisation will sich mit den Nachbargemeinden auf dem internationalen Markt positionieren – der Namen „Dolomiten“ würde da gut passen, doch der Aufschrei der Ladiner ist laut.
Letzte Herbstsonne auf dem Balkon mit Dolomitenblick
Foto: Oswald Stimpfl
  • Zwischen den Eisacktaler und Grödner Tourimsusorganisationen ist ein Streit darüber entbrannt, wer in der Bewerbung den Namen „Dolomiten“ nutzen darf. Denn kürzlich verkündete die Tourimusorganisation Brixen gemeinsam mit drei weiteren Tourismusvereinen im Eisacktal unter der Dachmarke „Brixen Dolomites“ zu werben, um die Internationalisierung der Destinationen zu fördern. 

    Die Bürgermeister Grödens Roland Demetz, Christoph Senoner, Tobia Moroder und die Tourismusvereine des Tals reagieren mit einem offenen Protestbrief. Die Aktion wirke „beinahe dreist“. Brixen und die weiteren Gemeinden im Gitschberg Jochtal, Klausen, Barbian, Feldthurns, Villanders und Natz-Schabs würden geologisch betrachtet nicht zu der weltweit bekannten Gebirgsgruppe gehören, die zum UNESCO-Weltnaturerbe zählt. Es fehle der „Respekt für die Herausforderungen der Kerngebiete der Tourismusregionen, die sich seit Jahren mit dem zunehmend intensiven Hotspot-Tourismus auseinandersetzen müssen“.

    Der Obmann der Brixner Tourismusorganisation, Moritz Neuwirth, will sich noch nicht im Detail zu der Kritik äußern. „Wir befinden uns mittem im Prozess der Markenbildung und haben erste Ergebnisse kürzlich öffentlich vorgestellt. Brixen und Umgebung ist mit dem Hausberg Plose Teil der Dolomiten, deshalb halte ich diese Überlegungen für legitim“, sagt Neuwirth. Georg Simeoni, Präsident des Alpenvereins Südtirols (AVS), erklärt zu dem Fall grundsätzlich: „Wir brauchen nicht noch mehr Werbung, sondern Besucherlenkung. Es kann nicht sein, dass man im Sommer stundenlang warten muss, um die Drei Zinnen zu sehen.“ 

  • Die Dolomiten: Ob Winter oder Sommer – die Gebirgsgruppe ist bei Einheimischen und Gästen gleichermaßen beliebt. Foto: Agostini Craffonara
  • Die Grödner Tourimusorganisationen fürchten, dass durch die Bewerbung der Eisacktaler Gemeinden noch mehr Tagesgäste die Dolomiten besuchen wollen. „Die Folgen sind eine steigende Ablehnung in der Bevölkerung, eine zunehmende negative Einstellung gegenüber dem Tourismus und ein deutlicher Qualitätsverlust in den betroffenen Gebieten“, teilen die Bürgermeister und Vertreter der Tourismusorganisationen von St. Ulrich, St. Christina und Wolkenstein mit. Sie fordern von der Politik und der IDM eine klare Regelung zur Verwendung des Namens „Dolomiten”.

    Auch die Südtiroler Grünen melden sich zu Wort: „Sich Sichtbarkeit zu verschaffen, indem man sich ein erfolgreiches Alleinstellungsmerkmal anderer Destinationen aneignet und es an den eigenen Namen anhängt, ist keine Strategie, sondern ein Markenschwindel“, erklären die Co-Vorsitzenden Luca Bertolini und Elide Mussner in einer Mitteilung an die Medien. Als Gadertalerin kennt Mussner die Situation aus eigener Erfahrung. In Abtei ist sie als Gemeindereferentin für Tourismus und nachhaltige Mobilität zuständig. „Unsere Täler und Berge haben ihre Aufnahmekapazität längst erschöpft – alles, was darüber hinausgeht, führt unweigerlich zum Kollaps“, erklären Bertolini und Mussner. Sie warnen vor einem „Venedig Südtirols“.

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Hartmuth Staffler Di., 11.02.2025 - 15:16

Déodat Guy Sylvain Tancrède Gratet de Dolomieu, geboren am 23. Juni 1750 in Dolomieu bei La Tour-du-Pin, Département Isère in Frankreich, war ein französischer Geologe und Mineraloge. Nach ihm wurde das magnesiumhaltige Kalkgestein Dolomit benannt, das der Naturforscher am Pflerscher Tribulaun im Wipptal erforschte. In den Dolomiten war Déodat Guy Sylvain Tancrède Gratet wahrscheinlich nie. Den ersten Anspruch auf den Namen Dolomiten hat wohl sein Heimatort Dolomieu, danach wahrscheinlich ein nach ihm benannter Vulkan auf der Insel La Reunion. Man sollte vielleicht einmal im Ort Dolomieu in Frankreich nachfragen, was die dortige Bevölkerung dazu sagt, dass ihr Name für Tourismuswerbung in den Tiroler Alpen benutzt wird.

Di., 11.02.2025 - 15:16 Permalink