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Politik | Kriegsfolgen

EU: Nur mehr wenig Energie aus Russland

Als Folge von Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine haben die EU-Länder ihre Energie-Abhängigkeit von Russland stark reduziert.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: Wikimedia Commons
  • Der Handel der EU-Länder mit Russland ist eingebrochen

    Der Handel der EU mit Russland wurde durch die Ein- und Ausfuhrbeschränkungen* nach Russlands Angriff auf die Ukraine stark reduziert. Sowohl die Exporte als auch die Importe sind weit unter das Niveau vor der Invasion gefallen. Laut neuesten Daten von Eurostat (Statistikbehörde der EU) ist der Anteil Russlands an den gesamten Extra-EU-Importen von 9,6 % im Februar 2022 auf 1,7 % im Juni 2023 gesunken ist, während der Anteil der Extra-EU-Exporte nach Russland im gleichen Zeitraum von 3,8 % auf 1,4 % gesunken ist

  • Foto: Eurostat
  • Der größte Teil der EU-Importe aus Russland entfällt auf Energie

    Der weitaus größte Teil der EU-Importe aus Russland entfällt auf Energie. Vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine machten die Energieimporte über 70% der gesamten Importe aus Russland aus. Die EU, traditionell Russlands größter Abnehmer von Öl und Gas, sprach seit Jahren davon, ihre Abhängigkeit von russischer Energie zu verringern, aber Brüssel schritt erst dann zur Tat, als Russland im Februar 2022 den Angriffskrieg auf die Ukraine startete. Die EU beschloss einerseits die Energieabhängigkeit von Russland stark zu reduzieren und andererseits durch weniger Importe Russlands Wirtschaft zu schwächen. Im Mai 2022 stellte die EU-Kommission den REPowerEU-Plan vor. Ein Ziel dieses Plans ist die Abhängigkeit der EU von russischen fossilen Brennstoffen schrittweise zu verringern und die Energieversorgung zu diversifizieren, aber auch die Verringerung der Gesamtabhängigkeit von fossilen Brennstoffen sollte durch Energieeinsparungen und den weiteren Ausbau von sauberer und erneuerbarer Energie vorangetrieben werden. Bis 2027 sollen die EU-Länder unabhängig von russischer Energie werden.

  • Foto: Eurostat
  • Wie aus obiger Tabelle ersichtlich, ist die Abhängigkeit der EU von Energieimporten aus Russland in den letzten zwei Jahren stark zurückgegangen. Während die EU-Länder im 2. Quartal 2021 noch 29,2% ihres Erdöls aus Russland importierten, waren es im 2. Quartal 2023 nur mehr 2,3%. Der Anteil der Gasimporte aus Russland betrug im 2. Qurartal noch fast 40% und verringerte sich im 2. Quartal 2023 auf 12,9%. Die russischen Kohleimporte beliefen sich im 2. Quartal 2021 noch auf 45% , im 2. Quartal 2023 importierten die EU-Länder keine russische Kohle mehr. 

    Während der gesamte Gas-Verbrauch seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine in der EU deutlich gesunken ist, hat der Ölverbrauch fast das Vor-Covid-Pandemie-Niveau erreicht. Die rekordhohen Preise auf den europäischen und asiatischen LNG-Spotmärkten verringerten die Gasnachfrage und boten Anreize für die Umstellung auf andere Brennstoffe wie z.B.  Kohle zur Stromerzeugung. Nicht zuletzt trug auch der milde Winter dazu bei, dass weniger Gas verbraucht wurde.

  • Foto: Eurostat
  • Entwicklung der russischen Ölimporte in die EU

    ls Folge der Sanktionen haben die EU-Länder die russischen Importe von Öl und Gas* sukzessive reduziert. Die EU hat Embargos gegen die Einfuhr fast aller russischen Rohölimporte auf dem Seeweg verhängt, und seit dem 5. Februar 2023 sind auch Produkte aus Erdöl (Benzin, Diesel, Flugkerosin etc.) Teil des Embargos geworden. Gleichzeitig hat das Bündnis zwischen der EU und den G7, ergänzt durch Norwegen, eine Preisobergrenze für Erdöl eingeführt, die inländische Schifffahrts- und Versicherungsdienste beim Transport russischer Produkte aus Erdöl einhalten müssen. Ein Großteil des russischen Erdöls wird mit hohen Preisabschlägen verkauft. Dadurch sollen die Einnahmen aus dem Erdölverkauf niedrig gehalten werden und so die Finanzierung des Angriffskriegs gegen die Ukraine erschwert werden. Als Folge veränderte sich der Handel mit russischem Öl stark.

    Insgesamt sind die russischen Erdölexporte auf den Weltmärkten bisher nur leicht zurückgegangen. Während die russischen Erdöllieferungen in die EU massiv sanken, kauften vor allen China, Indien und auch andere Länder mehr russisches Öl.

    Der Rückgang der russischen Erdölimporte in die EU führte zu einer Stärkung der Marktmacht von anderen wichtigen Lieferanten der EU. Die Öllieferketten der EU wurden einer umfassenden Umstrukturierung unterzogen, wobei sechs Länder den größten Teil des Rückgangs der russischen Lieferungen aufgefangen haben, allen voran Saudi-Arabien und die USA, gefolgt von Norwegen, Angola, Brasilien und dem Iraq.

    Anders verhält es sich bei den Exporten von Raffinerieprodukten aus Russland. Eine beträchtliche Menge russischer Erdölprodukte werden über Zwischenländer in die EU-Länder exportiert und so werden die Sanktionen umgangen. Laut einer Analyse von Transport &Environment sind es vor allem China und Indien, in einem geringeren Ausmaß auch die Türkei, Singapur und die Vereinigten Arabischen Emirate, die vermehrt russisches Erdöl importieren, daraus Erdölprodukte (z.B. Diesel, Flugkerosin) herstellen und diese in die EU-Länder exportieren. 

  • Entwicklung de russischen Gas-Exporte in die EU

    Über 50 Jahre lang war Russland ein zuverlässiger Gaslieferant für Europa und erfüllte seine vertraglichen Verpflichtungen auch auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges. Vor allem Deutschlands Industrie basierte stark auf billigem Gas aus Russland. Doch als Folge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine änderte sich alles.

  • Foto: Eurostat
  • Entwicklung de russischen Gas-Exporte in die EU

    Während Russland im 2. Quartal 2021 den europäischen Gasmarkt mit einem Anteil von fast 40% noch dominiert hat, machten die russischen Gasexporte in die EU-Länder im 2. Quartal 2023 nur mehr 13% aus.  Im selben Zeitraum haben sich die Gasexporte (in Form von Flüssiggas) aus den USA in die EU verdoppelt, aber auch das Vereinigte Königreich und Norwegen konnten ihre Gaslieferungen in die EU deutlich steigern.

    Die Importe über Pipelines aus Russland sind drastisch gesunken, derzeit wird noch russisches Gas über die TransGas- und Turkstream-Pipeline in einige EU-Länder geliefert. Zusätzlich exportiert Russland auch LNG in die EU.

    Das Herunterfahren der Pipelineexporte trifft Russland finanziell stark. Planung und Bau von Pipelines in andere Länder nimmt einige Jahre in Anspruch, während Moskau Flüssiggas (LNG) dagegen leicht auch in andere Länder exportieren kann, vorausgesetzt die erforderliche Infrastruktur ist vorhanden (Gasverflüssigungsanlagen in Russland und LNG-Terminals in den Importländern).

  • Was bringt der kommende Winter?

    Im vergangenen Sommer und Herbst herrschte in allen EU-Ländern große Unsicherheit, ob es im Winter zu einer Energieknappheit kommen würde. Die Reduzierung der Gasimporte aus Russland war für viele europäische Länder eine große Herausforderung.  Als Folge schnellten die Energiepreise, vor allem die Gaspreise und in Folge auch die Strompreise in die Höhe. Die Maßnahmen der Regierungen in der EU waren von entscheidender Bedeutung, dass die russischer Energieabhängigkeit stark reduziert und die Widerstandsfähigkeit des Energiesystems verbessert wurde. Der milde Winter in Europa drückte die Gasnachfrage und die Gaspreise stabilisierten sich inzwischen auf einem niedrigeren Niveau. Schon im vergangenen Jahr wurde von der EU festgelegt, dass die Gasspeicher bis zum 1. November 2023 zu 90 % gefüllt sein müssen. Wie ein Sprecher der EU-Kommission vergangene Woche mitteilte, sind die Gasspeicher in ganz Europa inzwischen bereits zu knapp 90% gefüllt, womit das verbindliche Ziel erreicht wurde, den Kontinent mit einer monatelangen Reserve durch den Winter zu bringen. Wenn es keine unvorhersehbaren Lieferausfälle gibt und ein nicht allzu strenger Winter bevorsteht, sollten die EU-Länder auch den kommenden Winter gut überstehen.