Politik | Verwaltung

Vertrauen, Vereinfachen, Weglassen

Südtirol startet eine Verwaltungsreform: Mit Digitalisierung, Bürgerfeedback und interner Umstrukturierung soll die Bürokratie bürgernäher und effizienter werden.
Kompatscher
Foto: LPA/Greta Steurer
  • Um Bürgeranliegen und den Kontakt mit der Verwaltung zu vereinfachen, hat die Landesregierung eine digitale „Offensive“ gestartet. Die ersten Ergebnisse dieses Modernisierungsschritts präsentierten Landeshauptmann Arno Kompatscher, Generaldirektor Alexander Steiner und Janah Andreis, Direktorin des Ökonomats und stellvertretende Abteilungsleiterin der bereichsübergreifenden Dienste, heute (15. Mai) im Rahmen einer Pressekonferenz. Landeshauptmann Kompatscher erinnerte daran, dass die Diskussion um Entbürokratisierung seit Jahrzehnten geführt werde – mit bislang überschaubaren Ergebnissen. „Über Entbürokratisierung zu sprechen, ist mittlerweile schon ein Risiko“, sagte er. Dennoch sei klar: Bürokratie werde niemals verschwinden, da sie für Transparenz, Gerechtigkeit und Fairness notwendig sei – etwa bei öffentlichen Vergabeverfahren. „Es geht nicht darum, die Bürokratie abzuschaffen, sondern sie weniger belastend und nutzerfreundlicher zu gestalten“, betonte Kompatscher. 

  • Bürgerfeedback als Schlüssel zur Verbesserung

    Alexander Steiner: Der Generaldirektor unterstrich den langfristigen und strukturellen Charakter des Vorhabens. Foto: LPA/Greta Steiner

    Ein zentraler Punkt sei es, so Kompatscher, dass künftig jede Verwaltungsmaßnahme von Bürgerinnen und Bürgern bewertet werden könne. „Warum sollte eine öffentliche Verwaltung nicht auch ihre Kundinnen und Kunden fragen, ob sie zufrieden sind?“ Über eine neue Feedback-Funktion sollen Nutzer künftig rückmelden können, ob Verfahren verständlich waren oder unnötige Daten erneut abgefragt wurden. Diese strukturelle Einbindung der Öffentlichkeit sei ein Novum in der Verwaltungspraxis. Generaldirektor Steiner unterstrich den langfristigen und strukturellen Charakter des Vorhabens. Der Prozess sei bereits 2019 mit einer „Führungskräftewanderung“ gestartet worden. Dort wurde das Leitprinzip „VVW – Vertrauen, Vereinfachen, Weglassen“ entwickelt – seither Grundlage des Verwaltungshandelns. Vertrauen bedeute auch, nicht jede Erklärung mit einem Originaldokument zu belegen. Statt pauschaler Kontrolle setze man verstärkt auf Selbsterklärungen und Stichproben. Die Vereinfachung sei fest im Regierungsprogramm verankert und werde durch bereichsübergreifende Ziele konkretisiert. Eine umfassende Mitarbeiterumfrage habe 1.309 Vorschläge hervorgebracht. „Innerhalb kurzer Zeit“, wie Steiner betonte. Parallel dazu läuft eine öffentliche Beteiligungskampagne, die am 5. Mai gestartet wurde und bis 31. Juli läuft. Bürgerinnen und Bürger können dabei über eine leicht zugängliche Online-Plattform eigene Vorschläge einbringen.

  • Künstliche Intelligenz soll Verwaltung modernisieren

    Ein weiterer zentraler Schritt betrifft den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI). Am Dienstag (13. Mai) hat die Landesregierung die Entwicklung einer entsprechenden Strategie beschlossen. Ziel ist es, mithilfe von KI die Effizienz, Sicherheit und Qualität öffentlicher Dienstleistungen zu verbessern – und damit auch die Lebensqualität der Bevölkerung zu steigern. Dazu wird eine eigene organisatorische Struktur geschaffen, bestehend aus einem strategischen Ausschuss, einem Ethikkomitee und einem operativen Ausschuss. Herzstück der Initiative ist ein neues KI-Kompetenzzentrum in Kooperation mit der Südtirol Informatik AG (SIAG) und dem Forschungszentrum SIAG lab.ai im NOI Techpark. Zusätzlich wurden Partnerschaften mit Microsoft (technologische Expertise) und Eurac Research (wissenschaftliche Begleitung) beschlossen. Die Umsetzung ist auf 36 Monate angelegt und mit einem Budget von rund 2,44 Millionen Euro ausgestattet.

  • „Wir liefern konkrete Ergebnisse“

    Amtsdirektorin Janah Andreis, die den Zwischenbericht präsentierte, sprach von einem gelungenen Start. Sie unterstrich den langfristigen und strukturellen Charakter des Vorhabens. Von den 1.309 Vorschlägen der Mitarbeiter sind 689 positiv bewertet worden, 59 bereits umgesetzt und 228 sind in Umsetzung. Von den 98 Vereinfachungsvorschlägen auf Ressortebene sind laut Andreis hingegen 13 bereits umgesetzt und 53 in Umsetzung. Führungskräfte hätten zudem 98 Projekte eingereicht, von denen 54 Prozent derzeit umgesetzt würden.

  • Foto: LPA/Greta Stuefer
  • Zu den bereits umgesetzten Projekten gehören:

    • ProAbility: Ein digitales Prämienmodell zur Förderung der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung. Anträge können seit Februar 2025 über das myCivis-Portal gestellt werden – ein Bruch mit den alten Papierverfahren.
    • LAFIS_FRUIT: Ein digitales Obstbau-Kataster, das einheitliche Daten zu Sorten und Flächen bereitstellt. Bereits rund 5.500 Betriebe nutzen es – eine wichtige Grundlage für transparente Beitragsvergabe.
    • ZeMeT: Eine neue Brandschutzregelung ermöglicht für bestimmte Gebäude eine einfache digitale Anzeige statt eines komplexen Genehmigungsverfahrens. Das spart Zeit und erhöht gleichzeitig die Effizienz.
    • Serviceportal myCivis 4.0: Die überarbeitete Plattform bündelt Informationen und Dienste, macht sie standortunabhängig zugänglich und nutzt künstliche Intelligenz, um Anfragen schneller zu bearbeiten. Persönliche Daten müssen nur noch einmal eingegeben werden, Nutzer erhalten individualisierte Empfehlungen.


     Diese Maßnahmen zeigten, so Andreis, dass es sich nicht um bloße Ankündigungen handle. „Wir liefern konkrete Ergebnisse“, sagte sie. Doch das sei erst der Anfang: „Das ist kein Sprint, sondern ein Marathon.“