Gesellschaft | Brixen

Bischofsstadt auf Irrwegen?

Wenn der Brixner Hofburggarten im Juli vorübergehend seine Tore öffnet, bleiben viele Fragen. Jene, die sie stellen, kritisieren allen voran die Stadtregierung.

Das Geheimnis ist gelüftet. Pünktlich zum Sommerbeginn hat die Brixner Stadtregierung gemeinsam mit der Tourismusgenossenschaft und dem Präsidenten der Hofburg in Brixen gestern (21. Juni) ihr Projekt für die Sommernutzung des Hofburggartens präsentiert. Ab 22. Juli soll der Garten, den die Gemeinde Brixen seit 2008 von der Diözese für 20 Jahre und 25.000 Euro jährlich gepachtet hat, für gut zwei Monate geöffnet werden. Wer 7 Euro Eintritt bezahlt (Kinder ab 6 Jahren zahlen die Hälfte, Familien 15 Euro), kann den Spuren und der Geschichte des weltreisenden indischen Elefanten Soliman, der 1551 von Spanien über Italien und Tirol nach Wien zog und überall gefeiert wurde, in einem Labyrinth aus Maispflanzen folgen. “Es war der Wunsch der Gemeindeverwaltung, den Hofburggarten mit einem temporären Projekt über die Sommermonate zu öffnen und dabei ein Programm anzubieten, das professionell aufbereitet ist und Einheimische ebenso anspricht wie Gäste”, erklärte Brixens Bürgermeister Peter Brunner bei der Vorstellung des Projekts. Damit dürfte er allerdings gescheitert sein.


Gemeinsam begonnen...

Denn längst nicht alle Brixner Bürger können dem Mais-Labyrinth etwas abgewinnen. Den Kritikern, die bereits im Vorab ihre Stimme erhoben haben und es auch nach der offiziellen Vorstellung der Initiative tun, geht es weniger um das Projekt an sich, sondern vielmehr um die Art und Weise, wie es die Stadtpolitik auf den Weg gebracht hat. Darunter der Grüne Landtagsabgeordnete Hans Heiss, der sich am Mittwoch als “Bürger und Historiker aus Brixen” zu Wort meldet. “Wo bleibt die sanfte Lösung? Wo die Bürgerbeteiligung?”, fragt er sich. Er fordert Gemeinde und Tourismusgenossenschaft auf, “das Labyrinth schneller Events und Entscheidungen zu verlassen und für den Hofburggarten eine langfristige Lösung anzupeilen”. Eine solche wird seit Jahren von verschiedenen Seiten eingefordert.

Offizielle Präsentation des Labyrinth-Projekts am 21. Juni: die Vertreter der Gemeinde, der Brixen Tourismus Genossenschaft und der Hofburg: Monika Leitner, Thomas Schraffl, Claudio Del Piero, Peter Brunner, Paula Bacher, Josef Gelmi, Markus Huber und Werner Zanotti. Foto: Gemeinde Brixen

Bereits 2008 haben Bürger in Brixen die Initiative “Pro Pomarium” (“Für den Obstgarten”) ins Leben gerufen, in Reaktion auf die Vorschläge der damaligen Stadtverwaltung, den Hofburggarten durch diverse Arten von Events zur Touristenattraktion zu machen. “Pro Pomarium” setzt sich hingegen, ebenso wie der Verein “Stadt-Garten Brixen” und viele Bürger, für eine sanfte Gestaltung und Nutzung des Gartens ein. 2010 und 2011 folgt ein Bürgerbeteiligungsprozess, in dessen Rahmen die Brixner mit der Stadtregierung in Dialog treten und gemeinsam Ideen für die künftige Nutzung sammeln. 2012 findet ein internationaler Planungswettbewerb zur Neugestaltung des Hofburggartens statt, die dem Wunsch der Bevölkerung – ein Garten für alle, ohne Eintritt, mit Begegnungs- und Erfahrungsmöglichkeiten – gerecht werden soll. Den Wettbewerb gewinnt ein Südtiroler Büro: Auf den zur Verfügung stehenden Flächen sollen Streuobst- und Blumenwiesen entstehen sowie Platz für Veranstaltungen geschafft werden. 2014 wird ein Vorprojekt präsentiert, das aber nicht vollständig umgesetzt wird. 2015 genehmigt die Stadtregierung kurz vor den Gemeinderatswahlen ein weitgehend reduziertes Projekt, doch nach dem 10. Mai 2015 ändert sich alles. Die neue Stadtregierung unter Bürgermeister Peter Brunner legt das Projekt auf Eis, begründet durch zu hohe Führungskosten von angeblich 600.000 Euro im Jahr.


Von der Homepage von “Pro Pomarium”.


...im Alleingang weiter...

Die Tourismusgenossenschaft wird beauftragt, ein Nutzungskonzept für den Hofburggarten für den Sommer 2016 zu erarbeiten und umzusetzen. Weder die Bürger noch die Brixner Gemeinderäte werden gefragt oder gar eingebunden, und die Straße somit für eine “Eventisierung” frei gemacht, wie auch Franz Linter in zwei salto-Blogbeiträgen bemängelt, die er in den vergangenen Tagen zum Hofburggarten geschrieben hat. “Das ist ein abgekartetes Spiel und soll Fakten schaffen, die sich den Vorstellungen der so genannten ‘Wirtschaft’ nähern”, reiht sich Markus Lobis in die Reihen der Kritiker ein. Dem ehemalige Brixner Gemeinderat stößt ebenso wie dem Verein “Stadt-Garten Brixen” und der Bürgerinitiative “Pro Pomarium” die Tatsache sauer auf, dass der Brixner Stadtrat das am Dienstag präsentierte Maislabyrinth-Projekt “ohne jegliche politische Abstimmung” und unter Umgehung des Gemeinderats in die Wege geleitet hat.

Diese einmalige Gartenanlage darf nicht leichtfertig momentanen kurzsichtigen politischen und speziellen Interessen geopfert werden.
(Verein Stadt-Garten Brixen)


Vorübergehend übergangen

“Bürgermeister Brunner und der Stadtrat verlassen mit diesem Projekt den Pfad des Konsenses und machen sich der Kumpanei mit mächtigen Kreisen verdächtig (…) Es ist eine Packelei alten Stils, die in der Vergangenheit zu Politikverdrossenheit und BürgerInnenfrust geführt hat”, schreibt Lobis noch am Dienstag in einem Kommentar. Auch für Hans Heiss befindet sich Brixen “im Irrgarten der Demokratie”. Zwar betont Peter Brunner, dass das in Kürze startende Labyrinth-Projekt nur auf eine vorübergehende Öffnung des Hofburggartens abziele und der Entscheidung über die künftige Gestaltung (die laut Bürgermeister übrigens “noch nicht gefallen” ist) “in keiner Weise” vorgreife. Doch für Heiss steht fest: “Die Zwischenlösung für den Hofburggarten macht eine historische Anlage zum Eventparadies und blockiert eine Dauerlösung.” Angesichts der vielen langen Gesichter und kritischen Wortmeldungen der vergangenen Tage dürfte der Grüne Landtagsabgeordnete nicht ganz unrecht haben, wenn er sagt: “Manchen wird das Eventlabyrinth gefallen, viele aber, die sich ihr feines Gespür für den Charakter Brixens bewahrt haben, werden sich schmerzlich übergangen fühlen.”

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Franz Linter Do., 23.06.2016 - 00:01

Zitat: "Die neue Stadtregierung unter Bürgermeister Peter Brunner legt das Projekt auf Eis, begründet durch zu hohe Führungskosten von angeblich 600.000 Euro im Jahr."
Der Artikel von Willy Vontavon im Brixner (Nr. 314) erklärt wie der BM Peter Brunner zu den angeblichen 600.000 €/Jahr gekommen ist. Er hat Michael Oberhuber, Direktor der Laimburg um eine Analyse gebeten und erhalten. Genaueres erfährt man nicht, weil es keine Auftragsstudie, sondern ein Gefälligkeitsgutachten war.
Das ist ungefähr so, wie wenn ich bei der Daimler Niederlassung nach den Unterhaltskosten von VW Phaeton frage um damit einen Grund zu bekommen, bei der S-Klasse zu bleiben.

Do., 23.06.2016 - 00:01 Permalink
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Markus Lobis Do., 23.06.2016 - 13:45

Ich denke, der Laimburg-Direktor hat da wohl mit historischen Laimburg-Kosten gerechnet, vermutlich ist ein ordentlicher Dienstwagen dabei, eine Dienstwohnung für Laimburg-Edelpensionäre und a paar Trinkgelderlen für die fleißigen Mitarbeiter.

Do., 23.06.2016 - 13:45 Permalink