Wirtschaft | Landwirtschaft

„Der Preis würde sonst einbrechen“

Wie sieht es mit der Wirtschaftlichkeit der Geschlossenen Höfe aus? Kann eine 4-köpfige Familie tatsächlich noch vom Ertrag leben oder droht eine Verkaufswelle?
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Foto: Pixabay
  • Der Geschlossene Hof stand im Fokus mehrerer Landtagsanfragen des Landtagsabgeordneten der Freien Fraktion Andreas Leiter Reber. Während Landwirtschaftslandesrat Luis Walcher ein „rosiges“ Bild von den Erlösen zeichnet, die auch mit kleinen landwirtschaftlichen Flächen erwirtschaftet werden können, ist Leiter Reber nicht davon überzeugt.
     

  • Andreas Leiter Reber, Abgeordneter der Freien Fraktion: „Diese Sorglosigkeit teile ich nicht.“ Foto: Seehauserfoto

     „Das Prinzip des Geschlossenen Hofes hat wesentlich dazu beigetragen, dass wir in Südtirol heute noch relativ viele Bauernhöfe hätten“, ist der Freie Abgeordnete überzeugt, der jedoch warnt: „Damit dies so bleibt, müssen die Landwirtschaft und Wirtschaftlichkeit der Höfe stärker in den Vordergrund rücken.“ Die in den letzten Jahren zum Teil deutlich gesunkenen Nettoerträge in der Landwirtschaft wirken sich auf die zentralen Schutzelemente im Höfegesetz aus, welches Mindestflächen und einen Jahresertrag vorsieht, mit dem der Unterhalt von vier Personen garantiert werden soll.

    Damit in Südtirol ein geschlossener Hof gebildet werden kann, muss der Jahresdurchschnittsertrag des Hofes zum angemessenen Unterhalt von mindestens 4 Personen ausreichen. So steht es im aktuellen Höfegesetz. Für Obstbauflächen gelten 3 Hektar und für Grünland 6 Hektar als notwendige Mindestfläche und ist der Antragsteller unter 40 Jahre alt, so reichen bereits 2 und 4 Hektar. Da sich die Erträge in der Südtiroler Landwirtschaft in den letzten Jahrzehnten durchaus stark verändert haben, die Mindestgrößen aber seit bald 25 Jahren gleichgeblieben sind, Andreas Leiter Reber nachgefragt, ob diese Parameter noch geeignet wären, um die Wirtschaftlichkeit der Bauernhöfe garantieren zu können. „Ja“, heißt es dazu lapidar von der Landesregierung. Leiter Reber reagiert mit Verwunderung: „Diese Sorglosigkeit teile ich nicht. Auch wenn der Bauernhof mit den verschiedenen Formen des Nebenerwerbs eine Betriebseinheit bildet, so hat die Landwirtschaft immer im Vordergrund zu stehen und dann müssen auch die Schutzmechanismen des geschlossenen Hofes an die veränderte Realität und Betriebswirtschaftlichkeit angepasst werden.“

  • Apfelanbau im Vinschgau: Laut Leiter Reber berichten Makler davon, dass im Vinschgau und im Etschtal Flächen zurückgehalten werden, damit der Preis nicht einbricht. Foto: Seehauserfoto
  • Was für die Neubildung eines geschlossenen Hof gelte, gelte laut Leiter Reber noch mehr für den Verkauf von bestehenden geschlossenen Höfen, denn die Zahl der Neuschließungen sei relativ klein im Vergleich zu den Höfen und Grundstücken die jährlich verkauft würden: „Mehrere Makler haben mir berichtet, dass sie im Vinschgau und Etschtal viele Obstwiesen zurückhalten würden, da der eh schon stark gesunkene Preis sonst endgültig einbrechen und zu Verwerfungen führen würde. Viele dieser Verkäufe sind auf die rückläufigen Nettoerträge im Obstbau und die Verschuldung der Betriebe zurückzuführen.“


    „Mehrere Makler haben mir berichtet, dass sie im Vinschgau und Etschtal viele Obstwiesen zurückhalten würden, da der eh schon stark gesunkene Preis sonst endgültig einbrechen.“
     

  • „An und für sich ist der Kauf und Verkauf von Bauernhöfen kein Problem, wenn damit die Landwirtschaft gestärkt wird, doch es kommt immer seltener vor, dass begeisterte oder angehende Landwirte die Grundstücke und Höfe kaufen“, stellt der Freie Abgeordnete fest.
    „Immer öfter sind es finanzstarke Unternehmer aus anderen Sektoren die einzelne Liegenschaften erwerben und als Kapitalanlage nutzen oder die geschlossenen Höfe nur deshalb kaufen, um die als Nebenerwerb für die bäuerliche Familie gedachte touristische Nutzung in den Vordergrund zu stellen oder um sich ein Hobbyweingut oder Berg-Chalet zu errichten, während gleichzeitig die landwirtschaftliche Nutzung nur noch eine marginale Rolle spielt. Die Wiesen werden von landwirtschaftlichen Arbeitern bearbeitet, offiziell oder inoffiziell verpachtet oder mit ein paar Eseln besetzt, damit die Großeinheiten stimmen, um zwar keine Landwirtschaft betreiben zu müssen, aber die für die Landwirtschaft vorgesehenen Fördergelder einstreichen zu können. Hier muss zum Schutz der Bauern und der Landwirtschaft seitens der Politik gehandelt werden und der ein oder andere Bauer muss vielleicht auch vor sich selbst geschützt werden“, so Leiter Reber.


     

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Salto User
nobody Di., 07.01.2025 - 19:47

Neben der Deindustrialisierung gibt es in Europa auch eine schleichende Deagrarisierung. V.a. Milchbetriebe und kleine Betriebe werden schleichend verschwinden zu Gunsten großer Agrarbetriebe, die "ökonomisch sinnvoll" auf eine quasiindustrielle Produktion setzen. Wer billige Lebensmittel will, der bekommt sie auch.

Di., 07.01.2025 - 19:47 Permalink