Auf den Leim gegangen

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Es ist Freitag, der 7. Februar 2025, der junge Südtiroler Simon (Name geändert) ist gerade auf dem Weg von seinem Heimatdorf nach Bozen, als er eine Nachricht vom Zahlungsdienstleister „Nexi“ erhält. Die SMS kommt dabei nicht in einem neuen, gesonderten Chat, sondern in jenem, in dem der um die 30-Jährige schon seit jeher Nachrichten vom digitalen Payment-Anbieter erhält. Der Inhalt der Nachricht: „NEXI Rilevato tentativo di accesso insolito al suo Internet Banking da Madrid. Non lo riconosci?“ Und ein dementsprechender Link. Simon fällt erst im Nachhinein auf, dass dieser Link anders ist als jener, den Nexi normalerweise schickt. Simon, noch immer im Auto, klickt auf den Link und begutachtet zunächst die Homepage. „Alles war normal, die Seite sah exakt wie die mir bekannte Nexi-Seite aus“, berichtet er gegenüber SALTO. Also versuchte er, sich anzumelden, allerdings vergeblich. Deshalb wollte er seine Bank kontaktieren, konnte in der Eile jedoch die Nummer nicht finden. Also ließ er das Ganze sein, um einen Termin in der Landeshauptstadt wahrzunehmen. Heute vermutet er, dass die Betrüger genau solche Situationen ausnutzen, in denen ihre Opfer beschäftigt sind und nicht genügend Zeit haben, sich ausführlich mit der Nachricht zu beschäftigen.
„Es waren so viele Informationen in kurzer Zeit, dass ich das alles so hingenommen und ihm vertraut habe.“
Während seines Termins erhält Simon zwei Anrufe einer ihm fremden Nummer. Nach seinem Termin ruft er aus Unsicherheit sofort zurück, am anderen Ende antwortet ein gewisser „Luca Fedele“, der sich in gewohntem und perfektem Beamtenjargon als ein Vertreter der Postpolizei ausgibt. Innerhalb knapp zehn Minuten erklärt dieser in schnellem, unverständlichem Italienisch den Sachverhalt: „Ich habe zwar verstanden, was er von mir wollte, es waren jedoch so viele Informationen in kurzer Zeit, dass ich das alles so hingenommen und ihm vertraut habe, es schien ja die Polizei zu sein“, so das Opfer. Dem Telefonat konnte Simon entnehmen, dass er nun die Überweisung des verdächtigen Kontos in Spanien, das ihm der Polizist weiterleitet, annehmen soll, damit die Ordnungshüter das Konto blockieren können. Der vermeintliche Postpolizist erklärte ihm, dass das Sperren nur möglich sei, wenn Simon annimmt, ansonsten sei das Geld weg. Fedele loggt sich daraufhin mithilfe von Simons Benutzernamen auf dessen Bankkonto ein und startet eine Überweisung von 999 Euro, woraufhin Simon eine Bestätigungsanfrage auf seinem Mobiltelefon erhält, die er aufgrund von Ungewissheit ablehnt. Es dauert keine zehn Sekunden, bis sich der mutmaßliche Beamte wieder telefonisch meldet und sein Opfer fragt, wieso er die Anfrage abgelehnt hat, da sie ja unabdingbar sei. Nachdem Simon ihm seine Zweifel schildert, nimmt sich der Betrüger weitere fünf Minuten Zeit, um alles noch einmal kühl und professionell zu erklären. Danach folgt dasselbe Prozedere, Simon erhält eine Anfrage für eine Überweisung von 999,99 Euro auf seinem Smartphone, die er annimmt. Daraufhin ruft Fedele wieder an und erklärt, dass das Ganze noch einmal gemacht werden müsse, die Summe lautet diesmal 1.999,99 Euro, Simon nimmt wieder an. Der ganze Vorgang wiederholt sich zwei- bis dreimal, die letzte Anfrage lautet dabei auf über 19.999 Euro. Glücklicherweise war eine Überweisung eines so hohen Betrages nicht möglich. „Ich nehme an, dass er in der Zwischenzeit testen wollte, ob mein Konto überzogen werden kann“, vermutet Simon.
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Nach Abschluss der Echtzeitüberweisungen hält der selbsternannte Polizist Simon weiter am Telefon und erklärt ihm, dass man nun auf Rom warten müsse, da die Kollegen dort im Hauptsitz sich jetzt um die Sache kümmern würden. Es vergehen eineinhalb Stunden, in denen Simon während seiner Handwerkstätigkeit die ganze Zeit am Handy hängt und wartet. Um 17 Uhr abends schließlich nimmt alles sein Ende: Fedele überbringt die positive Nachricht, dass alles geklappt hat, Simon am Wochenende nicht auf sein Bankkonto zugreifen dürfe und am Montag bei einem erneuten Telefongespräch wieder alles in Ordnung sein werde. Dies vermutlich, damit der Kriminelle genug Zeit hat, das Geld in Sicherheit zu bringen. Simon vermutet außerdem, dass beim angekündigten Gespräch am Montag nochmal das gleiche Spiel gelaufen wäre. Heilfroh tritt der bis dahin durchgehend angespannte Südtiroler nach einigen Besorgungen in Bozen den Heimweg an. Währenddessen telefoniert er mit seinem Vater, dem er die Ereignisse schildert. Dieser riecht sofort, dass etwas faul sein muss, woraufhin Simon den Direktor seiner lokalen Bank anruft, der ihm nach kurzem Kontrollieren die Befürchtung des Vaters bestätigt: Er ist einem professionellen Betrüger auf den Leim gegangen, Verlust: rund 3.000 Euro. „Ich konnte es nicht glauben“, so Simon.
„Ich dachte immer, dass mir so ein Betrug nie passieren würde.“
Gleich am Samstagmorgen erstattete er Anzeige bei den Carabinieri, die ihm jedoch gleich offenbarten, dass er nicht wirklich eine Chance habe, das Geld zurückzuerlangen und auch die Bank kann ihm nicht helfen. Daraufhin versucht Simon auf eigene Faust noch einmal Luca Fedele zu erreichen, um ihn auf frischer Tat zu ertappen, alles aufzunehmen und sich an die Behörden und die Medien zu wenden. Der Betrüger geht auch tatsächlich ans Telefon und fragt etwas unhöflich, warum das Bankkonto nun gesperrt ist. Als Simon antwortet und erklärt, dass er nicht wisse, wie es dazu gekommen war, wünscht der Betrüger widerwillig einen schönen Tag und legt auf. Mit dieser letzten Episode endet Simons Odyssee schließlich, das Geld wird er zu hoher Wahrscheinlichkeit nicht wieder sehen. „Ich dachte immer, dass mir so ein Betrug nie passieren würde. Mir ist es jetzt deshalb umso wichtiger, aufzuzeigen, dass es jeden erwischen kann“, betont Simon abschließend. Das Ganze laufe wahnsinnig professionell ab, dies habe ihm auch ein Bankbeamter sowie eine IT-Fachfrau bestätigt. Durch diesen Austausch sei es ihm unter anderem gelungen, die ganze Sache gut zu verarbeiten. Anstatt es zu verheimlichen und zu bedauern ist es Simon wichtig, seinen Fall bekannt zu machen, um andere zu sensibilisieren und möglicherweise andere Betroffene zu erreichen. „Nur wenn man darüber spricht, können diese Betrügereien bekämpft werden.“
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Was können Opfer tun?
Bei der Verbraucherzentrale Südtirol sind Betrügermaschen wie bekannt: „Wir sprechen hier von organisiertem Verbrechen. Diese Betrügereien passieren sehr häufig, und wir hören ständig von solchen Phishingmethoden. Dass sich die Betrüger als Postpolizisten ausgeben, ist jedoch neu“, erklärt die Geschäftsführerin Gunde Bauhofer. Demnach würden sich die Kriminellen meist als Bankbeamte ausgeben. Was bei dieser Art von Betrügerei jedoch immer gleich ablaufe, ist der Stress und Druck, der durch psychologische Mittel bei den Opfern ausgeübt wird. Die Opfer werden aufgefordert, schnell zu handeln, da gerade Geld auf ihrem Konto in Gefahr ist, die Folge davon ist, dass die Betroffenen sich beeinflussen lassen. Was die Nachricht im bereits existierenden Chat mit beispielsweise Nexi betrifft, erklärt Bauhofer, dass es sich dabei um nichts Außergewöhnliches handle: „Die Betrüger nutzen eine technische Hinterlist, das sogenannte Spoofing, wodurch Smartphone die Nachricht dann von alleine in den entsprechenden Chat einordnen.“ Das Ganze funktioniere dabei über die Chats und Telefonanrufe aller Banken oder Ähnlichem. Die Verbraucherschützerin erklärt, dass man die gefälschten Nachrichten häufig durch schlechte Sprache oder Tippfehler erkennen könne, man merke jedoch auch, dass die Nachrichten besser werden. Spätestens beim Internetlink sehe man durch Abweichungen aber, dass es sich nicht um die Seite der Bank oder Ähnliches handelt. Wie eingangs erwähnt konnte auch Simon im Nachhinein feststellen, dass der Betrüger-Link ein anderer war als jener, den er normalerweise vom Zahlungsanbieter erhielt.
„Wir merken, dass die Betrüger gewiefter werden.“
Die Verbraucherzentrale rät im Falle, dass man Opfer von Betrug wurde, als Erstes die betroffene Bankkarte zu sperren und anschließend Anzeige zu erstatten sowie sich beim jeweiligen Dienstleister zu melden, damit die Summe rückerstattet wird. Sollte dies nichts bringen, so solle man sich beim Verbraucherschutz zur Beratung melden. Ob man das Geld zurückerhält, hängt von Fall zu Fall sowie vom Hergang und dem Verhalten im Einzelfall ab. „Wir raten schon im Voraus, aber Nachrichten dieser Art immer zu misstrauen. Keine seriöse Institution schickt einen Link und schreibt dazu, dass man sein Passwort eingeben soll, um etwas zu verhindern.“ Im Zweifel soll man deshalb immer beim jeweiligen Anbieter anrufen und nachfragen. Was die Zahl der Betrugsfälle betrifft, lasse sich kein deutlicher Anstieg festhalten, so Bauhofer, die Zahl sei in den vergangenen Jahren recht stabil geblieben, die Fälle kämen aber immer schubweise. „Wir merken, dass die Betrüger gewiefter werden, zugleich lernt aber auch die Bevölkerung dazu. Trotzdem fallen immer wieder Leute darauf hinein“, hält die Geschäftsführerin letztlich fest. Ein Tipp, um sich zu schützen, könnte ihr zufolge sein, sich mit einer anderen Person zu beraten, die das Thema nicht so emotional trifft.
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Laim oder Leim?
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Antwort auf Laim oder Leim? von nobody
Salto bietet die beiden…
Salto bietet die beiden Möglichkeiten zur Auswahl an. Jeder kann wählen was r will.
Antwort auf Laim oder Leim? von nobody
Ich bedanke mich für den…
Ich bedanke mich für den Hinweis, selbstverständlich handelt es sich um den Leim. Ist korrigiert.
Sorry. Danke für die…
Sorry. Danke für die Information. Leider gibt es zu viele Möglichkeiten für Online-Betrüger.