„Wir sind dabei zu verarmen“

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Wohin geht Europa und wie wettbewerbsfähig sind wir in der heutigen Welt? Unter diesem Motto fand gestern Abend (25.03.2025) die Generalversammlung des Südtiroler Wirtschaftsrings (SWR) im NOI Techpark in Bozen statt, an der zahlreiche Vertreter aus Wirtschaft und Politik teilnahmen.
Im Zentrum des Abends stand dabei ein Vortrag von Roland Benedikter, Co-Leiter des Centers for Advanced Studies von Eurac Research, der genauestens analysierte, wie es um Europas Stellung in der Weltwirtschaft derzeit und zukünftig steht.
Dabei erklärte er, dass es heute eine riesige globale Offensive zur Wettbewerbsfähigkeit gebe. Vorreiter in diesem Wettlauf sei der amerikanische Präsident Donald Trump, aber nicht nur: Zeitgleich mit Trumps radikalen Maßnahmen sei China der Welt in Sachen neue Technologien wie Künstliche Intelligenz weit voraus.„Wir sind dabei zu verarmen.“
„Und Europa? Der Report der europäischen Vorausschau 2023 hat damit begonnen, uns zu sagen, aufgepasst, es kommen neue Zeiten auf uns zu und das schneller, als wir das glauben“, so Benedikter. Diese neuen Zeiten seien dabei geprägt von einer Verknappung von Rohstoffen, Ressourcen, aber auch von Fachkräften. Des Weiteren werde die Wirtschaft immer mehr zur Waffe, um Machtpositionen in der Welt zu erhalten. Und auch eine gewisse gesellschaftliche Drucksituation bezüglich der Erhaltung unseres Wohlstandes komme auf uns zu – vor allem bei jüngeren Generationen.
„Der Report zeigt uns, dass es wichtig ist, auf die Umwelt und die Nachhaltigkeit achtzugeben. Diese Werte müssen aber mit Wettbewerbsfähigkeit ausgeglichen werden“, so der Experte. Das Dokument komme schließlich zum Schluss, dass wir im Bereich der neuen Technologien konkurrenzfähig sein müssen, um diesen Ausgleich zu schaffen. Dabei ist jedoch festzuhalten, dass Europa 2023 lediglich im Bereich zweier Technologien weltweit führend war. Bei allen anderen wie KI oder Computing liegt der Kontinent aufgrund von Versäumnissen in der Vergangenheit deutlich hinter den USA und China – und der Rückstand wird größer. Im Bereich der Technologie-Benefits, also der Früchte für die Gesellschaft, hat sich der Unterschied zwischen Europa und den USA zwischen 2010 und 2022 massiv vergrößert: Während der Rückstand hierzulande 2010 noch 16 Prozent betrug, sind es heute 76 Prozent. -
Vier Fragen an den Präsidenten des SWR
SALTO: Herr Pellegrini, das Motto der Generalversammlung des Südtiroler Wirtschaftsrings lautet in diesem Jahr „Ist Europas Wettbewerbsfähigkeit in Gefahr?“ .Warum wurde dieses Thema gewählt?
Sandro Pellegrini: Wir wollten diesmal ein Thema aufgreifen, das nicht andauernd in aller Munde ist. Wir wollten uns nicht immer auf dieselben Südtiroler Herausforderungen wie Arbeitslosigkeit oder leistbares Wohnen beschränken, sondern ein Thema aufgreifen, das über die Südtiroler Landesgrenzen hinausgeht. Ich hoffe, dass dabei Informationen geteilt werden, die allen Anwesenden einen größeren Blickwinkel geben. Südtirol ist ein schönes Land, eine glückliche Insel. Wir müssen aber aufpassen, dass wir nicht zu einer Insel werden, die nicht erreichbar oder vom Rest der Welt abgesondert ist.
Der Abend folgt der Frage „Wohin steuert Europa?“. Wie würden Sie diese Frage beantworten?
Die Ausgangsidee dieser ganzen Nachhaltigkeitspolitik hat sich etwas zähmen müssen. Man ist mit viel Enthusiasmus gestartet, dann haben wir aber gesehen, dass wir die ganze Sache möglicherweise zu schnell umsetzen wollten. Wir müssen uns hier Zeit nehmen, damit wir das Ganze richtig gut machen können.
Wie ist die Stimmung unter den Südtiroler Unternehmern?
Die Stimmung der Unternehmer ist weiterhin positiv. Jeder Unternehmer ist von Natur aus positiv gesinnt. Ein Unternehmer, der negativ denkt, ist schwer zu finden, denn das geht gegen die Natur. Das wäre wie ein Künstler, der sich nicht ausdrücken kann. Optimismus gehört zum Unternehmertum einfach dazu. Wir sind alle zuversichtlich, müssen uns künftig aber mit großer Wahrscheinlichkeit an neue Gegebenheiten anpassen. Die Betriebe müssen anpassungsfähig sein und den neuen Zeiten flexibel entgegentreten. Ich habe aber keinen Zweifel daran, dass unsere Betriebe diese Herausforderung bewältigen werden.
Stellen Sie Forderungen an die Südtiroler Politik?
Dieser Abend heute ist der Information zum Istzustand gewidmet. Ich habe in meiner Rede sehr wenige Appelle an die Politik im Land gestellt, weil ich der Meinung bin, dass wir sehr gut zusammenarbeiten und wir als Wirtschaftsring gehört werden. Es braucht immer auch die Bevölkerung, weil die Politiker letzten Endes das ausdrücken, was die Bevölkerung will. Deshalb muss man der Gesellschaft ans Herz legen, dass eine gesunde Wirtschaft auch ein Reichtum für jeden einzelnen Bürger des Landes ist. Bedeutet: Wenn die Wirtschaft gesund ist, werden Steuern gezahlt. Dieses Einkommen des Landes kann dann wiederum zum Vorteil der Bürgerschaft ausgegeben werden.
Foto: Südtiroler Wirtschaftsring -
Benedikter kam im Rahmen seines Vortrages auf einen weiteren Report, die vor Kurzem erschienene Vorausschau 2025, zu sprechen. Darin wird betont, dass sich die Wirtschaft daran gewöhnen muss, unter instabilen und unsicheren Verhältnissen zu operieren. Die Gründe dafür sind, wie der Experte erläutert, Konflikte vor den Toren Europas, aber auch zunehmende Ungleichheit im Inneren der Staaten durch zum Beispiel stark steigende Lebensmittelpreise im Vergleich zu den Löhnen. „Wir sind dabei, wenn ich das so plakativ formulieren darf, zu verarmen. Was grundsätzlich kein Zeichen für wirtschaftlichen Fortschritt ist“, kommentiert der Experte. Zugleich müsse die Weltwirtschaft mit immer stärkerer Konkurrenz rechnen, von Ländern wie China, die den Klimawandel leugnen und sich die entsprechenden Maßnahmen nicht auferlegen, sondern alles der Wettbewerbsfähigkeit unterordnen. Benedikter unterstrich in diesem Zusammenhang aber, dass der Klimawandel früher oder später eine Bedrohung für die Wirtschaft werden wird, wenn keine Anstrengungen dagegen unternommen werden. Dem Weltwirtschaftsforum zufolge wird sich die Wirtschaft in zehn Jahren hauptsächlich mit Klimafragen beschäftigen.
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Was muss Europa tun?
Europa fällt in entscheidenden Parametern, wie zum Beispiel beim Zuwachs an Produktivität pro Kopf der Wirtschaft, dem Grad an Investitionen in Innovation oder der Anzahl von Patenten, immer weiter hinter den USA und China zurück. Dies gehe mit dem einfachen Fakt einher, dass Europa heute zu wenig Geld für Innovation, Entwicklung und Forschung ausgibt. Während es in den USA viel mehr Risikokapital für Unternehmen gibt und die chinesische Wirtschaft stark vom Staat unterstützt wird, leiden Europas Unternehmen laut Benedikter an Kapitalarmut. Ein weiterer Grund, warum Europa in den vergangenen Jahren massiv in der Wettbewerbsfähigkeit zurückgefallen ist und somit immer weniger zur Konkurrenz für andere Länder wird.
„Das Wichtigste, um wettbewerbsfähig zu sein, dass wir uns auf Veränderungen einlassen.“
Diese Tendenz hielt auch der ehemalige italienische Ministerpräsident Mario Draghi in seiner 2024 erschienenen Analyse über Europas Wirtschaft fest. „Draghi sagt zwar, dass es uns nicht schlecht geht, appelliert jedoch, dass wir jetzt etwas tun müssen. Das Wichtigste, um wettbewerbsfähig zu sein, ist ihm zufolge, dass wir uns auf Veränderungen einlassen und auf Innovation, Dekarbonisierung und Stabilität für die Unternehmen setzen“, hebt Benedikter hervor. Kurz gesagt, schreibt Draghi in seinem Report, dass sich Europa auf die Hinterfüße stellen muss, da viel auf dem Spiel steht und man bereits jetzt in Rückstand geraten ist. Benedikter betont, dass Europa die Abhängigkeit von anderen Regionen reduzieren und wirtschaftlich eine viel stärkere Einheit sein muss.
Abschließend kam der Experte noch auf den von der EU ausgearbeiteten Wettbewerbskompass zu sprechen. Dieser sieht jährliche Analysen zum Istzustand der europäischen Wirtschaft vor und untersucht genau jene Bereiche, die Draghi angesprochen hat. -
Wie steht es um Südtirol?
Im Anschluss fand schließlich noch eine Podiumsdiskussion zum Thema Europas Wirtschaft mit Landeshauptmann Arno Kompatscher, Wirtschaftslandesrat Marco Galateo, Landwirtschafts- und Tourismuslandesrat Luis Walcher, Obfrau der Junghandwerker im lhv, Priska Reichhalter und dem Direktor der Fakultät für Maschinenbau und Luft- und Raumfahrttechnik der Universität La Sapienza in Rom, Antonio Carcaterra statt.
Kompatscher hielt dabei fest, dass im von Benedikter angesprochenen EU-Kompass nicht viel überraschend Neues stünde und die Frage daher laute, ob die Union in der Lage sein wird, die Maßnahmen umzusetzen. Er unterstrich jedoch, dass etwas getan werden muss. Was Südtirol betrifft, könne die Provinz die großen Fragen der EU nicht beantworten. Sehr wohl könne man aber die Tendenzen beobachten und dann in Nischen, wie im Bereich der alpinen Technologien, arbeiten.
Galateo erklärte, dass es Südtirols Wirtschaft als Ganzes gut gehe, man aber trotzdem zwei Ängste hege: Das sei zum einen der Fachkräftemangel, der in 20 Jahren rund 30.000 Arbeitskräfte umfasse und zum anderen die Situation in Südtirols größtem Exportland Deutschland. Was die letztere Thematik betrifft, müsse man deshalb vermehrt auf neue Märkte setzen, um neue Exportländer in die Kundenpalette aufzunehmen.
Walcher beteuerte, dass Südtirols Landwirtschaft nie mit den großen Produzenten Europas und weltweit mithalten könne, was die Menge der Erzeugnisse betrifft. Das Erfolgsgeheimnis sei deshalb die hohe Qualität der Südtiroler Lebensmittel. Um diese, die auch der einheimischen Bevölkerung dienten, weiterhin zu garantieren, sei es deshalb essenziell, dass die Landwirtschaft in Südtirol fortbesteht. Auf die Frage, wie es dem Tourismus geht, antwortete er, dass er sich keine Sorgen um dessen Fortbestehen mache.
Reichhalter betonte, dass europaweite Thematiken, wie der Kompass der EU für kleine Familienbetriebe oft weit weg wirkten. Diese bräuchten für die Zukunft vor allem gute Mitarbeiter, weniger Bürokratie sowie gute Rahmenbedingungen, um langfristig planen und agieren zu können.
Carcaterra unterstrich die Aussagen Benedikters und fügte an, dass die Frage um Europas Zukunft eine Herausforderung für die Politik darstelle. Grund hierfür sei der Fakt, dass zwei teils gegensätzliche Thematiken, die Wirtschaft und der Klimaschutz, auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden müssen.
„Wir sind dabei zu verarmen“…
„Wir sind dabei zu verarmen“
Ja da bin ich voll dabei.
Ein GEISTIGES Verarmen.
Dank an Durnwalder, Ebners, und all die glorreichen SVP
Politiker.
Ein Hoch auf Kompatscher und seine Wähler.
Ware Helden, Helden die Südtirol braucht.
Und den "rechten" Sven ... nicht zu vergessen. Er ist auch arm dran.
Europa muss aufwachen und…
Europa muss aufwachen und sich endlich von den Fesseln der Grünen und Linken Politik befreien!
Atomkraftwerke, Gasfelder in den Niederlanden, und notfalls Kohlekraftwerke wiedereröffnen, damit unsere Industrie konkurrenzfähig bleibt. Die EU versinkt in grünen Regelungen während USA, China, Indien, etc. mehr und mehr CO2 produzieren und uns die Industrie unter den Füßen wegnimmt. Der Klimawandel wird so und anders kommen und die EU mit ihren 6% Anteil am globalen CO2 wird daran kaum was ändern.
Europa muss endlich der realität ins Gesicht schauen, anstatt sich mit schwachsinn wie Frauenquoten, Carbon-Credits, etc. zu beschäftigen.
Antwort auf Europa muss aufwachen und… von gerhart.peintner
...und dabei nicht vergessen…
...und dabei nicht vergessen, in Brüssel sitzt ein Südtiroler, der seit geraumer Zeit bei diesem Horror mitspielt und mitverdient.
Übrigens ... er kommt aus SVP Reihen.
Antwort auf ...und dabei nicht vergessen… von Josef Ruffa
Wie Recht Sie haben. In…
Wie Recht Sie haben. In Brüssel sitzt ein Südtiroler. Aber er sitzt nur dort und bringt keine Leistung. Das einzige was er macht ist mächtig abkassieren.Das Hotel am Gardasee muss ja bezahlt werden.
Antwort auf ...und dabei nicht vergessen… von Josef Ruffa
Mitverdienen ja, aber zum…
Mitverdienen ja, aber zum Spielen ist es Wie beim „perloggn“. Man muss die Zeichen des Gegners auch wahrnehmen.
https://youtu.be/z2BEJEoBM58…
https://youtu.be/z2BEJEoBM58?si=zGI4L9j-c949PylY
Herr Patrik Baab spricht Klartext auch über die Wirtschaft am Ende des Videos! Europa kann durch diese Elite-Politiker nur versagen und untergehen. In allen Bereichen! Ich hoffe es wachen alle auf!
Wie man noch einen Draghi…
Wie man noch einen Draghi etwas glauben kann ist mir ein Ràtsel!
" „Wir sind dabei, wenn ich…
" „Wir sind dabei, wenn ich das so plakativ formulieren darf, zu verarmen." Falsch, wir sind nicht im Stande den Reichtum Europas gerecht zu verteilen. Unsere Sozialkompetenz erreicht so langsam die Abgründe, wie wir sie in den USA seit einigen Jahrzehnten beobachten können. Wollen wir das wirklich?
Ich finde es immer wieder…
Ich finde es immer wieder faszinierend, wie sich Politiker auf solchen Veranstaltungen äußern. Die Politiker sind groß, wenn es darum geht von Bürokratieabbau und Vereinfachungen zu sprechen. Umsetzen tun sie es aber nicht. Es ist nicht lange her, da hat z.B. unser Landeshauptmann im Brustton davon gesprochen, man müsse in der Medizin Bürokratie abbauen, damit die Ärzte wieder Ärzte sein können. Inzwischen wurden neue, deutlich umständlichere Formulare für die Bewilligung von Inkontinenzprodukten geschaffen.
Politiker haben einen Interessenskonflikt. Sie wollen die "Macht" und "Kontrolle" über Bereiche nicht abgeben, selbst wenn es so Banalitäten wie die Bewilligung für Erwachsenenwindeln im Wert von einigen hundert Euri ist.
Ich würde sogar sagen, dass die Situation teilweise schlimmer ist, als es viele Einheimische glauben. Viele Einheimische glauben, uns ginge es ja eh gut. Wenn man sich aber anschaut was in anderen Ländern heute schon Standard ist, stellt man fest, dass wir sehr weit hinterherhinken.
Wenn man nichts mehr produziert, wird es auch nichts mehr zum umverteilen geben. Die Geringschätzung von Wertschöpfung insbesondere in den wohlstandsverwahrlosten Teilen der Bevölkerung ist schon kurios. Für mich sind diesbezüglich viele Bürger mit Migrationshintergrund ein Lichtblick - die haben nämlich oft noch den Optimismus und den Willen, selbst was auf die Beine zu stellen.