Wirtschaft | Gebäudesektor

Südtiroler Wärmewende

Die Landesregierung hat ein teilweises Verbot von Öl- und Gasheizungen beschlossen. Besonders schwierig wird die Umstellung auf erneuerbare Wärmequellen bei Mehrfamilienhäusern.
Wohnhäuser, Bozen
Foto: Seehauserfoto
  • Die Landesregierung hat im März eine Durchführungsverordnung erlassen, die den Gebäudesektor klimafreundlicher machen soll. Neben der Einführung des Energiebonus mit Kubaturgeschenk hat vor allem ein teilweises Verbot von Öl- und Gasheizungen für Aufsehen gesorgt. Während viele Bürgerinnen und Bürger hohe Zusatzkosten befürchten, sieht der Branchenvertreter der Heizungstechniker im Wirtschaftsverband Handwerk und Dienstleister (lvh) Harald Kraler die Verordnung positiv. 

  • Die Neuerung

    Konkret muss beim Ersatz eines alten Heizkessels ab sofort eine Wärmepumpe installiert oder das Heizsystem an die Fernwärme angeschlossen werden. Allerdings hat das Klimaschutzressort des Landes auch Ausnahmen für das Verbot definiert: Kann der Energieverbrauch zum Beispiel dank einer Photovoltaikanlage mit mindestens 30 Prozent erneuerbarer Energie gedeckt werden, ist auch der Einbau eines Heizkessel mit Gas oder Öl erlaubt. Ebenso gilt das Verbot nicht, wenn durch eine energetische Sanierung der Energieverbrauch um mindestens 25 Prozent gesenkt werden kann. 

    Da das Verbot schlecht kontrollierbar ist, bleibt abzusehen, welche Wirkung die Verordnung des Landeshauptmanns tatsächlich hat. Zwar setzt das Ressort von Landesrat Peter Brunner (SVP) auf die Kommunikation mit Technikerinnen und Technikern, allerdings muss ein Heizkessel in der Regel erst nach 15 Jahren ausgetauscht werden. Die Umstellung auf erneuerbare Wärmequellen dürfte schon alleine deshalb länger dauern. Besonders in Mehrfamilienhäusern, sprich Kondominien, ist die Situation mit mehreren Ansprechpartnern schwierig. 

    Zudem locken Zwischenhändler der Öl- und Gaslobby mit Gewinnmargen für Hausverwalter, wenn sie sich für ihr Produkt entscheiden. Auch hierzulande ist die italienweite Praxis bekannt, bestätigt Marco Lombardozzi, Präsident der Kondominiumverwalter (ANACI) in Südtirol. „Es ist ein ethisches Problem, die Kondominiumsverwaltung muss die Interessen des Kondominiums vertreten“, so Lombardozzi. Die neue Verordnung für den Gebäudesektor sei zwar positiv zu bewerten, jetzt müsse aber die Machbarkeit geprüft werden. Deshalb plane ANACI in Bozen einen Online-Vortrag mit der Klimahausagentur zum Thema. 

  • Foto: Klimahausagentur/SALTO/Alin Sellemond

    Die Klimahausagentur zertifiziert jährlich Hunderte Immobilien: 34 Prozent der zertifizierten Neubauten haben bereits eine Wärmepumpe, 23 Prozent sind es beim Altbau. Mehr als die Hälfte der zertifizierten Immobilien werden mit Fernwärme oder Biomassekessel versorgt. Insgesamt sind in Südtirol laut der Landesagentur für Umwelt und Klimaschutz 77 Fernheizanlagen in Betrieb, über den Energieversorger Alperia sind mehr als 1.700 Gebäude und damit über 20.000 Haushalte an die Fernwärme angeschlossen. „Sie ist eine der effektivsten Lösungen, um die Dekarbonisierung voranzutreiben und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu senken“, erklärt Michael Frei von Alperia. „Allerdings sind die Entscheidungswege gerade bei Kondominien oft komplex. Langfristig zahlt sich ein Anschluss aber auf jeden Fall aus“, so Frei. 

    Laut der Europäischen Kommission sind die Gebäude in der EU für 40 Prozent unseres Energieverbrauchs und 36 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Deshalb soll der EU-Emissionshandel ab dem Jahr 2027 nicht nur den für Verkehr-, sondern auch für den Gebäudesektor eingeführt werden, was höhere Öl- und Gaspreise zur Folge hat. In Südtirol verursachen nicht-industrielle Verbrennungsprozesse wie das Heizen laut Klimaplan des Landes 20 Prozent der CO2-Emissionen. 

  • Das Dekret des Landeshauptmanns

    Im Artikel 4 des Dekrets von 18. März 2025 wird festgelegt, dass beim Tausch von Heizkesseln folgende Auflagen beachtet werden müssen: Wenn weder der Energieverbrauch mindestens mit 30 Prozent erneuerbaren Energiequellen gedeckt werden noch der Verbrauch durch eine energetische Sanierung um mindestens 25 Prozent gesenkt werden kann, muss eine elektrisch betriebene Wärmepumpe installiert oder das Heizsystem an das Fernwärmenetz angeschlossen werden.

    Die Provinz fördert die energetische Sanierung und die Installation von Wärmepumpen mit Photovoltaikanlagehier sind die Beiträge aufgelistet. 

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Seabita Fr., 16.05.2025 - 12:33

Die zwei wichtigsten Fernwärmeanlagen von Alperia erzeugen ihre Wärme durch Müllverbrennung und Methan (in Bozen) bzw. nur Methan (in Meran). Und das soll also "eine der effektivsten Lösungen, um die Dekarbonisierung voranzutreiben"?

Fr., 16.05.2025 - 12:33 Permalink
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ergo Fr., 16.05.2025 - 13:54

Antwort auf von Seabita

Die Müllverbrennung in Bozen ist sicherlich eine bessere Lösung als viele der Alternativen, die häufig angewendet werden: 1) Der Müll wird in Drittländer verschifft und dort ohne strenge Schutzmaßnahmen verbrannt, oder 2) er wird in Drittländer exportiert und letztlich ins Meer entsorgt.

Fr., 16.05.2025 - 13:54 Permalink
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Profil für Benutzer Johannes Engl
Johannes Engl Fr., 16.05.2025 - 13:45

Für Kondominien wäre eine gute, mit öffentlichen Geldern bezuschusste Contracting-Lösung ein Schlüssel zum Erfolg: die Parteien zahlen die aktuellen Heizkosten solange weiter, bis die neue Anlage abbezahlt ist. Gerade bei alten Ölheizungen dürfte sich das durch die geringeren Heizkosten einer modernen Anlage relativ schnell abbezahlen.
Danach profitieren alle Parteien des Kondominiums von den niedrigeren Heizkosten.

Fr., 16.05.2025 - 13:45 Permalink
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ergo Fr., 16.05.2025 - 14:05

Woher kommt der Strom für die Wärmepumpe?

Wenn man dem Klimawandel wirklich etwas entgegensetzen möchte, müsste man in erster Linie Plattformen wie Temu und Shein verbieten und den allgemeinen Konsum einschränken, etwa durch eine höhere Mehrwertsteuer. Beides liegt jedoch nicht im Zuständigkeitsbereich des Landtags.
Die CO₂-Einsparungen durch den Austausch eines Gasbrenners gegen eine Wärmepumpe ist minimal und nicht proporzional zum Preis.

Fr., 16.05.2025 - 14:05 Permalink