Gesellschaft | Gesundheit

Systemfehler Sanität?

Mit Zwangsdigitalisierung riskiert die Sanität ab Juli einen Kollaps, warnt Hausarzt Eugen Sleiter. Polemiken helfen nicht, kontert SABES-Sprecher Lukas Raffl.
Krankentransport
Foto: Weißes Kreuz
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Günther Stocker Fr., 30.05.2025 - 07:48

Hinter der bewussten Zerstörung der Sanität steht ein System. Davon profitieren sehr sehr viele Leute.
Und vor allem die älteren Menschen, eingefleischte SVP Wähler haben sich die Schuld selber zu zuschreiben.
Wer SVP wählt verzichtet bewusst oder auch unbewusst auf eine funktionierende Sanität.

Die vielen vielen Messner Wähler sind sicherleich auch heute noch überzeugt richtig gewählt zu haben.

IRONIE DES SCHICKSALS.

Fr., 30.05.2025 - 07:48 Permalink
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Salto User
Oliver Hopfgartner Fr., 30.05.2025 - 08:55

Antwort auf von Günther Stocker

Jein. Das Problem mag System haben, allerdings herrscht dieses Problem in unterschiedlicher Intensität auf internationaler Ebene.

Man könnte stundenlang darüber diskutieren, ich versuche es auf ein paar wichtige Punkte runterzubrechen:

1. "Die moderne Medizin frisst ihre Kinder": Viele Probleme von heute (viele multimorbide Patienten mit hohem Pflegebedarf, Frailty) sind paradoxer Weise die Folge des medizinischen Fortschritts. Der 71 Jahre alte Opa, der in den 70ern an einem Hirnschlag gestorben ist, konnte gar nicht so multimorbid werden, wie es heute viele alte Menschen sind. Sogenannte "Shithole-Countries" haben dieses Problem nicht, insofern relativiert sich einiges, weil wir auf hohem Niveau jammern.

2. "historischer Konstruktionsfehler": Unser Gesundheitswesen ist auf Akutversorgung ausgelegt. Das Gesundheitswesen greift eigentlich nur dann ein, wenn bereits Probleme da sind. Unser Gesundheitswesen setzt kaum Anreize zum präventiven Arbeiten. Auch deswegen ist Gesundheit stark vom sozioökonomischen Status abhängig. Menschen mit niedrigem sozioökonomischen Status beschäftigen sich noch weniger mit Prävention als es jene tun, die mehr Ressourcen dafür hätten.

3. "fehlende Flexibilität" Ein Gesundheitswesen öffentlich zu gestalten, mag einige Vorteile haben. Ein großer Nachteil ist die fehlende Innovation. Vom Wissensstand wären wir heute schon viel weiter. Es gibt aus Österreich ein Urteil: Ein Patient hat die Sozialversicherung verklagt, weil sie ihm nur einen lächerlich kleinen Betrag für seine Tumor-Therapie in den USA (privat vorgestreckt) gezahlt hat. Die Begründung des Gerichts lautete sinngemäß, dass die Sozialversicherung nur dazu verpflichtet sei, dem Patienten eine Behandlung nach den Regeln der Kunst zu finanzieren, sie habe jedoch nicht die Verpflichtung, dem Patienten die Behandlung nach dem höchsten Standard zu ermöglichen. Anders ausgedrückt könnte man sagen: Der Anspruch des öffentlichen Gesundheitswesens ist es, knapp über dem Level des Kunstfehlers zu agieren. Das ist natürlich eine pointierte Zuspitzung und in Südtirol wird auf vielen Abteilungen auf sehr hohem Niveau gearbeitet, es ist aber schlicht nicht möglich, mit den aktuell verknappten Ressourcen fürs Gesundheitswesen flächendeckend Spitzenmedizin zu bieten.
Man sieht es ja auch an der Ausstattung der meisten Hausarztpraxen im Vergleich zu Österreich. In Österreich ist es üblich, dass Hausärzte mehrere Angestellte sowie ein eigenes Labor haben und ganz normal EKG, Infusionen, Blutabnahmen uvm anbieten.

4. "falsch verstandene Digitalisierung": Eine Krankheit im Gesundheitswesen ist die falsche Digitalisierung: Analoge Prozesse werden digitalisiert, z.B. indem ein Formular eingescannt wird oder ein digitales Formular dazu erstellt wird. Das ist aber falsch! Richtig wäre es, den gesamten Prozess zu hinterfragen! Wenn man das macht, bietet die Digitalisierung tatsächlichen Mehrwert. Ein Beispiel: 20 eingescannte pdf-Befunde sind im Vergleich zu einer Papiermappe sogar ein Rückschritt. Wenn ich aber die Werte einzeln verfügbar habe und mir einen zeitlichen Verlauf über Jahre/Jahrzehnte darstellen lassen kann, ist es sinnvoll. Deswegen wurde auch die EGA kritisiert, da sie die medizinischen Informationen nur fragmentiert und nicht integriert/verknüpft bietet. Wenn man dann natürlich Zwänge schafft, digital zu arbeiten, die digitalen Werkzeuge aber schlecht sind, führt das zu Qualitätsverlust statt Qualitätssteigerung.

Meine persönlichen Erfahrungen haben in mir folgende Einstellung kultiviert: Innerhalb des öffentlichen Gesundheitswesens sehe ich wenig Potenzial. Ich denke wenn wir wirklich Verbesserung wollen, müssen wir eine Parallelstruktur zum Sanitätsbetrieb aufbauen - ob diese Parallelstruktur öffentlich oder privat sein sollte, lasse ich mal dahingestellt. Man könnte z.B. einen "Gesundheitsfonds" ins Leben rufen, der ähnlich wie eine Stiftung aufgebaut ist und aus dessen Erträgen jedes Jahr Gesundheitsdienstleistungen finanziert werden, z.B. insbesondere in der Prävention und der Chronikerversorgung, also zwei Bereichen, in denen sich massiv Kosten einsparen lassen würden. Der Vorteil eines solchen vom Sanitätsbetrieb unabhängigen Projektes ist, dass die Zuständigen im Sanitätsbetrieb nicht blockieren/sabotieren können und es keine Streitereien darüber gibt, welche Abteilungen nun die Gelder bekommen. Selbst wenn man nur für 5 Jahre 0,5% des Budgets des Gesundheitswesens, hätte man einen Fonds mit etwa 30 Millionen Euro Kapital aufgebaut. Wenn wir mit 3% Ausschüttung rechnen, wären das etwa 900.000 € im Jahr Budget. Damit könnte man z.B. schon ein kleines Gesundheitszentrum durchfinanzieren, ohne den Landeshaushalt zu belasten.

Fr., 30.05.2025 - 08:55 Permalink
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Salto User
Manfred Gasser Fr., 30.05.2025 - 11:24

In der Sanität gilt wohl: ein digitaler Schritt voraus, zwei bürokratische Schritte zurück.
Manchmal tut soviel Unvermögen und Dummheit richtig weh, hoffentlich nicht für unsere Kranken und Alten.

Fr., 30.05.2025 - 11:24 Permalink
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Profil für Benutzer Josef Ruffa
Josef Ruffa Fr., 30.05.2025 - 15:18

Antwort auf von Josef Fulterer

Würde man die Besitzer (man lese Gesellschaften) der selbstgestrickten Programme und die Hintermänner (vom Ursprung bis zum heutigen Besitzstand) bekannt geben, würde man vermutlich ganz schön staunen.
Es geht bei der EDV, wie im Beratungsbereicht immer um viel viel Geld und viele Interessen.
Gesellschaften verschleiern manchmal die Transparenz.
Transparenz ist nicht immer gefragt, das will nicht jeder, man könnte sonst zuviel verstehen und die Rechenübungen eins und eins ... wären dann im Resultat .... sagen wir mal so, interessant.

Fr., 30.05.2025 - 15:18 Permalink
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Salto User
Günther Alois … Sa., 31.05.2025 - 07:59

Warum funktionieren die Digitalprogramme schon laaaange nicht? In Trient super,und bei uns zögerlich! Warum hat man damals das funktionierende System von Trient nicht zum günstigsten Preis übernommen,sich dann mit v i e l verbranntem Geld,ein schlecht funktionierendes SÜNDTEUER eingekauft?? Wer hat da abgezockt im Hintertürchen???

Sa., 31.05.2025 - 07:59 Permalink