Politik | Gemeinderat Meran

Die verschwundene Erklärung

Während Katharina Zeller unter Beifall von den Gemeinderäten als Bürgermeisterin bestätigt wurde, beanstandeten die Grünen Perbellinis „deutschsprachige“ Amtsperiode.
Gemeinderatssitzung meran erste
Foto: DO/Salto
  • „Es ist an der Zeit, die Wahlen hinter uns zu lassen und ein konstruktives Miteinander zu pflegen, geprägt von gegenseitigem Respekt“, betonte Maria Magdalena Pircher (SVP) bei der gestrigen (4. Juni) Meraner Gemeinderatssitzung, die als älteste Gemeinderätin die Sitzung eröffnete. Nach den Formalitäten und Beifallsbekundungen zum Amtsantritt der neuen Bürgermeisterin Katharina Zeller beanstandeten Florian Mayer und Johannes Ortner von den Grünen Marco Perbellinis (Alleanza per Merano) Sprachgruppenerklärung. Zur Debatte stand, ob das Gesetz noch zeitgemäß ist.

  • Marco Perbellini: Ein Dorn im Auge der Grünen bleibt Perbellinis unauffindbare Eigenerklärung zur Sprachgruppenzugehörigkeit. Dabei wird die Abschaffung unzeitgemäßer Gesetze in den Raum gestellt. Foto: Seehauserfoto
  • Zum Punkt der „Unvereinbarkeitsgründe und Nicht-Wählbarkeit“ für den Amtsantritt der Gemeinderäte wurden in der Grünen Fraktion allerdings Stimmen laut. Florian Mayer stellte die Rechtmäßigkeit der vergangenen Amtsperiode des früheren Assessors Marco Perbellini in Frage – dieser wurde im Februar 2023 von außen berufen und rückte für die scheidende Stadträtin Claudia Benedetti nach. Mayer vertrat die Meinung, dass Perbellinis Berufung in den Stadtrat nicht den Proporzbestimmungen entsprochen habe. Die Einsichtnahme in die Akten, so der Grüne Gemeinderat, hätte ergeben, dass Perbellinis Deklaration zur deutschen Sprachgruppe nie protokolliert wurde. Es gehe dabei nicht um Perbellinis Zugehörigkeit, sondern darum, dass Gesetze für alle gleichermaßen gelten und „sollten diese Gesetze nicht mehr zeitgemäß sein, dann müssen wir Politikerinnen und Politiker daran arbeiten, dass diese geändert werden“.

     

    Perbellini hat bei seinem Amtsantritt erklärt, der deutschen Sprachgruppe anzugehören." 

     

    Wie Katharina Zeller erklärte, handle es sich weniger um eine politische als um eine rechtliche und technische Angelegenheit. „Perbellini hat bei seinem Amtsantritt erklärt, der deutschen Sprachgruppe anzugehören. Das darf er. Ebenso darf anstelle einer Sprachgruppenzugehörigkeit eine Eigenerklärung bei Amtsantritt angegeben werden", lautete dazu die Erklärung von Gemeindesekretärin Attinà Lucia. Wird die Sprachgruppe dann nach 18 Monaten wieder gewechselt, ist auch das erlaubt, die Proporzbestimmungen greifen aber zum Zeitpunkt der Annahme des Amtes. Ein Gesetzesfehler würde vorliegen, wenn diese Bestimmung nicht eingehalten worden wäre, aber das sei hier nicht der Fall gewesen. Damit wurde der Antrag von Ratsmitglied Florian Mayer abgelehnt.

     

    „Nirgends scheint seine Eigenerklärung auf."

     

    Johannes Ortner schloss sich seinem Fraktionskollegen an und kritisierte die Argumentation der Gemeinderatssekretärin. Der von außen berufene Gemeinderat hätte die Grundvoraussetzungen nicht erfüllt: „Nirgends scheint seine Eigenerklärung auf!" Er kritisierte den gemeindeinternen Umgang mit der Rechtssicherheit. Wesentliche Säulen der Autonomie seien zu wahren. Des Weiteren wurden von der Sitzungsleitung Unvereinbarkeiten bei den SVP-Gemeinderätinnen Jutta Telser und Nicole Alber festgestellt. Beide wollen nach eigenen Angaben jedoch im Amt bleiben.

  • Katharina Zeller: Unter Beifall wird die neue Bürgermeisterin vereidigt. Ausklang der ersten Gemeinderatssitzung. Foto: DO/Salto
  • Nachdem Zeller den Eid abgelegt hatte, richtete sie das Wort an die Ratsmitglieder und die Stadt Meran: „Besonders freut mich, dass wir den Frauenanteil hier in der Gemeinde stärken konnten, das ist ein wichtiges Signal für die Stadt Meran. Eine vielfältige und zusammengesetzte Vertretung bringt neue Perspektiven, mehr Einfluss und letztendlich bessere Entscheidungen hervor. Die Herausforderungen sind groß, aber ich bin überzeugt, dass wir gemeinsam vieles bewegen können! La Democrazia vive nel confronto, nel dissenso e nella ricerca delle soluzioni migliori.“ 

    Damit wurde die relativ kurze Sitzung beendet und die verbleibenden Tagesordnungspunkte auf die nächste Sitzung am 10. Juni verschoben, bei welcher die Stadträte sowie die Gemeindepräsidentin oder -präsident und Vizepräsidentin oder -präsident gewählt werden.

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Josef Ruffa Do., 05.06.2025 - 10:54

Wenn in einer Gemeinde „etwas nicht auffindbar“ ist, müssen personalrechiche Konsequenzen getroffen werden, ohne wenn und aber.

Do., 05.06.2025 - 10:54 Permalink
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△rtim post Do., 05.06.2025 - 15:22

Antwort auf von Josef Ruffa

So etwas geht es schon gar nicht. Hier sieht man einmal mehr, wie es um die Verwaltung tatsächlich bestellt ist.
Wenn es in der Gemeinde Meran so zugeht, wie soll da noch eine Bürgerin, ein Bürger Vertrauen haben können?
Wieso schreitet hier nicht endlich das zuständige Kontrollorgan ein — sofern sich da jemand dafür überhaupt zuständig erklärt?
Denn welches Amtsverständnis ist das denn? Eine amtliche Selbsterklärung mit Wahrheitspflicht, die zwar bestätigterweise abgegeben wurde, aber maßgeblich nicht mal aktenkundig ist. Wie geht das denn?
Wie erklärt die verantwortliche Gemeindesekretärin all diesen Miss- und Übelstand?
Wie wirkt sich das auf die betroffenen Amtsakte aus bzw. wie kann sich die Verwaltung bei evt. Anfechtungen schadlos halten?
Auch die Aussage Zellers oben ist mehr als erschreckend.
Rechtsstaatlichkeit und und die Umsetzung sind und haben nicht nur die Grundlage einer modernen bürgerzentrierten Verwaltung zu sein, sondern auch in der Politik. Sie spielen eben nicht nur eine nebensächliche, sondern sogar eine zentrale Rolle.
Hat Zeller hier nicht auch noch gerade ihren Amtseid geleistet?

Do., 05.06.2025 - 15:22 Permalink
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Salto User
Manfred Gasser Do., 05.06.2025 - 11:36

Blöde Frage, wird von irgendjemanden kontrolliert, ob der Erklärende zumindest der Sprache der angegebenen Sprachgruppe mächtig ist, oder ist das alles total egal?

Do., 05.06.2025 - 11:36 Permalink
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Martin Piger Do., 05.06.2025 - 15:49

Das, was da vorgefallen ist, mag ja den rechtlichen Normen entweder genügen oder wegen Überschreiten der Einspruchsfrist nunmehr belanglos zu sein. Der Umgang damit, auch nachträglich, hinterlässt einen schalen Beigeschmack.

Do., 05.06.2025 - 15:49 Permalink
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Hartmuth Staffler Do., 05.06.2025 - 17:55

Das Ganze war natürlich ein ausgemachter Schwindel. BM Dal Medico hat den Italiener Perbellini durch eine Eigenerklärung desselben zum Deutschen gemacht, um nicht einen echten Deutschen in den Stadtrat holen zu müssen, wie es laut Proporz notwendig gewesen wäre.

Do., 05.06.2025 - 17:55 Permalink
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Konny Do., 05.06.2025 - 18:23

Herr Martin, Herr Hartmuth, ich danke Euch für die diplomatischen Noten, aber hier liegt, was ich verstehe, eine Dokumentenfälschung vor, denn auch eine Eigenerklärung wird nach Unterzeichnung zum Dokument, und eine Fälschung wird zur Straftat, die in einem Rechtsstaat geahndet werden muß!

Do., 05.06.2025 - 18:23 Permalink
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Hartmuth Staffler Do., 05.06.2025 - 21:54

Das Problem ist, dass man anstatt einer Bescheinigung von Gericht, die sicher stimmt, auch eine Eigenerklärung abgeben kann, die stimmen sollte. Da der Herr Perbellini sich vermutlich als Italiener erklärt hatte (er kann sich angeblich nicht erinnern), dann konnte er die gerichtliche Bescheinigung natürlich nicht vorlegen, weil für den Stadtrat laut Proporz ein Angehöriger der deutschen Sprachgruppe notwendig war. Also hat er sich mit Eigenerklärung zum Deutschen gemacht. Der Schwindel ist aufgeflogen, als bei der jüngsten Gemeinderatswahl seine gerichtliche Bescheinigung vorgelegt wurde, auf der er eben als Italiener aufscheint. Da die Eigenerklärung in der Gemeinde Meran angeblich nicht mehr auffindbar ist, fehlt der "corpus delicti".

Do., 05.06.2025 - 21:54 Permalink
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Evelin Grenier Fr., 06.06.2025 - 10:29

Antwort auf von △rtim post

Ach so, ok.. Er hat also schriftlich geschworen, dass er im Interesse einer der zwei Sprachgruppe handeln würde. Weiß aber nicht mehr, welche Interessen er 3 Jahre lang in seinen Entscheidungen berücksichtigt hat.

Klar, die Frage stellt sich eventuell nur dann wenn sich Meinungen und Interessen unterscheiden.

Fr., 06.06.2025 - 10:29 Permalink
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△rtim post Fr., 06.06.2025 - 09:16

Man kann nur noch den Kopf schütteln — auch zu: "Des Weiteren wurden von der Sitzungsleitung Unvereinbarkeiten bei den SVP-Gemeinderätinnen Jutta Telser und Nicole Alber festgestellt. Beide wollen nach eigenen Angaben jedoch im Amt bleiben."
Bleiben wir mit K. Valentin munter — irgendwie, der meinte: "Hoffentlich wird es nicht so schlimm, wie es bereits ist."

Fr., 06.06.2025 - 09:16 Permalink
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Evelin Grenier Fr., 06.06.2025 - 09:44

Zur Debatte stand, ob das Gesetz noch zeitgemäß ist.

Zur Debatte steht also ob die Entscheidungen demokratisch und mit consensus von beiden Sprachgruppen genehmigt werden müssen, oder ob einfach nur eine Sprachgruppe alles für alle entscheiden kann, unabhängig davon ob die andere Gruppe einverstanden ist oder nicht.

Der Fall Dal Medico/Trikolore hat deutlich gezeigt dass es immer noch Politiker gibt die ihren Willen der anderen Gruppe zwingen wollen. Statt consensus auf Augenhöhe zu suchen.

Fr., 06.06.2025 - 09:44 Permalink
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Martin Daniel Fr., 06.06.2025 - 11:23

Zusammenfassend:
- der angehende Vize-Bürgermeister Zaccaria brauchte vor 2 Jahren dringend eine als dt. erklärte Person für den Stadtratposten, der seiner Liste zustand.
- kurz vor Ablauf der Frist fand sich Marco Perbellini, der laut allen Medienberichten und seiner eigenen Aussage nach eine Eigenerklärung abgab, wonach er der dt. Sprachgruppe angehörte. (Wäre dem nicht so gewesen, hätte die Gemeindeverwaltung 2023 auf eine unkorrekte Zusammensetzung des Stadtrates nach seiner Berufung hinweisen müssen).
- nach Bekanntwerden der jetzigen Kandidatur Perbellinis als ital.sprachiger Kandidat erklärt die Generalsekretärin der Gemeinde: 1) vor zwei Jahren keine Fehler gemacht zu haben, da die Eigenerklärung nicht auf ihre Korrektheit hin überprüft werden müsse 2) als Gemeinde keine Anzeige wegen Falscherklärung zu machen, weil man nicht wisse, wie Perbellinis Sprachgruppenzugehörigkeitserklärung lautet (Privacy) oder ob er sich in der Zwischenzeit umerklärt habe.
- Nachdem Perbellini nun seine offizielle Sprachgruppenzugehörigkeitserklärung eingesehen und öffentlich gemacht hat, dass diese aus dem Jahr (wenn ich mich recht erinnere) 2013 stamme und er sich mit ihr der italienischen Sprachgruppe zugehörig erklärt hatte, hätte die Gemeinde die nötigen Informationen um eine Anzeige zu tätigen, ohne welche keine Strafverfolgung möglich ist.
- Nun aber scheint die 2023 in der Gemeinde abgegebene Eigenerklärung Perbellinis unauffindbar. Und deren Eingang anscheinend nie protokolliert worden zu sein. (Wer haftet eigentlich dafür?). Und ohne Erklärung keine Straftat.

Fr., 06.06.2025 - 11:23 Permalink
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△rtim post Fr., 06.06.2025 - 14:33

Antwort auf von Martin Daniel

Im damaligen Ernennungsakt zum Stadtrat werden doch alle die Grundlagen angegeben, d.h. u.a. auch die abgebenene eidesstattliche Ersatz- und Selbsterklärung als Voraussetzung.
Ist dieser Akt nun auch nicht mehr verfügbar?
Wer ansonsten im öffentlichen Dienst eine Stelle ohne die dafür notwendigen Voraussetzungen zu erfüllen ausgeübt hat, muss ja auch die gesamten Bezüge zurückzahlen, für den Imageschaden der Verwaltung aufkommen und selbstverständlich auch strafrechtliche Verantwortung übernehmen.

Fr., 06.06.2025 - 14:33 Permalink
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Hartmuth Staffler Fr., 06.06.2025 - 13:27

Wenn die so bruchstückhaft an die Öffentlichkeit gekommenen und mühsam zusammengetragenen Elemente dieses unwürdigen Theaters stimmen sollten, dann sind zwei Dinge klar: 1. Die angebliche Selbsterklärung des Herrn Perbellini war ein ausgemachter Schwindel, bei dem Proporz- und Zweisprachigkeitsbestimmungen, die zur Sicherheit der deutschen Volksgruppe gedacht waren , in Wirklichkeit zu ihrem Schaden missbraucht wurden, 2. die Gemeindeverwaltung in Meran ist ein Sauhaufen, in dem man ein offizielles Dokument "nicht mehr finden" kann. Man muss nicht unbedingt auf dem "tertium non datur" beharren, aber mich würde interessieren,, ob es noch eine dritte und vielleicht sogar eine vierte Version dieser Seifenoper gibt.

Fr., 06.06.2025 - 13:27 Permalink
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Profil für Benutzer Toni Ladurner
Toni Ladurner Fr., 06.06.2025 - 13:36

Herr Perbellini hat noch am 6. und 13. Juni - also nachdem er bereits als Vertreter der italienischen Sprachgruppe in den Gemeinderat gewählt worden war - an den Sitzungen des Ausschusses teilgenommen und abgestimmt. Wieso weder Bürgermeister Dal Medico noch Vize-Bürgermeisterin Zeller und auch nicht das Generalsekretariat auf die unrechtmäßige Zusammensetzung des Ausschusses hingewiesen haben, ist für mich unerklärlich. Daher habe ich gegen einen Beschluss vom 6. Juni einen formellen Einwand eingereicht. Mal sehen, wie die Bürgermeisterin oder der neue Ausschuss diesbezüglich entscheiden werden. Was hat Vorrang: geltendes Recht oder Erhalt der Macht?
Toni Ladurner, Gemeinderat der Liste Rösch/Grüne in der Amtszeit 2021-2025

Fr., 06.06.2025 - 13:36 Permalink