Umwelt | Interview

„Wo ein Wille, da ein Weg“

David Hofmann von Climate Action kritisiert die Klage der Südtirolgas AG: Alles beim Alten zu lassen, sei weder sozial gerecht noch ein Beitrag für Klimaschutz.
David Hofmann
Foto: Büro Klass
  • Vor zwei Wochen wurde es bekannt: Die Anbieter Südtirolgas und Selgas gehen gerichtlich gegen das teilweise Verbot von Öl- und Gasheizungen vor. Sie werfen dem Gesetzgeber grobe Fehler bei der Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie vor. Südtirolgas-Direktor Michele Gilardi plädiert außerdem für Biogas, das aus Gülle oder organischen Abfällen hergestellt werden kann. 

    Das Südtiroler Bündnis Climate Action befürchtet nun Rückschritte beim Klimaschutz. Außerdem steht im Raum, die Mehrheitseigentümer der Südtirolgas AG zum Ausstieg aufzurufen: Mit 51 Prozent Beteiligung der Selfin GmbH gehört das Unternehmen 112 Südtiroler Gemeinden, die bis 2027 selbst einen Klimaplan ausarbeiten sollen. 

    SALTO: Herr Hofmann, das Land will auf Wärmepumpen, Solarenergie und Fernwärme setzen – laut dem Netzbetreiber Südtirolgas sei das schwer umsetzbar…

    David Hofmann: In bestimmten Fällen wie bei Mehrfamilienhäusern ist es tatsächlich kompliziert, weil sich verschiedene Parteien einigen müssen, die Infrastruktur auszutauschen. Aber wo ein Wille, da ein Weg – wo es sich wirklich als schwierig herausstellt, kann auch das Erdgas mit Biomethan als Übergangslösung ersetzt werden. Das wird aber die Ausnahme sein und nicht die Regel. 

    Trotzdem ist der Umstieg mit hohen Kosten verbunden und im Winter scheint die Sonne zu wenig…

    Dieser Vergleich ist eine Augenwischerei! Ab dem Jahr 2027 gilt der Emissionshandel innerhalb der Europäischen Union auch im Gebäudesektor, das wird die Kosten für fossile Energie in die Höhe treiben. Alleine deswegen ist es weitsichtig, jetzt umzusteigen, wenn man kann. Warum sollte es bei uns nicht klappen, wenn insbesondere skandinavische Länder sehr gut mit dem Ausbau von Wärmepumpen weiterkommen und diesen Pfad schon lange vor uns eingeschlagen haben? Es bestehen leider immer noch viele Vorurteile gegenüber Wärmepumpen, die ständig wiederholt werden, aber leider falsch sind. Auch haben wir schon erlebt, wie sehr Gaspreise durch globale Ereignisse in die Höhe springen können. Energetische Unabhängigkeit schützt auch unsere Geldbeutel.

     

    „Wir müssen weg von den fossilen Heizsystemen hin zu einer nachhaltigen und vernünftigen Zukunft.“

     

    Was wäre denn die Lösung bei der Wärmewende?

    Die Solarenergie gemeinsam mit Wärmepumpen wird bei uns in Südtirol noch sehr wenig genutzt, hier besteht das größte Potential für erneuerbare Energien. Fernwärme und Biomethan sollten nur dann genutzt werden, wenn es keine anderen Möglichkeiten gibt. Vor allem in Ballungsräumen funktioniert die Fernwärme gut, weil dort der Wärmeverlust im Verteilernetz geringer ist. 

  • Extremwetter: Die Folgen der Klimaerwärmung sind auch in Südtirol spürbar. Foto: Freiwillige Feuerwehr Tramin
  • Welche Schritte unternimmt Climate Action nun gegen die Klage der Netzbetreiber?

    Wir wollen gesprächsbereit bleiben und werden unsere Position auch dem Ressort von Energielandesrat Peter Brunner mitteilen. Wir müssen weg von den fossilen Heizsystemen hin zu einer nachhaltigen und vernünftigen Zukunft. Vielleicht reicht dafür nicht nur ein Dekret, sondern es müssen ein Gesetz und ein Wärmeplan geschrieben werden. Dabei will ich unterstreichen, dass uns die soziale Gerechtigkeit am Herzen liegt. 

     

    „Es braucht Zeit, sich kennenzulernen und zu verstehen, dass man eigentlich genau das Gleiche will und dann auch das Gleiche fordert.“

     

    Ihr Bündnis arbeitet erstmals mit Sozialverbänden wie dem KVW zusammen – fehlt den Naturschutzorganisationen hier die Expertise?

    Ja, auf jeden Fall fehlt sie uns. Es ist nicht das Thema, über das sich Naturschutzorganisationen austauschen. Das heißt aber nicht, dass es uns nicht wichtig ist, das haben wir schon mehrfach unter Beweis gestellt. Auch in dem Manifest von Climate Action, Heimatpflegeverband und Dachverband für Natur- und Umweltschutz halten wir fest, dass ein Klimagesetz sozial gerecht sein muss. Mittlerweile wird es von über 40 Organisationen unterstützt. Über die Expertise verfügen aber die entsprechenden Verbände und Gewerkschaften, auch mit dem Arbeitsförderungsinstitut (AFI) arbeiten wir zusammen. 

    Wieso erfolgt die Zusammenarbeit erst jetzt?

    Wir von Climate Action haben von Anfang an willkommen geheißen, dass soziale Organisationen mit dabei sind und haben auch gemeinsam Veranstaltungen organisiert. Auch im Stakeholder Forum zum Klimaplan der Provinz haben wir uns mit ihnen ausgetauscht. Wir sind also an dem Thema dran, aber es ist ein Prozess. Es braucht Zeit, sich kennenzulernen und zu verstehen, dass man eigentlich genau das Gleiche will und dann auch das Gleiche fordert.

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Robert Hölzl Mo., 07.07.2025 - 19:13

Es ist verständlich, dass die Jugend, die sich so sehr für den Energiewandel einsetzt aus dem einfachen Grund, dass sie diejenigen sein werden, die die negativen Auswirkungen am meisten spüren werden, noch kein Verständnis dafür hat, dass sozial verträglich nun Mal auch heißt, dass es bezahlbar sein muss (und sich nicht nur irgendwann einmal in der Zukunft rechnen wird). Wärmepumpenheizung kostet nicht nur in der Anschaffung viel Geld (die mit dem besten Wirkungsgrad wäre eigentlich jene mit Tiefbrunnen, also Wasser-Wasser, aber die sind nicht nur praktisch unbezahlbar, sondern auch nur in bestimmten Fällen möglich), sondern brauchen auch viel Strom und ist nur für eine auf Niedertemperatur ausgelegte Heizanlage sinnvoll. Also ist nur eine Kombination mit PV-Anlagen sinnvoll. Abgesehen davon, dass ich die Heizung vor allem dann brauche, wenn die Sonneneinstrahlung am geringsten ist, heißt das, dass ich nicht nur Speicherbatterien brauche, sondern zumindest zwischendurch auch Strom ins Netz einspeisen muss. Die Lösung, den eingespeisten Strom mit dem bezogenen Strom zeitunabhängig zu verrechnen, gibt es nicht mehr. Und, Austria docet, den eingespeisten Strom muss man nicht nur praktisch verschenken, sondern man wird in Zukunft dafür auch noch Netzentgelt zahlen müssen. Also meine Damen und Herren und LGBTxxxx+, mal darüber nachdenken, was neben dem theoretisch-technisch Sinnvollsten auch sozial (= ökonomisch) Sinn macht.

Mo., 07.07.2025 - 19:13 Permalink
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Robert Hölzl Di., 08.07.2025 - 09:01

Antwort auf von Hofmann David

Sehr geehrter Herr Hofmann, der Artikel im Standard bestätigt nur, was ich geschrieben habe. Erdwärme ist die effizienteste Art der Wärmepumpe, aber die ist 1. sehr teuer in der Anschaffung und 2. sie braucht viel Grund (bei Tiefbrunnen müssen Schluck- und Saugbrunnen mindestens 25 m auseinanderliegen und bei Flächenkollektoren brauchen sie die doppelte Grundfläche als die beheizte Fläche, es gibt schon zweilagige Kollektoren, aber sie brauchen immer noch mehr als die beheizte Fläche und sind nochmals teurer, Grund ist in Schweden außerhalb der Städte kein Problem). Der Anreiz in Skandinavien war laut Artikel, dass die fossilen Brennstoffe so teuer gemacht wurden, dass der Umstieg fast erzwungen war. Damit lassen sie wieder das außer Acht, was sie selbst so gerne hätten, nämlich soziale Akzeptanz und Verträglichkeit. Und ja es gibt auch Wandheizkörper, die für Wärmepumpen geeignet sind, aber bei weitem nicht so effizient wie Bodenheizungen und sie müssen natürlich auch die Heizkörper austauschen. Und die Problematik der elektrischen Energie wird außen vor gelassen; ich werde praktisch bestraft, wenn ich meine eigene Energie erzeuge und den Überschuss einspeisen will. Nur eine Komponente (Erderwärmung) im Blick zu haben, so wichtig sie auch ist, löst das Problem nicht. Den Menschen, die versuchen müssen täglich/monatlich über die Runden zu kommen, haben dringendere Probleme und auch nicht die Mittel um solche Investitionen zu tätigen.

Di., 08.07.2025 - 09:01 Permalink
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Stefan S Di., 08.07.2025 - 09:17

Antwort auf von Robert Hölzl

"und sie müssen natürlich auch die Heizkörper austauschen." nein müssen Sie nicht, eine Ergänzung ist hier und dort angebracht, ansonsten zählt was ich unten bereits genannt habe auch für Luft/Luft oder Luft/Wasser. Erdwärmebohrungen haben gerade in unseren Breiten ein gewisses Risiko weil immer die Gefahr besteht auf Anhydritschichten zu treffen.

Di., 08.07.2025 - 09:17 Permalink
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Stefan S Di., 08.07.2025 - 09:06

Antwort auf von Robert Hölzl

Jeder Kühlschrank oder Klimasplitter arbeitet nach dem gleichen Prinzip wie eine Wärmepumpe.
Stichwort Effektivität, eine Wärmepumpe ist 3 + x effektiver wie Gas, Öl oder eine Holzheizung, völlig unabhängig davon ob diese mit erneuerbarer Energie betrieben wird oder nicht. Es gibt aber auch weiterhin im Einzelfall gute Gründe herkömmliche Energieträger zu verwenden.
Stichwort Wirtschaftlichkeit, mittelfristig ist die Wärmepumpe günstiger weil Wartung und Instandhaltungskosten um ein vielfaches geringer sind. Und auch beim Einbau kann schon viel gespart werden da nur ein herkömmlichen Stromanschluss benötigt wird und die Steuerungstechnik einer Heizanlage unabhängig vom Energieträger ist.

Di., 08.07.2025 - 09:06 Permalink
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Salto User
Milo Tschurtsch Di., 08.07.2025 - 09:24

Mit Verlaub Herr Hofman, aber man muss schon auf ein paar Widersprüche hinweisen.
Mit welcher Argumentation sollen Private ihre Heizsysteme umbauen um angeblich CO2 einzusparen (und das Klima zu retten??) wenn andererseits die EU ein noch nie dagewesenes Aufrüstungsprogramm (auf Steuerzahlerkosten) auflegt wo von CO2- Neutralität nicht die Rede sein kann. Wo ist da die Kohärenz?
Wo sehen Sie Potential für erneuerbare Energie in nennenswertem Ausmaß ? Die Wahrheit ist dass die erneuerbaren Energien eine enorme Landschaftszerstörung mit sich bringen. Nicht nur Wasserkraft (in Südtirol vorherrschend) , auch Windräder und Solaranlagen. Ich bin eigens nach Ulten gefahren um so ein Beispiel an Verwüstung mitten in der Natur-und Kulturlandschaft anzusehen. DAS ist der Strom der bei uns für die Wärmepumpen "nachhaltig" erzeugt wird. Weitere Zerstörungen sind geplant.
Wie erklären Sie sich dass es enorme Werbung und Förderungen für Wärmepumpen braucht. Bis jetzt hat sich noch jedes Produkt das effizient und bezahlbar ist von selbst verkauft, weil der Kunde überzeugt wurde.
Ich bin der Meinung dass die Wärmepumpen -und generell die erneuerbare Energie-kampagne genauso einer lobby unterliegt wie konventionelle Energieformen- Betreiber ebenso Lobbyismus betreiben. Neu ist , dass die Leuten mit bestimmten Agenden wie "Klima" auf Linie gebracht werden sollen, wobei auch zuweilen die Angst-und Panikkarte gespielt wird.
Ich hatte an anderer Stelle schon darauf hingewiesen, dass das CO2 bei dem behaupteten, das Klima bestimmenden Treibhauseffekt eine nur untergeordnete Rolle spielt (im vergleich zum Wasserdampf, der mit Abstand das größte Treibhausgas ist) aber besser greifbar ist und zu Besteuerung und Emissionshandel geradezu ideal prädestiniert ist. So werden mMn Menschen zu bestimmten Handlungen und Investitionen geradezu genötigt.
Stichwort Energieunabhängigkeit von Öl und Gas.
Das wird in nächster Zeit im großen Stil nicht zu bewerkstelligen, sein da die Erneuerbaren generell kein Ersatz sein können (Verfügbarkeit, Speicherpotential).
Im Fall Südtirol sehe ich in der Holznutzung noch Potential. Die Waldflächen breiten sich in Südtirol jährlich aus und nehmen immer mehr Raum ein. Der Holzzuwachs ebenso (wurde zwar durch den Borkenkäfer etwas eingebremst) aber dennoch verrotten große Mengen an Holz ungenutzt in unseren Wäldern.
Holz ist gespeicherte Sonnenenergie und nachwachsend erneuerbar. Bei der Verrottung wird genausoviel CO2 ausgestoßen wie bei der Verbrennung, außerdem fungieren Wälder als CO2 -Senken (CO2- Neutralität) was oft ausgeblendet wird (wenn man unbedingt das CO2 Narrativ bedienen will).
Ich als Privater bevorzuge deshalb eine Holzheizung, da bin ich unabhängig von Öl, Gas Sonne und Wind, zusätzlicher Heizofen und Kochherd funktionieren wenn mal Not am Mann ist, auch ohne Strom. Die Energie ist vor der Haustür.
Ideal wären vermehrt zentrale Holz-Heizwerke für ganze Dörfer, wo auch die Abgase auf ein Minimum reduziert und überwacht werden.
Also wie man sieht gibt es (für Südtirol jedenfalls) auch für bestimmte Teile der Bevölkerung noch andere Alternativen, die nachhaltig gestaltbar sind und Unabhängigkeit garantieren.

Di., 08.07.2025 - 09:24 Permalink
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Robert Hölzl Di., 08.07.2025 - 10:05

Antwort auf von Milo Tschurtsch

Tut mir leid, aber Holz ist keine Alternative beim Heizen (außer Kleinmaßstäblich). Das Holz wächst nicht so schnell nach, wie es verheizt würde. Holzschnitzel waren einmal ein Abfallprodukt und sehr billig, bis es dann begehrter Heizstoff wurde und der Preis stieg. Das Nachfolgeprodukt Pellets wird inzwischen größtenteils aus Tschechien und anderen ex-Ostblockländern eingeführt, da die lokale Eigenproduktion bei weitem nicht ausreicht. Und wenn ich erneuerbare Energie in großmaßstäblicher Menge brauche, dann geht damit eine gewisse Beeinträchtigung der Natur (oft nur in optischer Hinsicht) miteinher. Es gibt viele Ideen, aber die Probleme dabei sind dieselben wie bei jeder nicht lokalen Energiequelle, nämlich dass die Energiequelle irgendwo in einem anderen, meist politisch unstabilen Land liegt. Um nur bei der Sonne zu bleiben, die scheint zwar überall, aber die effizienteste Nutzung, vor allem großmaßstäblich, ist auf die bestimmte Länder beschränkt. Großmaßstäbliche Energiespeicher bei elektrischer Energie sind immer noch Stauseen usw.

Di., 08.07.2025 - 10:05 Permalink