Als der digitale Sturm wieder losbricht
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23 Tage haben rund 90 Schülerinnen und Schüler, Lehrpersonen und Eltern des Sozialwissenschaftlichen Gymnasiums Brixen auf soziale Medien verzichtet und stattdessen mit nicht-smarten Geräten im Old-Style-Look telefoniert und gesimst – ganz wie damals.
Nach 23 Tagen voller Verzicht und Ausnahmezustand für alle Beteiligten war der große Moment gekommen: Gemeinsam und sichtlich bewegt schalten wir die Handys wieder ein. Die Aufregung ist riesig, die Spannung fast greifbar. Von rund 90 Teilnehmenden haben nur zwölf das Projekt vorzeitig beendet – alle anderen haben diesem Augenblick entgegengefiebert.
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23 Tage Smartphone-Verzicht.
Eine Schule in Brixen wollte es wissen: Schaffen es die Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer und Eltern, 23 Tage ohne Smartphone auszukommen? SALTO erhielt regelmäßig Erfahrungsberichte und so viel steht fest: für die Teilnehmenden an diesem Experiment war es verdammt hart. Heute zieht eine Lehrerin ihr Resümee.
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Tausend ungelesene WhatsApps
Und tatsächlich: Die erwartete Nachrichtenflut hat uns regelrecht überrollt. Bei einigen Schülerinnen blinkten über 1.000 ungelesene WhatsApp-Nachrichten auf – ein digitaler Sturm, der die lange Offline-Zeit eindrucksvoll sichtbar macht, uns aber auch nachdenklich stimmt.
In den vergangenen Wochen haben viele eine neue Gelassenheit entwickelt und gespürt, wie befreiend es ist, nicht ständig zum Handy greifen zu müssen. Dadurch ist ein klareres Gespür dafür entstanden, was uns wirklich guttut und was wir lieber weglassen möchten.
Wir waren präsenter im Moment und haben bewusster wahrgenommen, was um uns herum passiert.
Unsere Gespräche wurden intensiver, und viele von uns haben erlebt, dass sich Beziehungen echter und unmittelbarer anfühlen, wenn nicht ständig digitale Ablenkungen dazwischenfunken. Wir waren präsenter im Moment und haben bewusster wahrgenommen, was um uns herum passiert, wir waren zurück in der Realität.
Gleichzeitig wurde uns bewusst, wie oft wir Social Media ganz automatisch öffnen, ohne es wirklich zu wollen – und wie viel wertvolle Zeit wir zurückgewinnen, wenn wir diesen Reflex unterbrechen. Und nicht zuletzt haben wir erfahren, wie wohltuend es ist, wenn das Handy nicht permanent unsere Aufmerksamkeit einfordert.
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Was nehmen wir uns fürs neue Jahr mit?
Die Vorsätze sind zahlreich: Wir möchten im neuen Jahr bewusster mit unserer digitalen Zeit umgehen: Dazu gehören handyfreie Zeiten, in denen wir unseren Mitmenschen mehr Aufmerksamkeit schenken. Apps wie TikTok, Snapchat oder Instagram wollen wir zeitlich begrenzen, sinnloses Scrollen möglichst vermeiden. Statt ständig „nebenbei“ online zu sein, setzen wir auf klare, begrenzte Zeitfenster, in denen wir unsere Geräte ganz bewusst nutzen.
Es entsteht wieder Platz für Lesen, Musik, Sport, Stricken und Basteln.
So entsteht wieder Platz für all das, was im Alltag oft zu kurz kommt: Lesen, Musik, Sport, kreative Tätigkeiten wie stricken und basteln und: die volle Aufmerksamkeit für unsere Mitmenschen.
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Unsere Autorin
Delueg Bettina, 40 Jahre alt, unterrichtet Humanwissenschaften, Medienerziehung und Querflöte am Sozialwissenschaftlichen Gymnasium in Brixen. Sie leitete das Projekt der Klasse 3C “Beyond the Screens” und ist stolz auf alle Teilnehmer:innen, welche sich dieser Challenge gestellt und sich auf diese wertvolle Erfahrung eingelassen haben.
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Fazit: Was bleibt?
Die Schüler und Schülerinnen haben nicht einfach 23 Tage „verzichtet“. Sie haben ausprobiert, wie sich ein anderes Leben anfühlt – eines mit mehr Ruhe, mehr Präsenz und mehr echten Kontakten.
Das Projekt endet, aber die Erkenntnisse bleiben. Und genau die können wir ins neue Jahr mitnehmen.
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Das ist das selbe wie jemand…
Das ist das selbe wie jemand der regelmäßig zuviel trinkt und eine 30 Tage Challenge eingeht trocken zu bleiben. Damit ist nichts gelöst und verstanden hat man auch nicht viel.
Diese ganzen Apps wurden mit Hilfe von Psycholoigen gestaltet, die ansosnten bei der Gestaltung von Slotmachines und Innenräume von Casinos zu rate gezogen werden.
Diese Apps werden weiter verwendent und das Suchtpotential und der Gruppenzwang schlägt weiter zu.
Ich hatte das Glück ohne Soziale Medien aufzuwachsen und wenn jemand sich bei mir belkagt, dass es ihm zu mühselig ist eine Email oder ein SMS zu schreiben und ich solle mir endlich Whatsapp installieren, dem sage ich dann er soll sich das irgendwo anders reinstecken.
Noch einen Gedankenanstoß an die Autorin, die Medienerziehung unterrichet. Als Alternative zwischen totaler Abstinenz und Verwendung, könnte man mit der Klasse besprechen wie müsste ein Medium aussehen, das nicht designd wurde damit es bestimmte Dynamiken auslöst.
Was würde passieren, wenn in Groupchats alle Mitteilungen nur alle 5 Minuten oder 15 Minuten geteilt würden und nur DM eine Echtzeitkommunikation möglich wäre.
Warum nicht ein Experiment einführen in denen die Apps für soziale Medien nur in bestimmten Tageszeiten funktionieren und ab 8 Uhr abends an Schultagen bis zu Mittag nicht funktioniert. (Dafür gibt es Software)
Davon würde man mehr lernen als einfach mal zu "Fasten".