„Ich singe es trotzdem...“
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Corinne Amrand's Gedanken zum neuen Song „Schlaflied für ein Kind ohne Bett“
Es ist schon ein bisschen her, dass die ersten Zeilen zu diesem Song entstanden sind. Ich hatte einen Artikel über Flüchtlingscamps gelesen, die leider kein sicherer Hafen sind, sondern in denen Menschen im wahrsten Sinne des Wortes stranden. Männer, Frauen, Familien mit Kindern, die mit der Hoffnung auf Frieden und Sicherheit nach Europa kommen und dann über Jahre in diesen überfüllten Camps festsitzen. Und ein Satz hat mich besonders erschüttert: dass es dort immer mehr Kinder gibt, die so verzweifelt sind, dass sie nicht mehr weiter leben wollen.
Das konnte ich nicht mehr aus meinem Kopf bekommen. Ich hab mich ans Klavier gesetzt und auf drei Akkorden rumgeklimpert. Und da war dann plötzlich dieses Bild von verlorenen Federn, die durchs Wasser schweben. Und von Fußspuren, geknickten Pflanzen. So sind die ersten Zeilen entstanden. Ich glaube jeder Mensch, der Kinder hat, möchte ihnen neben Sicherheit und Halt auch Flügel geben, damit sie die Welt entdecken und ihren Platz darin finden können. Durch schwere Zeiten zu gehen, ist eines, aber in der absoluten Aussichtslosigkeit gefangen zu sein, ist unerträglich.
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Als der Song fertig war, hab ich ihn zuerst mal in die Schublade gelegt. Hatte das Gefühl, der ist unzumutbar, zu traurig. Aber irgendwann hab ich ihn dann doch dem Simon Gamper gegeben. Und Simon hat nicht versucht den Song leichter zu machen, er ist vielmehr voll rein gegangen in diese Traurigkeit und hat dann dieses Arrangement gemacht, das den Song so wunderbar trägt. Er hat diesen verlorenen Fußspuren einen sehr weiten, großen Raum gegeben, in dem sie sich ausbreiten können. Über die Kopfhörer hört man wie viel ganz unaufdringlich in dieser Ruhe passiert. Und der Instrumentalteil in der Mitte ist für mich gleichermaßen traurig und erhebend.
Bei Martin Niedermair in der Tonstube — er hat auch gemischt und gemastert — hab ich meine Stimme eingesungen. Martin weiß, wie die funktioniert, wo sie knarzt und wo sie klingt und ich habe großes Vertrauen in seine Arbeit. Er lässt auch nicht locker, bis er überzeugt davon ist.
Ja, der Song ist traurig, aber ich mag ihn sehr. Ok, ich habe eine Schwäche für traurige Songs, aber vielleicht lässt uns Musik ja auch berührbar bleiben und nicht sagen: Ich kann das nicht ertragen, ändern kann ich’s ja nicht, also schau ich weg. Dieses Schlaflied bringt keinem Kind ein Bett, ich weiß ... ich singe es trotzdem ... für alle Kinder ohne Bett.
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Interview mit Simon Gamper über seine Zusammenarbeit mit Eva Kuen/Corinne Amrand
salto.music: Wie und wann kam die erste Zusammenarbeit mit Eva Kuen zustande und wie hat sie sich bis jetzt entwickelt?Simon Gamper: Meine Arbeit mit Corinne Amrand begann im Jahr 2018. Eva hatte sich entschlossen nach ihrem Debüt, auf dem sie als Eva Kuen musiziert hatte, als Alter Ego Corinne Amrand Musik zu machen und eine Platte aufzunehmen. Wir kannten uns zu diesem Zeitpunkt schon lange und hatten schon häufig in Bühnenproduktionen zusammengearbeitet.
Für Corinne Amrand arrangiere, komponiere und produziere ich und spiele, mit Ausnahme der Perkussionsinstrumente auch alle Instrumente ein. Die Zusammenarbeit mit Eva ist sehr einfach und konstruktiv und vor allem von gegenseitigem Vertrauen und künstlerischer Wertschätzung geprägt. Das macht das Zusammenarbeiten flüssig und angenehm.
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salto.music: Welche Bedeutung hat der neue Song „Schlaflied für ein Kind ohne Bett“ von Corinne Amrand für dich persönlich?
Simon Gamper: Als Vater zweier Kinder trifft mich der Inhalt von Eva’s Lyrik sehr unmittelbar und mit großer Wucht und macht mich betroffen. Ich habe den Song arrangiert, eingespielt und produziert und dabei versucht, diese Empfindungen in das klangliche Gewand einzuweben.
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salto.music: Was hast du zur Aufnahme beigesteuert und was fällt dir in musikalischer Hinsicht auf, wenn du sie heute hörst?
Simon Gamper: Wenn ich den Song heute höre, dann bin ich vor allem über den elektronischen Anteil sehr glücklich — ich verwende seit vielen Jahren keine virtuellen Instrumente mehr, aber arbeite mit allerhand analogen Gerätschaften. Mir fällt außerdem Evas unverkennbare, bildhafte, poetische Sprache und Martin Niedermair’s liebevolle Mischung auf – die beiden haben ausgezeichnete Arbeit geleistet.
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Info:
Corinne Amrand Offizielle Website: http://www.corinneamrand.com/
Simon Gamper Offizielle Website: https://www.simongamper.com/