Politik | Kleine Krankenhäuser

16 Fragen

Dass sich Franz Ploner Sorgen um den Fortbestand der kleinen Krankenhäuser macht, ist kein Geheimnis. Nun hat er eine umfangreiche Landtagsanfrage eingereicht.
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Foto: Sabes
Die Neuauschreibung der Primariatsstellen an den Krankenhäusern Brixen und Sterzing hat hohe Wellen geschlagen. Obwohl Landeshauptmann Arno Kompatscher im Rahmen der Pressekonferenz, bei welcher er diesen Beschluss der Landesregierung bekannt gegeben hat, gleich mehrfach betont hat, dass diese Entscheidung eine Aufwertung für beide Häuser darstellt, empfinden es einige Politiker, wie beispielsweise Sterzings Bürgermeister Peter Volgger oder der Landtagsabgeordnete des Team K und ehemalige ärztliche Leiter am Krankenhaus Sterzing, Franz Ploner, als das komplette Gegenteil.
 
 
 
 
Letzterer hat vor Kurzem erneut eine Landtagsanfrage zur Abschaffung der komplexen Struktur des Primariats für Allgemeinchirurgie am Krankenhaus Sterzing eingereicht. Wie Ploner in seiner Einleitung erklärt, wird mit Beschluss der Landesregierung vom 5. Juni 2022 die Abteilung für Allgemeinchirurgie als komplexe Struktur und damit die Primarstelle für Allgemeinchirurgie am Krankenhaus Sterzing abgeschafft und als „einfache Struktur – Allgemeine Chirurgie Sterzing“ in die komplexe Struktur „Chirurgie Brixen – Sterzing“ eingegliedert. Begründet habe man diese Entscheidung mit dem jetztigen orthopädisch-traumatologischen Leistungsspektrum an der Abteilung für Allgemeinchirurgie. Das jetzige Leistungsspektrum an der Abteilung Chirurgie am Krankenhaus Sterzing, welche als Abteilung für Allgemeinchirurgie und Unfallchirurgie/Orthopädie geführt wird, habe sich über die letzten Jahrzehnte durch das Engagement des Primars und durch die Ausbildung entsprechender Fachärzte entwickelt, betont der ehemalige ärztliche Leiter und erklärt, dass es allein in der fachlichen und organisatorischen Fähigkeit des ärztlichen Leiters der chirurgischen Abteilung liege, die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in seinem Team dahingehend auszubilden und aufzustellen, dass ein breites Spektrum der Chirurgie und der Orthopädie/Unfallchirurgie in den peripheren Krankenhäusern betreut und abgedeckt werden könne.
 
Bei den orthopädischen Eingriffen handelt es sich beinahe immer um geplante Eingriffe, die die Infrastruktur eines Akutkrankenhauses meistens nicht benötigt.
 
Diese Entscheidung habe auf die Funktion eines Akutkrankenhauses mit einer vorwiegend gastroenterologisch ausgerichteten Inneren Medizin und einer Notaufnahme gravierende Auswirkungen auf die Versorgung der lokalen Patienten. Wie der ehemalige ärztliche Leiter erklärt, würden in einer komplexen Struktur Orthopädie/Unfallchirurgie kaum lebensbedrohliche, akute unfallchirurgische Fälle betreut, da schwere unfallchirurgische Fälle sowieso in ein Trauma-Zentrum mit allen Fachabteilungen verlegt werden müssten. „Bei den orthopädischen Eingriffen handelt es sich beinahe immer um geplante Eingriffe, die die Infrastruktur eines Akutkrankenhauses meistens nicht benötigt“, so Ploner, der nicht weniger als 16 Fragen an den zuständigen Landesrat – nach dem Rausschmiss von Thomas Widmann hat Landeshauptmann Arno Kompatscher die Kompetenzen im Gesundheitsbereich übernommen – richtet.
 
 
 
Unter anderem will Ploner wissen, ob es entsprechende Gutachten gibt, welche die Auswirkungen der Umwandlung der komplexen Struktur Chirurgie in eine einfache Struktur am Krankenhaus Sterzing beleuchten, welche Begründung der Gesundheitsbezirk und die ärztliche Leitung des Krankenhauses Sterzing zur Umwandlung der komplexen Struktur Chirurgie abgegeben haben und ob der Verwaltungs- und Abteilungsleiter des Krankenhauses Sterzing sowie die Pflegedirektion und die lokalen politischen Vertreter in die Entscheidung zur Umwandlung der komplexen Struktur Chirurgie eingebunden waren. Weiters wird danach gefragt, ob die Umwandlung der komplexen Struktur Chirurgie mit dem Gesundheitsministerium abgesprochen worden ist, da der Staat die primäre Zuständigkeit in der Gesundheitsplanung hat. Die wichtigsten Fragen betreffen das Leistungsspektrum der komplexen Struktur Chirurgie am Krankenhaus Sterzing und ob dieses weiterhin 24 Stunden 7 Tage die Woche für die Bevölkerung des Einzugsgebiets angeboten wird. Auch die Auswirkungen auf die Facharztausbildung wird thematisiert. „Bleibt die bereits vorhandene Akkreditierung der komplexen Struktur Chirurgie Sterzing durch das Gesundheitsministerium aufrecht? Wenn nein, welche Auswirkungen hat dies?“, fragt Ploner.
Auf die Antworten seitens des Landeshauptmannes darf man gespannt sein.
 

Krankenhaus Sterzing wird nicht abgebaut

 

Während Ploner weiter hartnäckig nachbohrt, versucht der Sanitätsbetrieb zu beschwichtigen. „Das Krankenhaus Sterzing ist und bleibt der Bezugspunkt der Patientinnen und Patienten des oberen Wipptals", stellt die Direktorin des Gesundheitsbezirks Brixen, Christine Zelger, im Zusammenhang mit den letzthin erschienenen Medienberichten klar. Die Entscheidungen und Maßnahmen der Landesregierung sowie des Südtiroler Sanitätsbetriebes zielten darauf ab, auch in Zukunft alle Patientinnen und Patienten bestmöglich und nahe am Wohnort zu versorgen. Mit dem Abgang des Primars im chirurgischen Bereich im Krankenhaus Sterzing sowie dem Wechsel des Primars der Chirurgie Brixen in die Sanitätsdirektion Bozen sei es notwendig geworden, das Primariat in Allgemeinchirurgie so zu besetzen, dass die chirurgische Versorgung im gesamten Bezirk in der gewohnten hochqualitativen Art und Weise gewährleistet bleibt.
 
 
 
„Angesichts des breiten Leistungsspektrums im Bereich der Orthopädie im Krankenhaus Sterzing war es zudem naheliegend, den orthopädischen Schwerpunkt am Krankenhaus zusammen mit dem traumatologischen Schwerpunkt im Bezirk weiter zu stärken und das Primariat als 'Primariat für Traumatologie und Orthopädie' neu zu organisieren. Bereits heute stammen 70 Prozent der Eingriffe aus dem Bereich der Traumatologie und Orthopädie“, erklärt Zelger. Die Beunruhigung der Wipptaler Bevölkerung angesichts der Umstrukturierungen sei aufgrund der Berichterstattung zwar verständlich, aber sachlich unbegründet. In einer ausführlichen Besprechung mit der Spitze des Südtiroler Sanitätsbetriebes, dem Landeshauptmann und den Bürgermeistern des Bezirkes am 24. Juni sei dieses politische Ziel erneut unterstrichen und die geplanten Maßnahmen am Krankenhaus Sterzing in allen Details erklärt und diskutiert worden.
 
Es war dabei nie die Rede von einer Reduzierung der Dienste. Besonders bei den chirurgischen Diensten ist keine Reduktion der ambulanten oder stationären Leistungen geplant.
 
„Es war dabei nie die Rede von einer Reduzierung der Dienste. Besonders bei den chirurgischen Diensten ist keine Reduktion der ambulanten oder stationären Leistungen geplant“, betont die Direktorin des Gesundheitsbezirks Brixen, die auf den massiven Fachkräftemangel hinweist. So ist zwischen März 2020 und Juni 2022 in den bettenführenden Abteilungen am Krankenhaus Sterzing die Anzahl der Krankenpfleger um 20 Prozent gesunken. Die Gründe dafür waren Pensionierungen, Suspendierungen und der Wegfall von Personal, das während der Pandemie in ihre Herkunftsregionen zurückgekehrt ist. Aufgrund dessen musste auch die Anzahl der Betten auf den bettenführenden Abteilungen verringert werden. Der Sanitätsbetrieb hat mittlerweile einen eigenen Recruiting-Mitarbeiter am Krankenhaus Sterzing eingestellt, der in engem Kontakt mit interessierten Pflegekräften im In- und Ausland steht und persönliche Gespräche mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern führt, die das Krankenhaus verlassen möchten, um deren Beweggründe zu verstehen und darauf zu reagieren. „Zur Stabilisierung der Personalsituation bedarf es jedoch einer gemeinsamen Anstrengung des Ressorts, des Sanitätsbetriebes und auch der lokalen Politik, um den Standort Sterzing attraktiver für Fachkräfte zu gestalten. Dazu gehören kurzfristig Personalunterkünfte, längerfristig leistbarer Wohnraum und wirtschaftliche Anreize zur Arbeit in einem Grundversorgungskrankenhaus in der Peripherie“, so Zelger, die weiters den Gerüchten, wonach die Neurorehabilitation nach Bozen verlegt werden soll, widerspricht.
 
Außer Frage steht, dass die Abteilung Neurorehabilitation am Krankenhaus Sterzing bleibt.
 
Diese soll in Sterzing bleiben und eine Schließung steht außer Diskussion. Allerdings sei der derzeitige Pflegekräftemangel auch hier stark spürbar und stelle die Abteilung vor große Herausforderungen. Aktuell könnten 13 von 21 verfügbaren Betten und vier tagesklinische Betten betreut werden. „Um die derzeitig kritische Personalsituation abzufedern, laufen Absprachen für eine engere Zusammenarbeit mit der Neurochirurgie in Bozen mit Betreuungsmöglichkeiten von zusätzlichen neurorehabilitativen Patienten. Dieses Vorhaben muss in Bezug auf Patientenflüsse und Behandlungsprotokolle noch im Detail zwischen allen involvierten Verantwortlichen abgestimmt werden und hängt auch vom weiteren Verlauf der Covid-19-Pandemie ab. Außer Frage steht, dass die Abteilung Neurorehabilitation am Krankenhaus Sterzing bleibt“, so die Direktorin des Gesundheitsbezirkes Brixen.