Kultur | SPACE DISCOVERY

La cittá fuori e dentro

"Like a city" im Ausstellungsraum "Babylon OPEN Atelier" in Bozen

Der Traum vom Anderen, vom Großen, vom Fernen, vom Jenseitigen - er hat KünstlerInnen seit jeher schon beflügelt. Im Falle der Ausstellung "Like a city" im Babylon in der Schlachthofstraße in Bozen ist es die Stadt einerseits als Idee und andererseits als Realität. Like a city: wie eine Stadt. Der Künstler und Kurator Nazario Zambaldi, der die Ausstellung zusammengestellt hat und dort auch sein Atelier hat, spricht von "der Stadt draußen und drinnen", draußen auf den Straßen des Viertels Zentrum/Bozner Boden/Rentsch, drinnen in den Räumlichkeiten des Babylon.

- Die Stadt wird (übrigens in jedem europäischen Kontinent unterschiedlich) nach der Größe ihrer EinwohnerInnenzahl definiert. Sie ist gekennzeichnet durch eine eigene Verwaltungs- und Versorgungsstruktur. Die Stadt ist aber immer auch ein imaginäres Konstrukt, das in den Köpfen der BewohnerInnen und Außenstehenden existiert. -

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Wir befinden uns gefühlt in Bozens Peripherie, aber eigentlich ist es ein kleiner Sprung vom Waltherplatz bis ins Babylon. Hier in der Umgebung haben sich in letzter Zeit einige Kreative niedergelassen, wie u.a. das Projekt "Macello", das ein Dach bietet für das Atelier von Elisa Grezzani, das Label Phoniricrecords, die kreative Küche von Nikitasboat Project und das Theaterprojekt von Conchiglie Rosse.
Babylons Facebook-Profilbild ist eine Fotografie von Zambaldi des legendären Berliner Arthousekinos "Babylon", das seit 1929 am Rosa-Luxemburg-Platz in Mitte Filme zeigt. Warum sich das Kino damals für diesen Namen entschieden hatte? "Weil es aus dem alten Schutthaufen herausgewachsen wäre", so ein Schutzmann im Berliner Tageblatt.
Die Große Andere Berlin und das Kleine, Eigene: Bozen. Schwer hat sie es schon ziemlich mit ihrer Identität, hübsch und niedlich ist sie, und trotzdem will sie die stolze Landeshauptstadt sein, die die anderen noch kleineren ja schon überragt. Bozen hat es aber nötig, dass sich noch mehr Initiativen breitmachen, damit sie eine coole Kleinstadt werden kann. Off-Spaces, Pop-Up-Shops, (taugliche) Bars, Clubs: in Bozen ziemliche Mangelware. Nur weil Bozen klein ist, heißt das nicht, dass es nicht auch Nischen, Straßen oder Viertel geben könnte für Sub- und Alternativkulturen, wie in anderen Städten auch.

Die räumliche Struktur des "Babylon" in Bozen gab es bereits, bevor Zambaldi sie vor 3 Jahren übernommen hatte. Der Bozner Fliesen- und Baustoffbetrieb Josef Reinisch hat sie zur Verfügung gestellt. Babylon, hier angedacht als "uno spazio di riflessione sulla 'città dentro e fuori'".
Die 13 in "Like a city" teilnehmenden KünstlerInnen wurden eingeladen, sich im Babylon zu spiegeln, "come una cittá". Deren Auswahl fand nach persönlichen Kriterien statt: "Alle, die mich aushalten", gesteht Zambaldi lachend.

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Die Ausstellung zeigt demnach Stadtansichten verschiedenster Couleur. Zeichnungen, Malerei, Videos, Installation, Sound Art. Die Stadt ist hier zumeist weniger eine "cittá dentro", eine Stadt im Menschen, sondern eine "cittá fuori". Die Stadt wird künstlerisch analysiert und abgebildet, zum Teil basierend auf Stadtrealitäten wie Berlin, Hongkong, Melbourne, Napoli, Bangkok oder Bozen. Sie ist es, die auf den Zeichnungen, Malereien und Videos von Stefano Bernardi, Ivo Corrá, Jonny Costantino oder Nazario Zambaldi gespiegelt wird.
Bei Flavio de Marco hingegen treffen wir auf Bozen als Teil seines "Stella"-Projektes, wo er eine Insel imaginiert, die nicht exisitiert, in perfekter Sternform (die ideale Form einer Stadt in der Renaissance-Zeit). Schade, dass wir nur einen so kleinen Ausschnitt aus Laurina Paperinas  buntem Comic-Universum zu sehen bekommen, die sich mit anarchistisch-schwarzhumorigen Installationen und Zeichnungen einen Namen gemacht hat. "Your ass is like an atomic bomb" zeigt 2 fliegende Mickey-Mäuse mit Abgaswolken über den noch intakten New Yorker Twin-Towers, und ein UFO über dem Metropolitan Building, das Penisse nach unten schickt. Hat das etwas mit der phallischen Erscheinung dieses Hochhauses zu tun?
Des weiteren gibt es Arbeiten von Federico Lanaro ("Walking in the city"), Daniele Bordoni, der für die Ausstellung als Artist in Residence zu Gast war, Domenico Brancale, Carla Cardinaletti, Claudio Cuoghi und Monica Corsello und Nazario Zambaldi zu entdecken. Etwas mehr Klotzen statt Kleckern hätte bei der Auswahl der Arbeiten dabei nicht geschadet. Außerdem ist der Raum groß genug für größere Arbeiten, auch skulpturale.
Auf die Frage, welche Pläne es für die Zukunft gibt, antwortet Nazario Zambaldi, dass er u.a. mit den Flüchtlingen zusammenarbeiten möchte, die sich in seinem Viertel so zahlreich aufhalten. Ein offener Ausgang für einen Raum mit noch nicht ganz ausgeschöpftem Potenzial.


Like a City
Babylon, Schlachthofstraße 9A, 39100 Bozen

Mit:
Pietro Babina, Stefano Bernardi, Daniele Bordoni, Domenico Brancale, Carla Cardinaletti, Cuoghi e Corsello, Ivo Corrá, Jonny Costantino, Flavio de Marco, Federico Lanaro, Laurina Paperina, Nazario Zambaldi, Mauro Franceschi

Die Ausstellung bleibt geöffnet bei Voranmeldung bis zum 11. November 2015.
Telefon: +39 329 6768999
Email: [email protected]
Website: http://www.metaart.it