Umwelt | Wolkenstein

Garstiger Bürgermeister

Der Wolkensteiner Bürgermeister Roland Demetz lässt die Initiativgruppe „Nosc Cunfin“ im Gemeinderat nicht reden und dann verlassen er und die Mehrheit vorab den Saal.
Demetz, Roland
Foto: La Usc di Ladins
Die Initiatoren sind sichtlich aufgebracht. „Wir hätten uns ein solches Verhalten von einer Amtsperson und dies im Jahre 2023 niemals erwartet“, heißt es in der Stellungnahme der Initiativgruppe Nosc Cunfin.  
Schaut man sich die Geschichte genauer an, so ist diese Reaktion durchaus verständlich.
Es geht dabei um eine Anliegen im Naturschutz. Seit Jahrzehnten gibt es Bestrebungen die Langkofelgruppe in einem Naturpark unter Schutz zu stellen. Zuerst sind es die Initiative „SOS Saslonch“ und „SOS Dolomites“, die in diese Richtung arbeiten und seit drei Jahren kämpft vor allem die Initiativgruppe „Nosc Cunfin“ für dieses Anliegen.
Dabei ist der Projekt seit vielen Jahren auch in den offiziellen Plänen der Gemeinden verankert. So wurde etwa in dem 2014 ausgearbeiteten Masterplan Visio Gherdëina festgeschrieben: “Wir arbeiten darauf hin, dass Langkofel, Plattkofel, Sellastock und andere wichtige Gebiete unter Schutz gestellt werden. Bis 2018 sollen mindestens der Sellastock und die Langkofelgruppe als Naturpark ausgewiesen werden“.
 
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Langkofelgruppe und Confinböden: Kampf um einen Naturpark
 
 
Doch wirklich umgesetzt, wurde bisher kaum etwas. Deshalb hat sich die Initiativgruppe Nosc Cunfin in den vergangenen Jahren auch mehrmals mit der zuständigen Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer getroffen. So fand am 9. März 2023 eine Aussprache mit Kuenzer und dem Amtsdirektor für Natur Leo Hilpold, sowie dem Leiter des Bereichs Schutzgebiet Management Enrico Brutti statt. Dabei betonte die Landesrätin, dass die Landesregierung eine Unterschutzstellung der Langkofelgruppe befürwortet. Sie fordert aber gleichzeitig die Initiativgruppe auf,, „dass dafür vor Ort Mehrheiten geschaffen werden müssen.“
 

Die Volksbefragung


Damit reift ein konkreter Plan: Nosc Cunfin will in den drei Grödner Gemeinden und in der Gemeinde Kastelruth eine Volksbefragung durchführen. Mit diesem demokratischen Instrument soll entschieden werden, ob die Bevölkerung für oder gegen die Unterschutzstellung der Langkofelgruppe, den Confinböden und der Steinernen Stadt, in einen Naturpark ist.
 
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Naturschutzlandesrätin Maria Hochgruber Kuenzer (bei einer Veranstaltung auf den Confin-Böden): „Vor Ort Mehrheiten für die Volksbefragung schaffen“
 
 
Weil von Anfang an klar ist, dass diese Volksbefragungen nur mit Hilfe der betroffenen Gemeinden umsetzbar sind, sucht Nosc Cunfin daraufhin bei allen vier Gemeinden um einen Termin an, um den Verwaltern und dem Gemeinderat die Initiative vorzustellen.
So trifft sich die Initiativgruppe am 12. Juni 2023 mit Bürgermeister Tobia Moroder und den Assessoren von St.Ulrich. Diese befürworten die Abhaltung einer Volksbefragung, unterstreichen aber noch einmal, dass diese in Zusammenarbeit aller betroffenen Gemeinden ausgeführt werden soll.
Am 5. Juli 2023 ist dann Kastelruth an der Reihe. Drei Nosc Cunfin-Vertreter stellen den Gemeindereferenten und Bürgermeisterin Cristina Palanch das Anliegen der Eingliederung der unberührten Confinböden in einen Naturpark vor. „Man sieht unser Anliegen mit einer gewissen Skepsis, da in der Gemeinde eine neue Liftverbindung über die Cunfinböden wieder Thema scheint“, fassen die Umweltschützer die Aussprache zusammen.
Am 24. Juli 2023 durfte Nosc Cunfin ihr Anliegen in der Gemeinderatssitzung St.Christina vorbringen. Die Bedingungen dafür waren schon restriktiver: 15 Minuten Zeit und ohne Diskussion und Kommentar.
Doch das sollte nur ein Vorspiel sein.
 

Wolkensteiner Auszug

 
Denn in der Nachbargemeinde Wolkenstein zeigt sich jetzt ein Demokratieverständnis der besonderen Art.
Erst nach mehreren Nachfragen antwortet der Wolkensteiner Bürgermeisters Roland Demetz auf die Anfragen der Initiativegruppe:
 
Bezüglich eines Treffens mit dem Gemeinderat, möchte ich sagen, dass dies nicht notwendig ist, da die Informationen ja bereits genug in den Medien publiziert werden“.
 
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Initiativgruppe Nos Cunfin: „Wir hätten uns ein solches Verhalten niemals erwartet“.
 
 
Weil Nos Cunfin aber nicht lockerlässt, wird die Initiativgruppe zum Vortragen ihres Anliegens am 28. Juli 2023 eingeladen. Mit klaren Bedingungen: Die Anhörung findet nach der offiziellen Sitzung des Gemeinderates statt und darf nicht länger als 20 Minuten dauern.
Als am vergangenen Freitag sieben Nosc Cunfin-Vertreter dem Gemeinderat die Volksbefragung dann vorstellen wollen, passiert Unglaubliches.
Bürgermeister Roland Demetz nimmt nach Beendigung der Sitzung das Mikrofon und betont mit energischer Stimme, dass die Initiativgruppe Nosc Cunfin der Gemeinde Wolkenstein nichts vorzuhalten habe und er keinerlei Interesse haben, den Umweltschützern Gehör zu verschaffen.
 
Die ordentliche Sitzung ist beendet und die Gemeinderäte, die zuhören wollen, mögen bleiben, aber ich gehe“.
Wolkensteiner Bürgermeister Roland Demetz
 
Demetz wörtlich:„Die ordentliche Sitzung ist beendet und die Gemeinderäte, die zuhören wollen, mögen bleiben, aber ich gehe!“. Danach verlässt der Bürgermeister den Sitzungssaal. Mit ihm gehen weitere sieben Gemeinderäte.
Die Initiativgruppe stellt so ihr Anliegen vor den verbliebenen Gemeinderäten vor. „Einen Dank geht an diese 7 Gemeindevertreter Wolkensteins, die sich die Freiheit genommen haben, der Gruppe Nosc Cunfin zuzuhören“, sagt jetzt Nosc Cunfin.
Frei nach Reinhard Mey: Über Wolkenstein, muss die Freiheit nicht grenzenlos sein.
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Simonetta Lucchi Mi., 02.08.2023 - 11:30

"Bei seinen Songs versteht Reinhard Mey keinen Spaß: Wegen einer Parodie seines Klassikers „Über den Wolken“ geht der Liedermacher mit einer Unterlassungserklärung gegen eine unterfränkische Band vor. Für Hetze und Beleidigungen gegen Klimaaktivisten habe Mey kein Verständnis." (RND)

Mi., 02.08.2023 - 11:30 Permalink
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△rtim post Mi., 02.08.2023 - 12:34

Ein negatives Beispiel der Selbstoffenbarung über die politische Verfasstheit der kommunalen Ebene. Ohne Bereitschaft einander überhaupt zuzuhören und miteinander zu sprechen kann eine Zivilgesellschaft nicht funktionieren.

Mi., 02.08.2023 - 12:34 Permalink