Wirtschaft | Transport

Arnos Mobilitäts-Visionen

Zwei "enorm wichtige" Projekte stehen auf der Agenda des LHs. Eines ist der Flugplatz:"Nach der Startbahnverlängerung ist Schluss. Denn Berge können wir nicht versetzen."

“Ich muss die Menschen jetzt überzeugen, das ist mein Auftrag.” Landeshauptmann Arno Kompatscher findet klare Worte, wenn er über den Flughafen in Bozen spricht. Mit seiner Meinung hat er nie hinterm Berg gehalten und macht es auch jetzt nicht: “Dass ich überzeugt bin, dass der Flughafen einen Mehrwert darstellt, ist hinlänglich bekannt. Wenn Südtirol morgen noch Südtirol sein soll, ist es auch wichtig, dass wir über Flugzeug erreichbar sind”, so Kompatscher im Gespräch mit salto.bz. Sowohl für die wirtschaftliche Standortqualität aber auch das touristische Incoming sei ein Flughafen für die Provinz überlebenswichtig. Das hat Arno Kompatscher am eigenen Leib erfahren.


“Niemand landet in Austria, um in Südtirol Urlaub zu machen”

Britische Touristen etwa hätten keine Chance, Südtirol zu erreichen. “Auch wenn sie wollten”, so der Landeshauptmann. Die Briten seien extrem alpen- und schiaffin, hätten aber keine Chance, nach Südtirol zu gelangen. “Denn auch Innsbruck als Zielflughafen für Touristen, die in Südtirol Urlaub machen wollten funktioniert nicht”, weiß Kompatscher. Er habe das selbst über Jahre hinweg versucht. “Als Betreiber der Schiregion Seiser Alm haben wir hunderttausende Euro ins Projekt Transair gesteckt. Insgesamt sind dadurch ganze zwölf Touristen gekommen. Kein Mensch landet in Austria, um in Südtirol Urlaub zu machen”, so Kompatscher wörtlich. Was aber antwortet er jenen, die sagen, es brauche einfach eine bessere Anbindungen an den Flughafen Innsbruck? “Das kannst du vergessen. Das sagen Leute, die keine Ahnung haben”, meint er. “Unser Bus ist damals dort am Flugsteig gestanden mit der Aufschrift ‘Seiser Alm’. Und trotzdem sind nur zwölf Leute gekommen.”


Startbahn verlängern und dann ist Schluss

Trotz aller Überzeugung von der Wichtigkeit des Fluhafens gesteht der Landeshauptmann ein: “Wir haben viele Fehler gemacht, es ist immer nur scheibchenweise kommuniziert worden. Jetzt wollen wir ganz klar sagen, was Sache ist.” Und zwar? “Es geht nicht ohne die Verlängerung der Startbahn.” Sollte die Start- und Landebahn am Bozner Flughafen nicht um die veranschlagten 300 Meter verlängert werden, könnten nur kleine Flugzeuge von dort starten. “Diese können aber nicht preiskonkurrenzmäßig arbeiten”, so Kompatscher, “was heißt, dass das Ticket entsprechend mehr kostet. Und darüber hinaus gibt es gar keine Flugbetreiber mehr, die solche Flieger fliegen. Denn mittlerweile sind die Standardmaschinen mit 120 anstatt 60 Sitzplätzen ausgestattet. Und das ist ein himmelweiter Unterschied.” Gar einige Studien würden belegen, dass unter der Voraussetzung einer Startbahnverlängerung und größerer Maschinen der Flughafen leicht zu führen und der volkswirtschaftliche Mehrwert auch spürbar sein wird. “Die Belastung aber wird nicht ansteigen”, erklärt Kompatscher, “denn es wird nicht viel viel mehr Flüge geben, sondern einfach größere Flugzeuge.”

Mit der Startbahnverlängerung soll in Sachen Flughafenausbau dann auch schon Schluss sein. “Es geht um diese kleine Verlängerung”, bekräftigt der Landeshauptmann, “alles andere ist weder denkbar noch technisch möglich. Denn der nächste Schritt wäre, die Berge zu verschieben.” Er will nun alle Zahlen offen legen, auch die Nachteile nicht verschweigen. Doch ist er überzeugt, dass am Ende die Einsicht, dass der Flugplatz “ein enorm wichtiges Mosaiksteinchen” sei, gewinnen.


Von der Luft auf den Boden

Enorm wichtig, und doch nur ein kleines Mosaiksteinchen des öffentlichen Transports, wie Kompatscher betont. Auch kostenmäßig. “Es wird gerne vergessen, dass der Großteil unserer Investitionen im Mobilitätssektor in den Schienenverkehr geht”, so Kompatscher. Neben Großprojekten wie dem Brennerbasistunnel wolle man in naher Zukunft den grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr in Angriff nehmen. “Noch heute werde ich mit Luca Zaia telefonieren”, kündigt er an. Worum es bei dem Telefonat mit dem Präsidenten der Region Venetien geht? Um eine mögliche Zugverbindung zwischen Südtirol und dem Belluno. Lokal bestehen bereits Busverbindungen zwischen dem Pustertal und der Nachbarprovinz. Doch geht es nach dem Landeshauptmann, soll künftig auch der Auf- und Ausbau des Schienenverkehrs in Angriff genommen werden. “Uns schwebt eine Verbindung Toblach – Cortina – Belluno vor”, präzisiert Kompatscher seine Vision von einer ‘grenzenlosen’ Mobilität.

Im Belluno selbst findet die Idee bereits seit Längerem großen Anklang. Landeshauptfrau Daniela Larese Filon kündigte im Juni dieses Jahres an, einen Arbeitstisch in der Sache einberufen zu wollen. Für die Belluneser wäre eine Zugverbindung mit Südtirol und der Anschluss übers Pustertal an Osttirol ein großer Gewinn. Auch aus touristischer Sicht, wie der Bürgermeister von Cortina, Andrea Franceschi betont. In weniger als vier Stunden könnte dadurch die Strecke Lienz – Toblach – Cortina – Calalzo – Venedig bewältigt werden. Über Telefon werden nun also am heutigen Mittwoch die Weichen für eine zukünftige alpenüberquerende Zuganbindung gen Süden gestellt.

Doch der Blick des Landeshauptmann schwenkt auch in Richtung Westen. Wenn schon transalpiner Schienenverkehr, dann auch mit der Schweiz. “Ich habe diese Vision von einer Ost-West-Verbindung durch den Alpenraum”, gesteht Kompatscher. Die Eisenbahnanbindung in die Schweiz sei für ihn ein “ökonomisch, politisch und kulturell enorm wichtiges Projekt”. Enorm wichtig für Südtirol – gleich wie der Flughafen.