Sport | Spielanalyse

Mit zwei Gesichtern

Der FC Südtirol feiert gegen Ascoli den zweiten Sieg in Folge. Der wohl schwächsten Halbzeit seit einem halben Jahr folgte ein furiose Aufholjagd in Durchgang Zwei.
lesultanza_dei_padroni_di_casa_dopo_il_2-1.jpeg
Foto: Ufficio Stampa FCS - Foto Andrea Giacomelli

Der FC Südtirol empfing am Samstag Abend vor der Länderspielpause die Mannschaft aus Ascoli. Die Südtiroler wollten nach dem effizienten Auswärtssieg gegen Feralpisaló nun auch zu Hause punkten. Überraschenderweise rückte Ciervo in die Startelf für Rauti und gab im 4-4-2 der Südtiroler den rechten Flügel. Rover und Casiraghi wechselten sich mit der Besetzung der linken Außenbahn bzw. der Zehnerposition ab. Odogwu lief wie gewohnt als Stoßstürmer auf. Die Gäste formierten sich in einem 4-3-3, wobei die beiden offensiven Außenspieler meist einrückten.

Südtirol startete überraschend sehr defensiv und passiv, verzichtete praktisch vollkommen auf (höheres) Pressing und beschränkte sich darauf, die Passwege auf den gegnerischen Sechser, Gnahorè, zu versperren. Ascoli hatte phasenweise über 70 % Ballbesitz, konnte damit aber nur wenig anfangen.

ascoli_3er_aufbau_fcs_defensiv.png

Gewohntes Bild in der 1. Halbzeit: Ascoli (dunkle Trikots) im 3er-Spielaufbau, der FCS versperrt den direkten Passweg zu Gnahorè.

Immer wieder bauten die Gäste in einer 3er-Kette das Spiel auf (der linke Außenverteidiger schob dabei frühzeitig hoch), kamen aber aufgrund eigener individual- und gruppentaktischer Unzulänglichkeiten nicht in das zweite (oder gar: dritte) Spielfelddrittel. Ascoli hatte nämlich nummerische Überlegenheit in der ersten Aufbaulinie (3vs2), nutzte die enstandenen Räume aber nicht aus.

ascoli_spielaufbau_minjus.png

Ascoli nutzte die nummerische Überlegenheit nicht aus: Der Raum neben den zwei FCS-Angreifern (gelb hervogehoben) wurde nicht bespielt.

Die erste Halbzeit war folglich von viel "totem" Ballbesitz für die Gäste bestimmt, Südtirol hatte wenig Mühe, Ascoli in Schach zu halten, konnte allerdings selbst auch nicht viel Torgefahr kreieren. Als Ascoli dann doch einmal das Südtiroler Mittelfeld vertikal überspielen konnte, fiel just der Führungstreffer durch Mendez.

 

Halbzeit. Bisoli musste etwas verändern.

 

Neuer Schwung mit neuen Spielern

 

Das tat der Trainer des FC Südtirol in gewohnter Manier: Er wechselte doppelt, brachte Merkaj und Broh für Rover und Kofler. Casiraghi besetzte jetzt den linken Flügel, Merkaj interpretierte seine Rolle hinter Odogwu eher als zweiter Stürmer denn als Zehner. Südtirol presste jetzt auch etwas höher (ähnlich wie gegen Feralpisaló): Die beiden zentralen Angreifer liefen die gegnerischen Innenverteidiger an, Tait schob auf Gnahorè nach, dahinter sicherte Broh ab.

pressing_fcs_2hz.png

Südtirol presste mit Beginn der 2. Halbzeit etwas höher: Tait rückte weit auf Gnahorè raus, Broh (nicht im Bild) sicherte alleine vor der Abwehr ab.

Das Pressing zeigte Wirkung. Ascoli wurde in unangenehme Situationen gelenkt, in denen sich die Fehler häuften. Ein einfacher Abspielfehler war es schließlcih auch, der den Ausgleichstreffer durch Merkaj einleitete, Odogwu nahm Casiraghi am linken Flügel mit, dessen Hereingabe eben dieser Merkaj verwandelte. Südtirol zog sich jetzt wieder etwas zurück, Ascoli war aber sichtlich angeschlagen, die Fehlerquote bei den Gästen stieg abermals an. Nach einem ähnlichen Ballgewinn wie vor dem 1:1 war es abermals eine Hereingabe Casiraghis, die den Weg ins Gästetor fand. Tait ging zwar zum Ball, berührte ihn aber nicht, so dass der Führungstreffer Casiraghi gutgeschrieben wurde. Ascoli wechselte nun ebenfalls, musste natürlich mehr riskieren, lief aber noch einmal in einen Konter, an dessen Ende ein Foulspiel an Merkaj und ein darauffolgender Elfmeter für Südtirol stand - Casiraghi verwandelte souverän.

Für die letzten Minuten verteidigten die Gastgeber in einer 5er-Abwehrreihe, Ascolis Versuche waren vergebens. Südtirol reichte eine schwungvolle zweite Halbzeit für den zweiten Sieg in Folge - die von Bisoli gewählte Herangehensweise in der ersten Halbzeit gibt allerdings Rätsel auf: Das waren die schwächsten 45 Minuten seit langem!