Kultur | Salto Afternoon

Dor Doggi dichtet

Zu den unerwarteteren Neuerscheinungen des letzten Jahres zählt Markus Dorfmanns Lyrikdebüt.  Im kleinen Format auf Graspapier finden 70 Gedichte auf 80 Seiten Platz.
Markus Doggi Dorfmann Lyrik
Foto: Privat
Es könnten in „ich habe mich ein bisschen in dich verliebt“ aber auch eins mehr sein: Als „Exclusiv“ und „Unikat“-Versionen kommen für Aufpreis je ein handgeschriebenes Gedicht in das exklusiv online, auf der Seite des Liedermachers zu bestellende Werk dazu. Im Fall der „Unikat“-Version darf man sich für einen Aufpreis alleiniger Besitzer des Bonusgedichts nennen, was natürlich seinen Preis hat.
Lieblos oder abgespeckt kommt die „Grundversion“, für welche ich mich für Rezensionszwecke entschieden habe aber weder auf den ersten, noch auf einen der Folgeblicke daher, im Gegenteil. Beim ersten Öffnen grüßt einen eine starke Kopfnote von frisch geschnittenen Gras (um mit möglichen Missverständnissen aufzuräumen), welche im Laufe der Zeit milder wird und später mehr an Kräutertee und Heu erinnert. Mit einem Vorwort in 16 Versen von Jonas Kaser und den kleinen Zeichnungen von Jochen Gasser ist das Papier liebevoll genutzt, innen im Umschlag grüßt vorne ein „hereinspaziert…“, hinten verabschiedet einen ein „es hat mich sehr gefreut“. Man will das Gefühl vermitteln den Mensch Dorfmann kennen gelernt zu haben.
Die abgedruckten Gedichte sind allesamt Unikate in dem Sinne, dass hier nicht einfach Songtexte abgedruckt sind, größtenteils in hochdeutsch, mit einigen wenigen Mundarttexten durchsetzt. Was von der Bühne mitgekommen ist, ist eine Vorliebe für männliche Reime (also mit einer sich reimenden Endsilbe), welche im Gesang besser funktionieren. Es ist vorweg zu nehmen - falls dies für irgendjemand ein Hinderungsgrund sein sollte - dass zu diesen Reimen, mehr als einmal, Herz auf Schmerz gehört. Dies soll hier auch kein Qualitätsurteil im Allgemeinen sein, sondern lediglich eine Beobachtung mit Augenzwinkern.
 
 
Mit Augenzwinkern eröffnet auch das Buch indem man auf das proklamatorische Vorwort (Die Strophenköpfe lauten „höret!“, „bewahret!“, „empfanget!“ und „genießet!“) und „das schiff“, einen ruhigen, träumerischen und poetischen Text „genieß es“ folgt. Der erste der Mundarttexte bricht gleich den erwarteten Lesefluss auf und endet in einer Punchline, wie man sie für klassisch „Doggi“ halten könnte, die hier nicht vorweggenommen sei . Sie ist aber eher die Ausnahme als die Regel und so lernen wir einen neuen, abseits der Bühne existierenden Dorfmann kennen. Dieser ruhigere, poetische und ja, auch zwischendurch schwermütige Dichter gibt dem einen Raum der direkten Sichtbarkeit, was in seinen Liedtexten oft hintergründig steckt. Mutig auch mit einer solchen Note, dem letzten Gedicht „im nu“ aufzuhören in dem mit Betäubung mit „porno“, einem „willkommen im club der toten lichter“ und „lebenden leichen“ Schluss mit Heiterkeit ist.
Gottfried Benn ist Dorfmann aber auch keiner und so wird Schwermut mit Witz und Spiel (einige Texte, etwa „schenk mir einen augenblick“, „ganz was schönes“ und „übe“ spielen nicht nur Sprache, sondern auch mit dem Format Gedicht), dem bewussten Erleben der Natur (Sardinien hat es dem Dorfmann in besonderer Weise angetan) und, nicht zuletzt Menschlichkeit  („grenzenlos menschlich“ liegt hier am nächsten“) durchbrochen. Dann ist da noch die Liebe, welche auch schon der Titel verspricht. Es wird keine Sammlung von Liebesgedichten, der Autor hat sich ja nur „ein bisschen“ verliebt.
Das Posiealbum ist eines zum immer wieder mal Schmunzeln und eine gute Winterlektüre, die nach Sommer riecht und sich als Ganzes, trotz Herbstgedichten auch so liest. Dass einiges von dem, was Markus Dorfmann schreibt in Print-Form vorlegt gesungen, als Baustein eines Lieds besser funktioniert hätte, tut dem keinen Abbruch, dass sich hier ein verletzlicherer Autor präsentiert, als es seine Bühnen-Persona zulassen könnte. Es ist, wie er: Schön innen und außen.