Politik | SVP-Landesversammlung

Arschkriecher & Schleimer

Richard Theiner hat zum Abschied als SVP-Parteiobmann die wohl beste Rede seiner politischen Karriere gehalten. Es war auch ein Abrechnung mit dem "System Athesia".

Er ist kein großer Redner. Aber immer dann, wenn Richard Theiner das sagt, was er wirklich denkt, dann wirkt der Vinschger Politiker authentisch und echt. An diesem Samstag im Meraner Kurhaus hält der scheidende SVP-Obmann die eindeutig beste Rede seiner bisherigen politischen Karriere.

Die Verteidigung

Am Anfang des Abschieds steht eine Verteidigungsrede zur Rentenregelung. "Wir Politiker haben Fehler gemacht und es ist unser gemeinsamer Auftrag aus diesen Fehlern zu lernen", sagt Richard Theiner. Dann aber wehrt sich der SVP-Obmann gegen die Wutbürger und den gesteuerten Volkszorn. Theiner: "Dahinter steht ein langfristiges, strategisches Ziel um in der Gesellschaft ein politisches Vakuum zu schaffen". 
Theiner greift anschließend zu einem Kunstgriff, der ihm den Applaus des Saales einbringt. "Man tut jetzt so, als sei unsere gesamte Arbeit seit 1948 nichts mehr Wert", sagt der SVP-Obmann und nimmt damit recht geschickt die Gründergeneration um Magnago & Co in einer Art Geiselhaft in Sachen Polit-Pensionen. Die Heiligen im SVP-Säulentempeln sollen die Sünden der vergangenen Monate etwas abschwächen.
Richard Theiner unterstreicht, dass es für die SVP kein Trost sei, dass alle Parteien in den Rentenskandal verwickelt sind. Er stellt gleichzeitig aber auch fest: "Im Vergleich mit den anderen Parteien haben wir als Volkspartei aber gehandelt."

Der Angriff

"Ich habe als Obmann den Vertrauensverlust in erster Linie zu spüren bekommen", leitet Richard Theiner zum Wechsel an der Parteispitze über. Dabei macht er keinen Hehl daraus, dass er gerne sein Mandat bis 2015 zu Ende geführt hätte. "Aufgrund der Angriffe aus den eigenen Reihen ist das aber nicht mehr möglich", sagt der der SVP-Arbeitnehmer offen. Er habe sich deshalb zum Abgang im Gesamtinteresse der Partei entscheiden.

Das Ziel gewisser Kreise und Medien, die jahrzehntelang von der SVP finanziell und machtpolitisch profitierte hatten, war die Zerreißung der SVP

"Meine politische Integrität und jene der SVP bleiben dadurch aber unbeschadet, daran lasse ich nicht rütteln", sagt er im Brustton der Überzeugung. Der Saal klatscht.
Die Rede kommt dann auf den SEL-Skandal, den Theiner als "härteste Bewährungsprobe seiner Obmannschaft" bezeichnet. Interessierte, Oppositionsparteien und "gewisse Medien" hätten den Skandal als Vorwand benutzt, um die SVP anzugreifen. 
Man wollte der SVP das Grab schaufeln und ihr den Garaus machen. Was Theiner dabei zu sagen vergißt: Neben SVP-Landesrat Michl Laimer und Maximilian Rainer wurden im SEL-Skandal mit Klaus Stocker und Franz Pircher immerhin zwei langjährige SVP-Bezirksobleute verurteilt.
Dann aber plaudert Theiner aus der Schule. SVP intern haben einige alles getan um Landeshauptmann Luis Durnwalder in den Skandal hineinzuziehen. Theiner wörtlich: "Gerade die, die ihr ganzes Leben am meisten geschleimt und arschgekrochen sind, kamen plötzlich und wollten, dass ich Durnwalder den Dolchstoß versetze". Theiner sagt glaubhaft, dass er das sowohl menschlich, wie politisch nie getan hätte. Das bringt ihm den nächsten langen Applaus der Landesversammlung ein.
Richard Theiner wird aber noch weit deutlicher: "Das Ziel gewisser Kreise und Medien, die jahrzehntelang von der SVP finanziell und machtpolitisch profitierte hatten, war die Zerreißung der SVP". Der scheidende Obmann zeichnet ein klares Umsturzszenario und den Hintergedanken diese Kreise: "Sie wollten dann als Phönix aus der Asche hervorsteigen und die Macht übernehmen."
Dabei gehe es nicht um das Allgemeinwohl, sondern um persönliche Interessen. Es ist dann auch der Wunsch den Richard Theiner, seinem Nachfolger Philipp Achammer am Ende seiner Rede mit auf den Weg gibt: "Lieber Philipp denke daran, wir sind keine Lobby-Partei sondern ein Volkspartei".

Mutiger Schritt

Richard Theiner hat sich kein Parteiblatt vor den Mund genommen und in weiten Passagen seiner Abschiedsrede Ross und Reiter genannt. Es war eine für eine SVP-Landesversammlung unüblich scharfe Abrechnung mit jenen Kräften, die den SVP-Obmann verräumt haben. Gleichzeitig aber auch ein Frontalangriff auf ein politisch-mediales Kartell, das aus Eigeninteresse und Lobbyismus die Volkspartei schwächen und spalten will.
Man ging von einem leisen, demütigem Abgang aus. Eine Routineangelegenheit. Richard Theiner hat an diesem Tag aber einen anderen Plan. Er redet erstmals und wahrscheinlich zum letzten Mal vor der größten Parteiversammlung Südtirols Klartext. Ungeschminkt, direkt und in einer Sprache, die man auch am Stammtisch versteht.
Der scheidende SVP-Obmann ist damit auf der Landesversammlung ein hohes Risiko eingegangen.
Die Standing Ovation am Ende seiner Rede und die hektischen Beratung von Dolomiten-Chefredakteur Toni Ebner mit seinen Chefreportern machen aber deutlich, dass Richard Theiner die richtige Entscheidung getroffen hat.

                                         

Spannend. Ich denke, Theiner hat keinen schlechten Job gemacht. Die Herausforderungen waren gewaltig, die Linie ziemlich offen und klar. Wenn der Haufen nicht auseinander geflogen ist, dann war das wohl sein Verdienst. Dass er Durnwalder nicht mit zur Verantwortung gezogen hat, halte ich für einen Fehler.

Sa., 03.05.2014 - 17:35 Permalink

Christoph Franceschini schlussfolgert in seinem Bericht vom SVP-Kongress in Meran vom 3. April 2014, die Athesiamedien hätten die Zersetzung der Volkspartei betrieben, um sie dann hausgetreu 'erneuert' wie Phönix aus der Asche aufsteigen zu lassen.
Aufgrund der Vorgangsweise des vom Hause Athesia einst selbst ernannten 'Tagblattes der Südtiroler', inhaltlich verantwortet von Anton Ebner, dem jüngeren Bruder des Konzern-Direktors Michael, erscheint Franceschinis inhaltliche Wiedergabe von Richard Theiners Rede durchaus abgerundet und schlüssig.
Der Artikel beantwortet viele Frage - eine aber nicht: Warum sollte die Athesia den Zersetzungsprozess der SVP überhaupt anstoßen, falls es zutrifft, was einst der ehemalige österreichische Nazionalratspräsident, Andreas Kohl, öffentlich gesagt hatte. Das klang so: "Andere Parteien halten sich eine Zeitung. In Südtirol ist es andersrum. Dort hält sich eine Zeitung eine Partei!" Es bräuchte nicht weiters erwähnt werden, welche Partei er damit meinte. Ich tue es mit Rücksicht auf parteipolitische Analphabeten trotzdem.
Wie auch immer, mit der Wahl von Philipp Achammer zum neuen SVP-Parteiobmann scheint Athesias Sturm auf die Bastille wenigstens vorerst gescheitert zu sein.

So., 04.05.2014 - 03:04 Permalink