Umwelt | Die 26. Toblacher Gespräche

Die Toblacher Bilanz

Die Toblacher Gespräche gehen in die 26. Ausgabe und üben sich in Selbstkritik. Was drei Jahrzehnte später von Hans Glaubers Thesen geworden ist. Eine Bilanz.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Die Toblacher Gespräche haben sich entwickelt, Stück für Stück und immer mehr. Heute sitzen 160 Personen im vollbesetzten Saal des Grand Hotels. Touristiker und Hoteliers gesellen sich neben Biopionieren, Politikern und Studenten. Sie sind gekommen um von Freitag bis Sonntag Antworten zu erhalten. Antworten auf die Frage, welche Früchte die Toblacher Gespräche in den vergangenen drei Jahrzehnten getragen haben? Hermann Knoflacher, emeritierter Universitätsprofessor an der TU Wien, ist seit 30 Jahren Stammgast der Gespräche. Und nicht nur: Er war es auch, der im Jahre 1985 zusammen mit Hans Glauber und Wolfgang Sachs die elf Thesen der Toblacher Gespräche niedergeschrieben hat. Beim Mittagstisch erinnert er sich: „Als heute im Saal einzelne Thesen vorgelesen wurden, habe ich einige meiner Formulierungen wiedergefunden. Sie wissen ja gar nicht, wie viele Stunden wir nachts bei Hans Glauber zuhause zusammensaßen um an den richtigen Formulierungen zu tüfteln.“

11 Thesen für einen sanfteren Tourismus, das war das Ziel im Jahre 1985. Was aus diesen Thesen wurde, das soll bei der diesjährigen Jubiläumsausgabe unter die Lupe genommen werden. Unter dem Titel „Sanfter Tourismus. Doch eine Illusion?“ übt man sich auch in Selbstkritik. Karl-Ludwig Schibel, der zusammen mit Wolfgang Sachs die Inhalte der diesjährigen Gespräche definiert hat, ist überzeugt: „Der sanfte Tourismus ist keine Illusion. Schlichtweg, da es noch immer keine Alternativen gibt.“ Die vergangenen Jahre sei das Bewusstsein für den sanfteren Umgang mit der Natur sehr wohl gewachsen. Gleichzeitig hätten aber auch die Probleme zugenommen. „Es gibt mehr touristische Masse, einen technologischen Fortschritt mit immer mehr Aufstiegsanlagen und Schneekanonen. Diesen Problemen muss man begegnen“, meint Schibel.

Andere Teilnehmer gehen mit Glaubers Thesen etwas härter ins Gericht. „Natürlich ist der Tourismus heute sanfter als noch vor 30 Jahren, aber seien wir ehrlich, wirklich sanft kann Tourismus nie sein“, meint etwa Dominik Siegrist. Bis November vergangenen Jahres war er Präsident der Internationalen Alpenschutzkonvention Cipra. Dem Begriff kann er wenig abgewinnen. Die richtige Begrifflichkeit müsste laut Siegrist „natur- und kulturnaher Tourismus“ lauten. In eine ähnliche Kerbe schlägt Klaus Kessler, er betreibt das Naturhotel Chesa Valisa im Kleinwalsertal. Der Begriff „Sanfter Tourismus“ sei für ihn verbraucht, zu barfüßig, erinnere ihn zu stark an das Birkenstock-Image. „Ich bevorzuge den Begriff bewusster Tourismus“, meint der Vorarlberger Hotelier.

Landeshauptmann Arno Kompatscher, der sich, sehr zur Freude der Organisatoren, den ganzen am Samstagmorgen für die „26. Toblacher Gespräche“ Zeit nahm, schätzt sich glücklich, dass Südtirols Touristiker die vergangenen Jahre wieder einen Schritt zurück gemacht haben. Einen Schritt zurück zur Authentizität. „Leider haben sich in den 70er Jahren auch unsere Hoteliers vom Irrglauben führen lassen, dass man dem Gast all das anbieten muss, das er auch zuhause findet. Sie haben es den Ortschaften an der Adria nachgemacht, wo für Gäste wie selbstverständlich in Biergärten Sauerkraut angeboten wurde“, so der Landeshauptmann.

Schadensbegrenzung, so also das Stichwort. Ganz nach dem Motto von Karl-Ludwig Schibel: „Natürlich kostet der Umstieg auf einen nachhaltigen Tourismus einiges an Geld, aber noch viel teurer wird die Beseitigung der angerichteten Schäden.“ Schibel selbst ist nach wie vor vom Begriff „Sanfter Tourismus“ überzeugt. Er weiß aber auch, dass man ihn mit Inhalten füllen muss.

Einer, der den Begriff in die Praxis umsetzt, ist Peter Brandauer. Seine 900-Einwohner-Gemeinde Werfenweng im Salzburgerland, erlebt unter seiner Führung einen sanften Umstieg. Seit 25 Jahren ist er Bürgermeister und er „enthastet“ seine Gäste. Er setzt auf autofreien Urlaub. Seine Gäste, die per Bus oder Bahn anreisen, belohnt er mit der sogenannten Samo Card. Im Gegenzug dürfen sie eine Reihe von kultigen Eletrofahrzeugen benutzen. Kostenlos versteht sich. „Wer doch mit dem Auto anreist, bekommt zwar auch eine Samo Card, aber erst, wenn er uns seinen Autoschlüssel abgibt“, erzählt der überzeugte Bürgermeister.

Brandauer selbst besitzt kein eigenes Auto. „Das ist alles eine Frage der Einstellung“, meint er. Zu den Toblacher Gesprächen ist er, übrigens wie die meisten Teilnehmer, mit der Bahn angereist. So auch der Verkehrsexperte Hermann Knoflacher: „Ich besitze zwar noch ein Auto, benutze es aber nur, um mit meinem Anhänger Holz zu transportieren“, erzählt er. Er war es übrigens auch, der den Rektor der TU Wien vor knapp zehn Jahren überzeugen konnte, die Parkplätze für Bedienstete und Professoren abzuschaffen. „Solange wir den Autofahrern die Möglichkeit geben ihr Auto zu parken, wird es auch keinen flächendeckenden Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel geben“, so Knoflacher. Denn erst wenn man ihnen die Parkplätze, also den Humus nehme, könne ein Umdenken beginnen.