Wirtschaft | Sanität

Overtime vor Gericht

Die Landesregierung hat heute die Verträge von Generaldirektor Florian Zerzer und Verwaltungsdirektor Enrico Wegher verlängert. Damit landet man vor Gericht.
Krankenhaus Bozen
Foto: Hannes Prousch
  • Arno Kompatscher & Co. können nur mehr darauf hoffen, dass die Mühlen den Gesetzes langsam mahlen. Denn eines ist jetzt schon sicher: Die Landesregierung fasst auf ihrer heutigen Sitzung zwei Beschlüsse, die kaum haltbar sind und die der Politik und dem Sanitätsbetrieb noch einige Probleme einbringen werden.

    Es geht um die Verlängerung der Verträge von Florian Zerzer und Enrico Wegher. Die Arbeitsverträge und die Ernennung des Generaldirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebes und des Verwaltungsdirektor verfallen am 14. Oktober. Mit dem heutigen Beschluss werden beide Verträge bis zum 15. Februar 2024 verlängert. Der offizielle Grund: Die Ernennung eines Sabes-Generaldirektors wird von der neuen Landesregierung vorgenommen werden. Und der neue oder alte Generaldirektor soll sich dann auch seinen Verwaltungsdirektor aussuchen können.

  • Thomas Schael: „Ich werde diese Beschluss vor dem Verwaltungsgericht anfechten“. Foto: Asl Lanciano

     

    Das Problem dabei: Man verstößt mit dieser Verlängerung nicht nur eindeutig gegen die staatlichen Vorgaben, sondern auch gegen die eigenen Landesgesetze. 

     

    Man verstößt mit dieser Verlängerung nicht nur eindeutig gegen die staatlichen Vorgaben, sondern auch gegen die eigenen Landesgesetze.

     

  • Ich werde diese Beschluss vor dem Verwaltungsgericht anfechten“, kündigt Thomas Schael an. Der ehemalige Generaldirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebes, seit Jahren in dieser Funktion im Sanitätsbetrieb „Chieti, Lanciano und Vasto“ tätig, will dabei eine Eilverfügung zur Aussetzung erwirken. Damit könnte die Bombe noch vor den Landtagswahlen platzen.

  • Selbstgemachter Pasticcio

    Die Ernennung des Generaldirektors des Südtiroler Sanitätsbetriebes ist durch mehrere Landesgesetze und Dekrete des Landeshauptmann klar geregelt. 
    Das Problem dabei: Florian Zerzer hat seine Hausaufgaben nicht gemacht. Der amtierende Generaldirektor hat vergessen sich zum richtigen Zeitpunkt in die Landesliste eintragen zu lassen, die Voraussetzung für die Teilnahme an einem neuen Auswahlverfahren ist. Gleichzeitig hat man begonnen, das Landesgesetz zum Auswahlverfahren so zu ändern, dass Zerzer doch noch zum Zug kommt.

  • Amtierende Generaldirektor Florian Zerzer: Anklage wegen Betruges? Foto: RAI Südtirol

    Die Landesregierung und die zuständigen Ämter im Sanitätsassessorat haben es in dieser juridischen Sanierungsoperation - bereits diese Bestimmungen dürften rechtlich umstritten sein - aber verschlafen, rechtzeitig eine neues Auswahlverfahren einzuleiten. Deshalb will man jetzt Zerzer und Wegher bis zur Bildung der neuen Landesregierung verlängern.

    Der eigentliche Hauptgrund dieses formalrechtlichen und juristischen Eiertanzes ist ein ganz anderer.

  • Was man nicht sagt: Der eigentliche Hauptgrund dieses formalrechtlichen und juristischen Eiertanzes ist ein ganz anderer. Die Staatsanwaltschaft Bozen wirft Florian Zerzer im sogenannten Maskenskandal „betrügerische Handlungen bei öffentlichen Lieferungen im Zusammenhang mit der ersten Lieferung von Schutzbehelfen an den Südtiroler Sanitätsbetrieb“ (frode nelle pubblice forniture - Art. 356 StgB), sowie „betrügerischer Handlungen bei öffentlichen Lieferungen zum Nachteil der staatlichen Zivilschutzbehörde“ (truffa - Art. 640 StgB) vor. Außerdem werden dem amtierenden Sabes-Generaldirektor vier weiterer Verstöße gegen gesetzliche Vorgaben und Verordnungen angelastet.
    In den nächsten Monaten entscheidet sich, ob am Bozner Landesgericht diese Vorwürfe archiviert oder das Hauptverfahren eingeleitet wird. 
    Die Politik will diese Entscheidung vor einer Bestätigung Zerzers auf jeden Fall abwarten. Denn sie wird ausschlaggebend sein, ob der Vinschger Beamte weiterhin an der Spitze der Südtiroler Sanität tragbar ist oder nicht.

  • Das Gesetz

    Im Landesgesetz heißt es:

    "Das Arbeitsverhältnis der Generaldirektorin/des Generaldirektors, der Sanitätsdirektorin/des Sanitätsdirektors, der Pflegedirektorin/des Pflegedirektors und der Verwaltungsdirektorin/des Verwaltungsdirektors ist ausschließlich. Es wird mit einem zwischen drei und fünf Jahren befristeten, erneuerbaren privatrechtlichen Vertrag geregelt.“

    Und weiter:

    „Die Ernennung der Generaldirektorin/des Generaldirektors muss innerhalb der Ausschlussfrist von 60 Tagen ab dem ersten Tag der Vakanz erfolgen. Falls die Ernennung innerhalb dieser Frist nicht möglich ist, wird das Verfahren laut Artikel 54 Absatz 1 Nummer 5) des Dekrets des Präsidenten der Republik vom 31. August 1972, Nr. 670, angewandt.“

  • Verwaltungsdirektor Enrico Wegher: Bei Zerzer-Sanierung mitgenommen. Foto: Südtiroler Sanitätsbetrieb
  • Demnach ist der formale Weg genau vorgegebenen. Am 15. Oktober müsste Florian Zerzer sein Amt an seinen ersten Stellvertreter übergeben. Weil das aber Enrico Wegher ist, dessen Vertrag ebenfalls an diesem Stichtag verfällt, müsste der zweite Stellvertreter zum Zug kommen: Sanitätsdirektor Josef Widmann.

    Widmann kann diese Funktion des Generaldirektors interimistisch, aber maximal 60 Tage ausüben. Erfolgt bis dahin keine Ernennung, müsste die Landesregierung einen Kommissar ernennen, so wie es im Landesgesetz festgelegt ist.

  • Ausrede Marken

    Um aber diese Delogierung von Florian Zerzer zu verhindern, hat man jetzt kurzerhand den Vertrag Zerzers in eine Art Overtime geschickt.
    Das Argument für diesen Winkelzug ist ein angeblicher Präzedenzfall. Auch in den Marken wurde der Vertrag eines Generaldirektors - wegen der anstehenden Regionalwahlen - um ein halbes Jahr verlängert. Das soll jetzt die Vorgabe für den heutigen Beschluss der Landesregierung sein.
    Doch diese Argumentation hat einen entscheidenden Haken. Laut den staatlichen Vorgaben, die auch im Landesgesetz rezipiert werden, hat der Vertrag des Generaldirektors eine Laufzeit entweder von drei oder fünf Jahren. Beim Fall in den Marken handelt es sich um einen Drei-Jahres-Vertrag. Hier hat man entschieden, dass dieser Vertrag - wegen der anstehenden Wahlen - auf maximal zwei weitere Jahre verlängert werden kann. 
    Aber es gibt in ganz Italien keinen 5-Jahres-Vertrag eines Generaldirektor, der ohne entsprechendes Auswahlverfahren, verlängert wurde. Das ist vom Gesetz her nicht möglich.

    Außer das Gesetz ist nicht für alle gleich.