Politik | Regionalrat

Die Lex Griessmair

Arno Kompatscher will durch eine Gesetzesänderung im Regionalrat den Brunecker SVP-Bürgermeister Roland Griessmair vor größeren rechtlichen Problemen retten.
Roland Griessmair
Foto: Stadtgemeinde Bruneck
Es ist eine Geschichte, die sich wiederholt.
Immer dann, wenn es wirklich brenzlig wird und die Gerichtsbarkeit sich anschickt ein heißes Eisen zu schmieden, greift die Regierungspartei zu einem Allheilmittel, das sich „authentische Interpretation“ nennt.
Das Ziel ist dabei klar vorgegeben. Der Landtag oder der Regionalrat sollen durch eine Gesetzesauslegung oder Präzisierung die heißen Kartoffeln aus dem Feuer holen. Eine solche Aktion geht derzeit in Trient über die Bühne. Hauptakteure dabei: Arno Kompatscher und die Südtiroler Volkspartei.
Der Regionalrat diskutiert am Donnerstag das Stabilitätsgesetz 2021. Am Tag zuvor hat Arno Kompatscher einen Abänderungsantrag zu diesem Gesetzentwurf eingebracht, der noch für eine kontroverse Diskussion sorgen wird.
Der Abänderungsantrag, der auch von den SVP-Abgeordneten Magdalena Amhof, Manfred Vallazza, Gert Lanz, Sepp Noggler, Jasmin Ladurner, Philipp Achammer, Helmut Tauber, Helmuth Renzler, Daniel Alfreider, Waltraud Deeg und Maria Hochgruber Kuenzer mitunterzeichnet wurde, hat mit dem eigentlichen Stabilitätsgesetz nicht das Geringste zu tun.
Sondern es geht einzig und allein darum, einen prominenter Kommunalpolitiker der SVP vor nachhaltigen rechtlichen Schwierigkeiten zu bewahren.
 

Brunecker Schlamassel


Gemeint ist der Bürgermeister von Bruneck Roland Griessmair. Der aufstrebende Pusterer Politstar ist im Brotberuf Bauingenieur und ein besonders rühriger Projektant, der seit Jahren mit seinem Unternehmen „Griplan GmbH“ Bauprojekte überall in Südtirol betreut. Vor allem ist Griessmair aber um und in Bruneck tätig.
Mehrmals haben die Oppositionsparteien im Brunecker Gemeinderat, die Grünen, das Team K aber auch die 5-Sterne-Bewegung darauf hingewiesen, dass diese Projektantentätigkeit des Bürgermeisters in der Stadt Bruneck gegen geltende Bestimmungen und Gesetze verstoße. Roland Griessmair hat sich dabei immer herausgeredet. Die Argumentation des SVP-Politikers: Er habe die Agenden für Raumordnung und Bauwesen an einen Stadtrat delegiert und würde sich keinesfalls in diese Entscheidungen einmischen. Deshalb bestehe hier weder eine Unvereinbarkeit noch ein Interessenkonflikt.
Inzwischen wurde das Problem aber auf eine neue Ebene gehoben. Am 12. August 2020 haben der 5-Sterne-Landtagsabgeordnete Diego Nicolini und der Brunecker 5-Sterne-Exponent Davide Barbieri bei der Staatsanwaltschaft Bozen eine Eingabe gegen Roland Griessmair gemacht.
 
 
In der Eingabe, die vom renommierten Anwalt Mattia Alfano aus Florenz betreut wird, werden eine Reihe von Staats- und Regionalbestimmungen angeführt, die genau das ausschließen, was Roland Griessmair seit Jahren in Bruneck unbekümmert tut. Die Vermischung zwischen politischer Verantwortung und privater beruflicher Bautätigkeit.
Anwalt Alfano hat in der Eingabe auch ein Urteil des Verwaltungsgerichtes Trient angeführt, das in einem sehr ähnlich gelagerten Fall 2018 zu einem klaren Schluss kommt: Der Bürgermeister darf auch dann keine Projektantentätigkeit im eigenen Gemeindegebiet ausüben, wenn er die Kompetenzen an einen Stadtrat delegiert.
Nach Informationen von Salto.bz hat die Staatsanwaltschaft Bozen inzwischen Vorermittlungen im Fall Griessmair eingeleitet.
 

Der Rettungsversuch

 
Dabei ist die gesetzliche Vorgabe eigentlich klar.
So heißt in Artikel 64 des Kodex der örtlichen Körperschaften der Autonomen Region Trentino-Südtirol unmissverständlich:
 
„Die für die Sachbereiche Raumordnung, Bauwesen und öffentliche Arbeiten zuständigen Mitglieder des Gemeindeausschusses dürfen in dem von ihnen verwalteten Gebiet keine berufliche Tätigkeit im Bereich des privaten und öffentlichen Bauwesens ausüben.“
 
Arno Kompatscher & Co wollen mit ihrem Abänderungsantrag im Regionalrat jetzt zu diesem Artikel eine Ergänzung in das Gesetz einführen.
Unter dem Titel „Bestimmung zur authentischen Interpretation“ soll zum Artikel folgender Absatz in das Gesetz eingefügt werden:
 
Der Art. 64 des Regionalgesetzes vom 3. Mai 2018, Nr. 2 ist dahingehend auszulegen. dass der Bürgermeister nicht der Enthaltungspflicht unterliegt. wenn er einem oder mehreren Gemeindereferenten die Befugnisse in den Sachbereichen Raumordnung, Bauwesen und öffentliche Arbeiten übertragen hat“.
 
 
 
Augenscheinlich und unverschämter kann man eine gesetzliche Rettungsweste für Roland Griessmair wohl kaum mehr stricken.
Ob der Versuch der SVP aufgehen wird, durch eine authentische Gesetzesinterpretation in laufende Ermittlungen einzugreifen und einen eigenen Bürgermeister vor möglichen rechtlichen Sanktionen zu retten, wird sich zeigen.
Augenscheinlich und unverschämter kann man eine gesetzliche Rettungsweste für Roland Griessmair wohl kaum mehr stricken.
Der Abänderungsantrag soll am Nachmittag im Regionalrat diskutiert werden.