Politik | Sanität

Gesundheitssystem vor dem Kollaps

Die Grünen fordern eine Aufwertung des öffentlichen Gesundheitssystems. Ein entsprechender Beschlussantrag wird kommende Woche im Landtag behandelt.
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Foto: Unsplash
  • „Immer mehr Menschen müssen sich an Privatkliniken wenden, um rechtzeitig eine Visite zu bekommen, während das öffentliche Gesundheitssystem vor dem Kollaps steht. Hier wird indirekt weiter in die private Gesundheitsversorgung investiert. Dies ist anhand der kritischen Situation in der öffentlichen Sanität untragbar. Wir brauchen mehr Ärztinnen und Ärzte, die in öffentlichen Einrichtungen arbeiten und nicht indirekte Anreize für das Arbeiten in Privatkliniken“, unterstreicht der Landtagsabgeordnete Zeno Oberkofler in einer aktuellen Presseaussendung. Darin weist die Grüne Fraktion auf einen ihrer Meinung nach Missstand bei der Verpflichtung der Medizin-Stipendiaten hin. 

  • Zentrum für Gesundheitsberufe Claudiana: Mit dem Jahr 2024/25 soll die Medical School in Bozen starten.
  • An Südtirol binden

    Mit dem Jahr 2024/25 soll die Medical School in Bozen starten. 60 Studenten können sich in die neue Fakultät für Medizin einschreiben, die durch eine Zusammenarbeit zwischen der Universität Cattolica, der Claudiana und dem Land in die Wege geleitet wurde. Das Land möchte junge Menschen mit Zweisprachigkeitsnachweis, die sich in Bozen inskribieren, mit einem Stipendium unterstützen. Ähnlich verfahren ist man diesbezüglich bei der Zusammenarbeit mit der PMU Salzburg. Die Kosten (18.000 Euro pro Kopf im Jahr) sollen vollständig vom Land gedeckt werden, falls sich die Studenten dazu verpflichten, mindestens vier der zehn Jahre nach dem Studium in Südtirol zu arbeiten. Dies soll die Studierenden bzw. die Jungmediziner an die gesundheitlichen Strukturen im Land binden und mittelfristig dem Ärztemangel entgegenwirken.

  • Akuter Personalmangel

    Zeno Oberkofler, Landtagsabgeordneter der Grünen: „Immer mehr Menschen müssen sich an Privatkliniken wenden, um rechtzeitig eine Visite zu bekommen, während das öffentliche Gesundheitssystem vor dem Kollaps steht." Foto: Seehauserfoto

    Wie aus einer Anfrage der Grünen Fraktion hervorgeht, können die vier Dienstjahre in Südtirol nicht nur in öffentlichen, sondern auch in konventionierten Privatkliniken absolviert werden. „In den letzten Jahren konnte man beobachten, wie die öffentlichen Gesundheitseinrichtungen wegen strukturellen Personalmangels in immer größere Schwierigkeiten geraten sind. Gleichzeitig haben private Gesundheitseinrichtungen immer mehr an Bedeutung gewonnen“, so die Grünen Abgeordneten Zeno Oberkofler, Brigitte Foppa und Madeleine Rohrer. Der Hauptgrund dafür ist der große Mangel an Personal. Dieser habe auch mit dem Zweisprachigkeitsnachweis zu tun, der eine Grundvoraussetzung ist, um im öffentlichen Gesundheitsdienst eine unbefristete Stelle zu bekommen. Private Strukturen seien nicht an dieselben Vorgaben gebunden, weshalb es für sie viel einfacher ist, Personal zu finden. In öffentlichen Strukturen suche man hingegen händeringend nach Fachkräften, die beide Sprachen angemessen beherrschen. „Folgerichtig bietet das Land nur denjenigen Anwärtern mit Zweisprachigkeitsnachweis Stipendien mit Dienstverpflichtung an. Konsequenterweise dürfte die Dienstverpflichtung jedoch nicht für private Strukturen gelten, da eine nachgewiesene Zweisprachigkeit hier nicht verbindlich ist. Jedoch darf die Dienstverpflichtung effektiv auch in privaten Strukturen absolviert werden“, so die Grünen, die mit einem Beschlussantrag fordern, dass Artikel 2 des entsprechenden Dekretes des Landeshauptmannes dahingehend verändert wird, dass die Stipendiaten die vier Pflicht-Dienstjahre ausschließlich in öffentlichen Gesundheitsausrichtungen absolvieren sollen. Somit würde man die Ärzte der Zukunft direkt in das öffentliche Gesundheitssystem eingliedern und dem Personalmangel in der öffentlichen Gesundheitsversorgung entgegentreten. Der Beschlussantrag wird kommende Woche im Landtag behandelt.

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Salto User
Oliver Hopfgartner Do., 04.04.2024 - 20:44

Ist es wirklich eine Aufwertung, wenn man Personal dazu zwingen will, für den Sanitätsbetrieb zu arbeiten?

Anstatt Millionen von Euri für eine aus dem Boden gestampfte medizinische Ausbildung in Bozen auszugeben und krampfhaft "Sicherheitsmechanismen" einzubauen, damit die Leute nicht ins Ausland gehen (was ja eigentlich gut wäre, denn wo sonst sollen neue Behandlungsmethoden oder OP-Techniken erlernt werden, um sie in weiterer Folge auch in Südtirol anbieten zu können?), wär es effektiver und effizienter, die Arbeitsbedingungen für in Südtirol tätige Ärzte und Pfleger zu verbessern.

Do., 04.04.2024 - 20:44 Permalink
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Simonetta Lucchi Fr., 05.04.2024 - 16:55

Rileggendo "Sangue e suolo" si parla di problemi degli ospedali, 1985. Rileggendo cronache di più di quarant' anni fa si legge quello che era il pericolo per questa sanità. E ora ci siamo.

Fr., 05.04.2024 - 16:55 Permalink
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Salto User
nobody Fr., 05.04.2024 - 21:52

Gemessen an den Wartezeiten hat die politische Führung in den letzten Jahren die Sanität bereits an die Wand gefahren. In Bälde folgen Pflegeeinrichtungen und Schulen. Was macht die LR dagegen???

Fr., 05.04.2024 - 21:52 Permalink
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Factum Est Sa., 06.04.2024 - 13:51

Ich gehe davon aus dass jede(r) der Studenten bereits in der Studienzeit die dazugehörenden Praktiken bis auf 1 bis 2 ausserhalb Südtirols machen werden. Dass nach Abschluss des Unistudiums eine Fachrichtung folgt muss nicht erklärt werden. Dass Diese dann in unseren Krankenhäusern erfolgt kann vielleicht auf Wenige zutreffen. Aber das Gros der Ärzte wird sich damit auch ausserhalb Südtirols ihren Zugang zum Wissen suchen.

Sa., 06.04.2024 - 13:51 Permalink