Politik | Sanität
Zerzers Brief

Foto: upi
Giulia Grillo hatte Wichtigeres zu tun. Die italienische Gesundheitsministerin war Anfang dieser Woche zusammen mit Wirtschaftsminister Giovanni Tria als italienische Vertreterin beim G20-Gipfel in Osaka in Japan.
Den Brief, der in ihrer Abwesenheit direkt an sie adressiert im Ministerium eintrudelte, dürfte die Gesundheitsministerin erst nach ihrer Rückkehr zu Gesicht bekommen haben. Es ist ein Schreiben des Generaldirektors des Südtiroler Sanitätsbetriebes, Florian Zerzer.
Zerzer versucht darin zu erklären, warum er vor einigen Monaten eine Aussprache im Ministerium vorzeitig abgebrochen habe. Vor allem aber ist es ein Bannschreiben gegen jenen Mann, der in Südtirol inzwischen zum öffentlichen Feind Nummer 1 hochstilisiert wird: Costantino Gallo.
Das Schreiben
Zur Verdeutlichung der „Kampagne der Herabwürdigung“ legt Florian Zerzer einige durchaus fragwürdige Posts von Costantino Gallo bei, die dieser auf seinem privaten Twitteraccount veröffentlicht hatte.
Verstoß gegen die Etikette
Der Sinn der Aktion ist klar. Florian Zerzer will in dem Brief an die Gesundheitsministerin den Fauxpas ausbügeln, den er bei seinem letzten Besuch im Ministerium und in der Aussprache mit dem Vizeminister und Lega-Vertreter Luca Coletto Ende März gemacht hat.
„Ich hoffe, dass das alles mein Unbehagen verständlich macht, Dr. Costantino Gallo als Gesprächspartner an einem Ministeriumstisch zu sehen“, versucht Zerzer seine Kurzschlussreaktion im Ministerium zu rechtfertigen.
Nach Informationen von salto.bz hat das Schreiben des Generaldirektors des Südtiroler Sanitätsbetriebes im Gesundheitsministerium aber nicht nur Verwunderung, sondern vor allem Missfallen an der höchsten Stelle ausgelöst. Der Grund dafür: Es ist ein klarer Verstoß gegen die Etikette.
Denn es ist absolut unüblich, dass ein Generaldirektor eines Sanitätsbetriebes direkt der Ministerin schreibt. Der institutionelle Gesprächspartner der Ministerin ist nicht der Sanitätsbetrieb, sondern die Landesverwaltung und da vor allem Landeshauptmann Arno Kompatscher.
Kompatscher hat bereits nach dem Eklat im römischen Ministerium Anfang April direkt an Giulia Grillo geschrieben. Zudem wurde eine Aussprache zwischen der Gesundheitsministerin und dem Landeshauptmann vereinbart. Dabei soll es nicht nur um die Anfechtung Südtiroler Bestimmungen im Sanitätsbereich durch die Regierung gehen, sondern auch um die Person Costantino Gallo.
Dass jetzt Florian Zerzer mit einem eigenen Schreiben hier dazwischengrätscht, um Gallo anzuschwärzen, dürfte für ihn kaum vorteilhaft sein. Zum einen stellt sich die Frage, ob Gesundheitslandesrat Thomas Widmann und Landeshauptmann Arno Kompatscher von der Aktion informiert sind.
Zum anderen könnte der Brief genau die gegenteilige Wirkung haben und den Stand von Gallo als Berater des Gesundheitsministeriums eher verbessern als verschlechtern.
Die Sammelklage
Denn die harte und kontroverse Diskussion hat sich längst zu einem persönlichen Kleinkrieg ausgeweitet. Einem Konflikt, in dem Costantino Gallo teilweise mit Äußerungen aufgewartet hat, die weit über jede vernünftige Kritik hinausgehen. Aber in dem auch Florian Zerzer Mittel und Wege anwendet, die nicht zur feinen englischen Art gehören.
So hat Zerzer nicht nur mehrere Anzeigen gegen Gallo bei der Ärztekammer eingereicht, er hat einen ähnlichen Brief bereits vor Wochen an den Generaldirektor des Sanitätsbetriebes Padua geschickt, wo Gallo in einer Führungsposition angestellt ist. Im Schreiben ist die Forderung enthalten, gegen Gallo ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Nach Informationen von salto.bz hat man in Padua über diese Briefaktion eher gelacht.
Zudem hat Florian Zerzer zusammen mit 40 Südtiroler Primaren und Ärzten eine Strafanzeige gegen Costantino Gallo eingereicht. Es geht dabei um Verleumdung des Südtiroler Sanitätsbetriebes. Es ist ein Art Class Action der Südtiroler Sanitätsspitze gegen einen unbequemen und vielleicht auch unmöglichen Kritiker. Gallo hat eine Gegenanzeige angekündigt und will sich darin als Opfer eines organisierten „stalking giudiziario“ wehren.
Außerdem schwebt über allem ein Verfahren, das im April 2020 am Bozner Landesgericht in die entscheidende Phase gehen wird. Der Gegenstand: Bei einer Behandlung von Gallos Vater im Brunecker Krankenhaus wurden Fehler begangen, die von Gerichtsgutachtern inzwischen bestätigt wurden. Im Verfahren dürfte es nur mehr um die Höhe des Schadenersatzes gehen.
Alle diese Hintergründe sind im Gesundheitsministerium bekannt.
Florian Zerzer dürfte deshalb mit seinem Schreiben an die Ministerin den Bogen jetzt endgültig überspannt haben.
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Man muss der Gerechtigkeit
Man muss der Gerechtigkeit halber aber schon sagen, dass Gallo untragbar ist, weder inhaltlich noch vom Stil her. Für ihn ist der Kampf gegen Südtirol ein persönlicher Krieg.
Antwort auf Man muss der Gerechtigkeit von Manfred Klotz
Einmal ganz Ihrer Meinung. :-
Einmal ganz Ihrer Meinung. :-)
Herr Zerzer,was haben sie
Herr Zerzer,was haben sie sich mit diesem Brief eigentlich gedacht ???? Eine sehr zweifelhafte,dumme Aktion ihrerseits.Von Diplomatie wohl noch nie etwas gehört????