Kultur | Siegesdenkmal

Maxi Obexer und das Mahnmal

Seit eineinhalb Monaten ist es nicht mehr das alte. Doch was hat sich geändert? Autorin Maxi Obexer erkundet im Magazin 39NULL das historisierte Siegesdenkmal.

Während das Wochenmagazin ff die Frage aufwirft, warum ein Dokument, das den Widerstand von 348 Boznern im Jahr 1926 gegen das Siegesdenkmal belegt, nicht im neuen Dokumentationszentrum ausgestellt ist, begeistert sich Autorin Maxi Obexer im jährlich erscheinenden Kultur- und Gesellschaftsmagazin 39NULL für das Denkmal, das zum Mahnmal wurde. Eine neue Erfahrung für die gebürtige Brixnerin, die es in Sachen Siegesdenkmal bislang mit Robert Musil hielt: Das Auffallendste an Denkmälern ist, dass man sie nicht bemerkt. Das bedurfte bei dem markanten Triumphbogen zwar einer gewissen Anstrengung – doch die zu leisten waren die meisten bereit, so Obexer.

"Es war von Grund auf falsch gelagert, aus purer Ideologie geboren, der zu begegnen sinnlos schien. Schließlich gab es ja auch noch solche, die es nicht lassen wollten, anhand des Denkmals an den Sieg Italiens über Österreich-Ungarn zu erinnern und an das Ende der deutschen Vormachtstellung im Alpenraum, und auf der anderen Seite jene, die nicht müde wurden, das Trauma der Annexion der deutschsprachigen Bevölkerung an Italien durch einen ergaunerten Sieg zu beschwören. Jeder, der vom unüberwindbaren Starrsinn gezeichnet war, konnte sich daran festbeißen. Der Rest schielte daran vorbei. Ohnehin musste man sich auf den Verkehr konzentrieren."

Was sich daran nun geändert hat? Einiges, konstatiert  die Autorin unter anderem anhand der roten Leuchtsschrift, einer „kleinen banalen Manschette, die nicht mehr sein will, als sie ist, aber Erstaunliches bewirkt“.

"Sie führt wie ein Nasenring das Denkmal aus dem miefigen Stall der Geschichte heraus in die Zeit gegenwärtiger Reflexion. Nicht mehr die Repräsentanz des Denkmals soll strahlen, stattdessen fordert der analytische Blick auf zwei Weltkriege, zwei Diktaturen und zwei faschistische Ideologien Erkenntnisgewinn für den Umgang mit heutigen und künftigen Weltansprüchen die komplette Entzauberung; immerhin verkörpert die liktorische Säule, um die jetzt die Leuchtziffern zweier Weltkriege flitzen, die antiken Kampfbündel, die fasci, die ihrerseits Sinnbild waren für Mussolinis Revolution. Mit der ideologischen Freilegung fällt es leicht, die dem Denkmal eingearbeiteten Gesten der Unterwerfung nachzuspüren: Bisher war man gezwungen, auf den Triumphbogen emporzusehen; jetzt, da es erlaubt ist, sich über die dunkelgrauen Granitstufen hinaufzumühen, steht man auf gleicher Ebene mit dem Denkmal, sieht dafür aber auf alles andere hinab."

Das Bilanz von Maxi Obexers ausführlichem Rundgang?

"Es ist ein mutiger Schritt, und nicht weniger bedeutsam ist es, den italienischen Faschismus an seinen neuralgischsten Orten darzustellen, dort, wo sein Triumphgebaren sich in direkter Nachbarschaft zu seinen Unterdrückten zeigte. Dass seine Geschichte auch dort reflektiert wird, wo lange Zeit hauptsächlich das Schicksal der besetzten und eroberten Südtiroler im Vordergrund stand, bietet die Chance, auch in der Reflexion der deutschen Geschichte weiterzukommen. Was es jetzt schon ist: ein starkes Zeichen des Vertrauens, das sich beide Seiten mit dem Dokumentationszentrum zugestanden haben."

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andrew_catalan… Do., 04.09.2014 - 23:02

Historisiert wurde gar nichts ganz einfach, weil ein Faschismus-verherrlichendes Denkmal nicht historisierbar ist. Mit diesem sog. "Museum" hat man einfach den Schutz dieses Schandmals weiterhin gewährleistet um den Abriss weiterhin zu verhindern.

Do., 04.09.2014 - 23:02 Permalink