Wirtschaft | Handelskammer

Der Generalsommelier

Die Handelskammer bezahlt dem eigenen Generalsekretär einen Sommelierkurs. Auch das gehört anscheinend zum Berufsbild einer öffentlichen Verwaltung.

alfred_aberer
Foto: Camcom Bolzano
  • Alfred Aberer ist ein vielbeschäftigter Mann. Der Generalsekretär der Südtiroler Handelskammer steht nicht nur an der Spitze eines Betriebes mit 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, er vertritt die öffentliche Institution auch nach Innen und Außen.
    So etwa gehört zu den Aufgaben des Generalsekretärs auch unliebsame Kritiker in den Fokus zu nehmen. In den vergangenen zwei Jahren hat Alfred Aberer in seiner Funktion als Generalsekretär zwei Eingaben bei der Disziplinarkommission der regionalen Journalistenkammer gegen den Autor dieser Zeilen eingereicht. Es ging dabei um Artikel, in denen ein evidenter Interessenkonflikt des Präsidenten der Handelskammer und Multiunternehmer Michl Ebner thematisiert wurde. Beide Eingaben wurden von der Disziplinarkommission nach Anhörungen archiviert.
    Wie weit allerdings das Betätigungsfeld des öffentlichen Spitzenbeamten geht, zeigt jetzt ein anderes Detail. Zu Aberers beruflicher Tätigkeit gehört anscheinend auch die Weinverkostung. Nur so ist erklärbar, dass der Generalsekretär der Handelskammer derzeit von Amtswegen einen Sommelierkurs besucht. 

  • Veröffentlichung der Handelskammer: Stufe 1 gemeistert. Foto: Handelskammer Bozen

    Am 30. März 2023 wurde mit der Maßnahme 2023000054 die „Teilnahme des Generalsekretärs (Dr. Alfred Aberer) am Sommelierkurs - Kurs Stufe I“ verfügt. Es handelt sich um eine Direktvergabe des stellvetretenden Generalssekretärs und Direktor der Abteilung Verwaltungsdienste, Luca Filippi. Vier Monate später wurde der Kurs dann von der Handelskammer bezahlt. 721,31 Euro wurden dafür an die Sommeliervereinigung Südtirol überwiesen.
    Derzeit kostet dieser Kurs für Normalsterbliche 950 Euro.  "Damals waren es noch 880 Euro", sagt Vorsitzender der Südtiroler Sommeliervereinigung Elvis Costa, "weil bei der Handelskammer aber die Mehrwertsteuer wegfällt, war das die Zahlung". Costa legt Wert darauf zu betonen, dass seine Vereinigung alle Kursteilnehmer gleich behandelt. Der Kurs besteht aus insgesamt 15 dreistündigen Lektionen. Dabei ist das nur die erste Stufe zur Ausbildung eines Sommeliers.
    Nach Stufe 1 folgen noch zwei weitere Stufen und die Abschlussprüfung. Die Gesamtkosten dabei: 3.450 Euro.
    Diese scheint die Handelskammer für ihren Generalsekretär ausgeben zu wollen. Denn im Vergabebeschluss ist von einer „Ausbildung zum Diplomsommelier“ die Rede. Zudem macht es kaum Sinn nur die erste Stufe der Ausbildung zu absolvieren.

  • Warum aber eine öffentliche Institution ihrem höchsten Beamten eine solche Ausbildung mit öffentlichen Geldern finanzieren muss, dürfte eine brisante Frage sein. Alfred Aberer verdient – laut den letzten von der Handelskammer veröffentlichen Daten im Jahr 2022 – immerhin 191.281,46 Euro im Jahr.

     

    „Warum eine öffentliche Institution ihrem höchsten Beamten eine solche Ausbildung mit öffentlichen Geldern finanzieren muss, dürfte eine brisante Frage sein.“

     

    Sicher ist: Die Spitze der Südtiroler Handelskammer scheint sehr weinaffin zu sein. Nur so ist es erklärbar, dass die Sommeliervereinigung Südtirol ihren Sitz im Gebäude der Bozner Handelskammer hat und die öffentliche Institution und Direktor Alfred Aberer auch als Herausgeber der Verbands-Zeitschrift „Dionysosaufscheinen. "Das hat sich vor Jahren so eingebürgert, wir bekommen aber von der Handelskammer keinen Cent", meint Elvis Costa, 
    Wer aber die Sommeliers im eigenen Haus hat, will bei einem guten Tropfen anscheinend auch kosten und mitreden. 

    Update: Dieser Artikel wurde am 6.1.24 um 11.30 Uhr durch die Aussagen des Vorsitzenden der Sommeliervereinigung Südtirol, Elvis Costa, ergänzt.