Gesellschaft | Fussball
Zittern in Klagenfurt
Foto: salto
Manfred Call kann kaum etwas aus der Ruhe bringen. Der Kopf und Cheforganisator des Trainingslagers der deutschen Nationalmannschaft zur WM-Vorbereitung in Eppan sagte es aber offen heraus: „Ich haben in den Katakomben in Klagenfurt gezittert wie selten zuvor“.
Der Grund für die Nervosität Calls ist eine Geschichte, die hintern den Kulissen des Deutschen Fussballbundes (DFB) und des Südtiroler Trainingsaufenthaltes spielt. Es ist eine Geschichte, in der es um viel Geld geht. Die aber auch deutlich macht, wie durchsetzungsstark das Duo Joachim Löw und Oliver Bierhoff ist. Eine Geschichte in der der Bozner Flughafen eine Hauptrolle spielt.
Die Verträge zwischen dem DFB und dem Land Südtirol bzw. der Gemeinde Eppan für den Trainingsaufenthalt in Girlan und Rungg waren längst unterzeichnet, da plante man die Freundschaftsspiele mit denen die deutsche Nationalmannschaft kurz vor der WM auf Betriebstemperatur gebracht werden soll. Die Wahl: Österreich und Saudi Arabien.
Das Freundschaftsspiel gegen Österreich sollte am 2. Juni in Klagenfurt über die Bühne gehen. Geplanter Anpfiff: 20.15 Uhr.
Die Wahl ist vor allem ökonomisch bedingt. Es geht dabei um die Fernsehübertragung. 20 Uhr ist für die Sender Prime Time. Das heißt die meisten Zuschauer und damit die höchsten Preise für die Werbeeinschaltungen.
Die beiden öffentlich rechtlichen Sender ARD und ZDF stehen seit langem mit den Privat- und Bezahlsendern in einem harten Kampf um die Übertragungsrechte. ARD und ZDF haben erst im vergangenen Jahr eine überraschende Niederlage einstecken müssen. RTL hat sich die Übertragungsrechte der Qualifikationsspiele für Welt- und Europameisterschaften zwischen 2018 und 2022 gesichert. Es geht um insgesamt 28 Spiele für deren Übertragungsrechte RTL rund 110 Millionen Euro zahlt.
Das ZDF pochte deshalb ursprünglich darauf, dass das Freundschaftsspiel gegen Österreich um 20.15 Uhr angepfiffen wird. Doch damit gab es ein Problem.
Die deutsche Mannschaft sollte am Freitag von Bozen nach Klagenfurt und nach dem Spiel wieder direkt retour fliegen. Vor allem Joachim Löw wollte unbedingt in der Nacht auf Sonntag im Girlaner Hotel Weinegg verbringen. Auch weil sich am Tag danach Bundeskanzlerin Angela Merkel auf Kurzbesuch angesagt hatte.
Das Problem dabei: Der Bozner Flughafen schließt um 23 Uhr. Danach darf kein Flugzeug mehr landen. Auch das der deutschen Nationalmannschaft nicht. Hätte man das Spiel im Kärntner Wörterseestadium um 20.15 Uhr angepfiffen wäre eine Landung vor 1 Uhr nachts aber kaum möglich gewesen.
Folglich hätte man auf den Flughafen Innsbruck oder Verona ausweichen müssen. Löw wollte aber auf keinen Fall der Mannschaft nach dem Spiel und Flug noch eine zweistündige Busfahrt zumuten. Unterstützt von Teammanager Oliver Bierhoff verlangte er deshalb vom DFB eine Spielvorverlegung auf 18 Uhr. Diese wurde dann auch durchgesetzt. Was den deutschen Fussballbund einiges an Geld kostete. Insider sprechen von gut 2 Millionen Euro, die man weniger für die Übertragungsrechte bekommt.
Am Samstag aber spielte in Kärnten das Wetter verrückt. Mehrmals stand das Freundschaftsspiel ernsthaft auf der Kippe. Am Ende wurde das Spiel mit über 90minütiger Verspätung dann doch noch um 19.43 Uhr angepfiffen. Damit aber wurde das Problem mit der Landung am Bozner Flughafen wieder akut.
Während die deutsche Mannschaft am Klagenfurter Rasen überraschend in eine 1:2 Niederlage taumelte, versuchte Manfred Call mit dem Bozner Flughafen-Direktor Manfred Mussner telefonisch eine Lösung zu vereinbaren. Mussner konzedierte eine weitere Stunde. Bis 24 Uhr. Dann muss das Flugzeug mit der deutschen Nationalmannschaft in Bozen am Boden sein.
Die große Frage in Klagenfurt war aber: Wird man das schaffen? Auch die Piloten des DFB-Charters konnten keine sichere Auskunft geben. Sollte es Unwetter oder Turbulenzen geben, hätte sich der Flug auch verspäten können.
Am Ende setzte das Flugzeug am Bozner Flughafen um 0.17 Uhr auf.
Arschknapp eben.
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